Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner beim Prozess im Dezember 2015
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1935–2022

Helmut Elsner ist tot

Der ehemalige Generaldirektor der BAWAG, Helmut Elsner, ist tot. Laut einem Bericht des „Standard“ ist er im Alter von 86 Jahren in Bad Reichenhall in Deutschland gestorben. Dort wurde er am Freitag bestattet. Elsner wurde in einem der größten Wirtschaftsstrafprozesse der Geschichte des Landes angeklagt und im Juli 2008 in Wien wegen Betrugs und Bilanzfälschung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt.

Ihm wurde vorgeworfen, seine Befugnisse missbraucht und der einstigen Gewerkschaftsbank mit hochriskanten Geldgeschäften einen Schaden von rund 1,7 Milliarden Euro zugefügt zu haben. Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigte 2010 zwar die Höhe der Haftstrafe, zerpflückte allerdings das Urteil der Richterin und späteren ÖVP-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner und fand zahlreiche juristische Mängel. Die Verurteilung wegen Betrugs wurde aufgehoben, die Untreue blieb.

Elsner war schon seit Februar 2007 in der Justizanstalt Wien-Josefstadt – zunächst in U-Haft, ein halbes Jahr in Strafhaft – gesessen. Da ihm die Zeit, die er in Untersuchungshaft verbracht hatte, auf die Strafe angerechnet wurde, wären ihm noch etwas über fünf Jahre Haft geblieben. Sein Antrag auf Freilassung mit „elektronischer Fußfessel“ wurde abgelehnt.

Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner und seine Frau Ruth im Dezember 2015
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Elsner lebte gemeinsam mit seiner Frau Ruth im deutschen Bad Reichenhall

Elsner sah nie Verantwortung bei sich

Die Vorwürfe der Anklage, er habe gegenüber der BAWAG Untreue in Milliardenhöhe begangen, versuchte Elsner oft mit dem Verweis auf die Praxis in einer Großbank zu entkräften. Die Spekulationsgeschäfte der BAWAG seien nicht riskant, sondern auch bei anderen Banken üblich gewesen. Tatsächlich kamen wenig später in der Finanzkrise auch hohe Spekulationsverluste anderer Institute ans Licht und blieben oftmals ohne Konsequenzen.

Helmut Elsner ist tot

Der ehemalige Generaldirektor der BAWAG, Helmut Elsner, ist tot. Laut einem Bericht des „Standard“ verstarb er im Alter von 86 Jahren in Bad Reichenhall in Deutschland. Dort soll er dem Bericht zufolge noch am Freitag bestattet werden. Elsner wurde in einem der größten Wirtschaftsstrafprozesse der Geschichte des Landes im Juli 2008 in Wien wegen Betrugs und Bilanzfälschung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt.

Der Mitangeklagte Wolfgang Flöttl schob alle Schuld Elsner zu, dieser habe hohe Gewinne erzielen wollen und das riskante Spekulieren verlangt. Nach Ansicht Elsners soll Flöttl selbst mindestens eine Milliarde Euro gestohlen haben. Elsner hingegen hatte im 117 Tage währenden BAWAG-Prozess niemals Verantwortung bei sich gesehen. Das Gericht sah das anders. Er wurde um Juli 2008 in erster Instanz zu zehn Jahren Haft verurteilt. Elsner strebte seit 2015 ein Wiederaufnahmeverfahren an, das aber abgeschmettert wurde.

„Hatte nichts zu befürchten“

Noch im selben Jahr sagte er in einem Interview anlässlich seines 80. Geburtstags, dass er die Situation im Gefängnis leichter ertragen habe, weil er ein reines Gewissen gehabt habe: „Ich hatte nichts zu befürchten, ich wusste, dass alles falsch ist, was man mir vorwirft.“ Elsner sah sich auch vom Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) als „Bauernopfer“ missbraucht. „Man hat den Eindruck, man wollte mich einfach verurteilen, das hat man gebraucht – um von Fehlern des ÖGB vielleicht abzulenken“, meinte er 2017.

Die BAWAG-Affäre führte auch zum Rücktritt des Ex-ÖGB-Präsidenten Fritz Verzetnitsch und des BAWAG-Aufsichtsratsvorsitzenden Günter Weninger. Unter dem damaligen ÖGB-Chef Rudolf Hundstorfer wurde die BAWAG an den US-Fonds Cerberus Capital Management verkauft.

