Abstimmung im Nationalrat
APA/Michael Gruber
Nach heftiger Debatte

Impfpflicht im Nationalrat beschlossen

Der Nationalrat hat am Donnerstag grünes Licht für die Impfpflicht gegeben. Eine große Mehrheit der Abgeordneten stimmte dem Gesetz zu. Damit wird ab Februar die CoV-Impfung für fast alle ab 18 Jahren Pflicht, andernfalls drohen Geldstrafen. Dem Beschluss ging eine emotionale Debatte im Plenum voran.

Bei der Abstimmung Donnerstagabend votierten 137 Mandatare für die CoV-Impfpflicht und nur 33 dagegen. 13 Abgeordnete blieben der Abstimmung fern. Die ÖVP stimmte geschlossen zu. Bei den Grünen gab es einigermaßen überraschend eine Abweichlerin, wenn auch nicht an Ort und Stelle. Die Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic blieb der Sitzung fern, weil sie der Vorlage nicht zustimmen wollte.

Vom SPÖ-Klub blieben zwei Abgeordnete aus Niederösterreich, die sich intern gegen die Pflicht ausgesprochen hatten, der Sitzung fern. Im Plenum votierte nur Sozialsprecher Josef Muchitsch dagegen. Etwas breiter aufgestellt war der Widerstand bei NEOS. Neben Stephanie Krisper stimmten just jene Bereichssprecher dagegen, die am meisten mit CoV befasst sind, nämlich Pandemiesprecher Gerald Loacker und Gesundheitssprecherin Fiona Fiedler, dazu noch Justizsprecher Johannes Margreiter. Bei der FPÖ votierten alle anwesenden Abgeordneten gegen die Impfpflicht.

Bis zu 3.600 Euro Strafe

Damit das Gesetz in Kraft treten kann, muss noch der Bundesrat zustimmen. Die Regierungsparteien haben in dieser Kammer die Mehrheit. Die Abstimmung findet am 3. Februar statt.

Die Vorlage über die Impfpflicht sieht vor, dass die Schutzimpfung ab Februar für alle Personen ab 18 Jahren mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in Österreich verpflichtend wird. Bis Mitte März ist eine Eingangsphase ohne Strafen vorgesehen.

Danach können die Bußen bis 3.600 Euro gehen, eine Ersatzfreiheitsstrafe ist explizit ausgeschlossen. Ausgenommen von der Impfpflicht sind nur Schwangere und Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, sowie Genesene für einen Zeitraum von sechs Monaten.

„Historische Debatte“ im Nationalrat

Die Debatte zur Impfpflicht war erwartungsgemäß emotional ausgefallen. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl hatte gleich als erster Redner von einer „historischen Debatte“ gesprochen. „Ich bin entsetzt, ich bin fassungslos, ich bin erschüttert und ich bin schockiert“, wetterte er gegen das Gesetz, das ein „Attentat auf die Bevölkerung“ sei. Die Menschen würden zu „Knechten und Leibeigenen downgegradet“, so Kickl. Mit der Maßnahme werde dem Totalitarismus der Weg bereitet, es handle sich um die „Einführung des Gesundheitskommunismus“.

Er sei stolz, Klubobmann der einzigen Fraktion zu sein, die „bei diesem Irrsinn nicht mitmacht“, sagte Kickl. Er zeigte sich auch sicher, dass die Gegner der Impfpflicht im Nationalrat zwar in der Minderheit seien, nicht aber außerhalb des Hohen Hauses, wo man das Gesetz durch Behördenwege und Wahlen kippen werde: Die Regierung werde ihrer „gerechten Strafe“ nicht entkommen, so Kickl. Zum Schluss kündigte er noch in eigener Sache Gesetzesbruch an. Er werde ungeimpft bleiben, sagte er.

Mückstein trat falschen Behauptungen entgegen

Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer meinte in Richtung Kickl: „Schämen Sie sich!“ Das Verhalten des Freiheitlichen sei „absolut zynisch“, dessen Politik schuld an der niedrigen Impfquote. „Die Impfung ist auch ein Siegeszug der Wissenschaft gegen die Leugnung von Fakten und Empirie“, entgegnete Maurer zudem. Man sei im Hohen Haus versammelt, um den Ausweg aus der Pandemie zu beschreiten

Maurer zu Kickl: „Schämen Sie sich“

Die Debatte über das Gesetz zur Impfpflicht ist intensiv geführt worden. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl sprach gar von einer „historischen Debatte“. „Ich bin entsetzt, ich bin fassungslos, ich bin erschüttert und ich bin schockiert“, wetterte er gegen das Gesetz. Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer meinte in Richtung Kickl: „Schämen Sie sich!“ Das Verhalten des Freiheitlichen sei „absolut zynisch“, dessen Politik schuld an der niedrigen Impfquote sei.

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) trat erneut falschen Behauptungen zur Impfung entgegen und versuchte, Zweifel auszuräumen: „Alle Evidenz spricht dafür, dass alle in Österreich erhältliche Präparate sicher sind.“ Die Schutzimpfung sei sicher, man brauche eine hohe Durchimpfungsrate, um das Virus einzudämmen. Gegenteilige Behauptungen dienten auch dazu, die Gesellschaft zu spalten, das Verbreiten von Fake News sei gefährlich. „Ich appelliere an jede Bürgerin und Bürger, Impfmythen zu hinterfragen“, so Mückstein. Werner Saxinger von der ÖVP fühlte sich durch die Redebeiträge der Freiheitlichen an das Jugendwort des vergangenen Jahres erinnert, wie er sagte: „Cringe“. Dieses sei ein Ausdruck fürs Fremdschämen, sagte er.

Rendi-Wagner und Meinl-Resinger: „Notwendig“

„Die verpflichtende Schutzimpfung gegen Corona, die wir uns alle nicht gewünscht haben, ist leider notwendig geworden“, weil die Regierung nicht genügend Menschen zur Impfung mobilisieren konnte, sagte SPÖ-Obfrau Pamela Rendi-Wagner. Sie sei ein „Notausgang“ aus den ständigen Beschränkungen der Freiheitsrechte.

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger machte es sich offensichtlich nicht leicht. Man sei mittlerweile durch eine „umfassende Müdigkeit“ geeint, die vergangenen Jahre seien enorm anstrengend gewesen, weswegen es wichtig sei, diese Zeiten endlich hinter sich zu bringen. Nie wieder dürfe es zu Freiheitsbeschränkungen kommen, wie sie es durch die vergangenen Lockdowns gegeben habe. Auch Meinl-Reisinger kritisierte die „Agitation“ der FPÖ gegen die Impfung.

Anreiz- und Belohnungssystem kommt

Am Vormittag hatte sich die Regierung mit der SPÖ auf ein Anreiz- und Belohnungspaket zur Steigerung der Impfquote verständigt, das die Impfpflicht begleitet. Kommen soll eine Impflotterie, mit der Gutscheine im Wert von 500 Euro zu gewinnen sind. Jeder zehnte Geimpfte soll eine Chance haben zu gewinnen. Start der Lotterie soll am 15. März sein, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP).

Bundeskanzler Nehammer (ÖVP) zum „Anreizpaket“

Zusätzlich zur Coronavirus-Impfpflicht wird es künftig auch ein „Anreiz- und Belohnungspaket“ geben. Das kündigte Bundeskanzler Karl Nehammmer (ÖVP) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner an.

Für die Gemeinden soll es zudem ein finanzielles Anreizsystem geben. Bei einer Impfquote von 80 Prozent wird ein Basisbetrag von insgesamt 75 Millionen Euro ausgeschüttet, bei 85 Prozent sind es 150 Millionen, und bei 90 Prozent werden 300 Millionen Euro ausgeschüttet. Nehammer sagte, dass das Paket eine Belohnung für jene sein soll, die schon geimpft sind. Zusätzlich soll es einen Anreiz darstellen für alle, die noch unsicher und noch nicht geimpft sind.

Lockdown für Ungeimpfte verlängert

Zugleich wurde die aktuelle Covid-Verordnung im Nationalrat verlängert – damit auch der Lockdown für Ungeimpfte. Diesem Punkt stimmten nur die ÖVP und die Grünen zu, die SPÖ lehnte die Verlängerung ab. Wohnzimmertests werden wieder als 3-G-Nachweis zugelassen. Wien und Niederösterreich wollen weiterhin auf PCR-Tests setzen.

Eine Änderung gibt es auch im Maßnahmengesetz: Bezirksverwaltungsbehörden können mit der Novelle mit Bescheid Betriebe für maximal eine Woche schließen, wenn man dreimal wegen der gleichen Nichteinhaltung der Maßnahmen (z. B. Überschreitung einer Personenbeschränkung und fehlende Kontrolle von Nachweisen) bestraft wurde. Bei Uneinsichtigkeit kann der Betrieb sogar sofort geschlossen werden für sieben Tage.

Neu ist neben einer Anhebung der Höchststrafen, dass sowohl Arbeitsinspektorate als auch Gewerbebehörden sowie Aufsichtsorgane nach Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz im Rahmen ihrer Tätigkeiten zur Überprüfung von aktuellen CoV-Maßnahmen ermächtigt sind.

Impfpflichtgegner demonstrieren in Wien

Wie angekündigt haben sich Impfgegner und Impfgegnerinnen in Wien versammelt, um gegen den Beschluss der CoV-Impfpflicht im Nationalrat zu demonstrieren.

In Wien hatten sich – wie angekündigt – unterdessen Impfgegner versammelt, um gegen den Beschluss der CoV-Impfpflicht im Nationalrat zu demonstrieren. Erschienen sind deutlich weniger Menschen als an den Wochenenden zuvor – mehr dazu in wien.ORF.at.