Der ehemalige BAWAG-Generaldirektor Helmut Elsner am Mittwoch im Dezember 2010, vor Beginn der Verhandlung im Rechtsmittelverfahren im BAWAG-Prozess
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Der ehemalige BAWAG-Generaldirektor Dezember 2010, vor Beginn der Verhandlung im Rechtsmittelverfahren im BAWAG-Prozess

Jahrelanger Kampf um Enthaftung

Elsner hatte sich jahrelang gegen seine Inhaftierung gewehrt. Anträge seiner Anwälte auf Haftentlassung wegen der angeschlagenen Gesundheit Elsners wurden mehrfach zurückgewiesen. Nach viereinhalb Jahren wurde er im Juli 2011 aus gesundheitlichen Gründen entlassen.

Im Frühling 2012 wurde Elsners Gesundheitszustand erneut überprüft, nachdem ein Besuch in der Eden-Bar gemeinsam mit seiner Frau für Aufsehen gesorgt hatte. Es wurde ein Foto von ihm beim Tanzen gemacht. „Das Foto ist entstanden, als er nur ein kurzes Tänzchen mit einer langjährigen Freundin der Familie machte“, erklärte Elsners Frau Ruth in Interviews. Nach der Tanzeinlage verschlechterte sich sein Gesundheitszustand allerdings wieder, und er blieb der Neuauflage des BAWAG-Prozesses weitgehend fern.

Elsner blitzte auch mit einer Grundrechtsbeschwerde in Straßburg ab. Geklagt hatte er über die Dauer seiner Untersuchungshaft. Der Straßburger Gerichtshof stellte hingegen fest, angesichts der Fluchtgefahr sei die Dauer der Untersuchungshaft angemessen gewesen. Es stellte daher keinen Verstoß gegen Artikel 5 der Menschenrechtskonvention dar.

Ganze Karriere in BAWAG

Helmut Elsner wurde am 12. Mai 1935 in Wiener Neustadt als Sohn einer Kastner-&-Öhler-Angestellten geboren. Sein Vater war im Krieg gefallen. Er wuchs in Graz auf, wo er die Handelsakademie besuchte. Mit 20 Jahren trat er in eine Filiale der Arbeiterbank ein, wie die BAWAG damals hieß. Elf Jahre später war er deren Filialleiter.

Der Vorstand der Allianz Elementar Versicherungs-AG Alexander Hoyos (l.) und der Bank für Arbeit und Wirtschaft, Helmut Elsner (r.)
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Elsner war von 1995 bis 2003 Vorstandsvorsitzender der BAWAG

1978 wurde er vom damaligen langjährigen BAWAG-Chef, Walter Flöttl, in die Zentrale nach Wien geholt, wo er im Vorstand für das kommerzielle Großkundengeschäft verantwortlich war. Dort galt er bald als „Flöttls Mann für das Grobe“. Erst 1991 trat er in die SPÖ ein, im April 2006 wieder aus. Von 1995 bis 24. April 2003 war er Vorstandsvorsitzender. In seinen fast 25 Jahren als Vorstand prägte er das Institut nachhaltig.

Penthouse als Imageproblem

Nachgesagt wurde ihm ein „aufbrausender, egozentrischer und unnahbarer Führungsstil“, der keinen Widerspruch duldete. Aber sein luxuriöser Lebensstil wurde dem Chef einer Gewerkschaftsbank im Lichte der Öffentlichkeit durch den Prozess dann zum Imageverhängnis: das von der BAWAG zum Schnäppchenpreis erworbene Penthouse in der Wiener Innenstadt und seine Villa in Südfrankreich.

Das Penthouse der Frau des ehemaligen BAWAG Generaldirektors Helmut Elsner auf dem Gebäude der BAWAG Zentrale
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Elsner erwarb dieses Penthouse in der Wiener Innenstadt von der BAWAG zum Schnäppchenpreis

Die Bank holt sich das Penthouse inzwischen wieder zurück. Zudem versuchte die Bank laut „Standard“ auch, über Subsidiarklage die Pensionsabfindung Elsners in Millionenhöhe wieder zu erhalten. Diese Klagsform ermöglicht Privatbeteiligten Verfahren, die von der Staatsanwaltschaft eingestellt wurden, als Ankläger weiter zu führen. Elsner wurde aber in diesem Fall freigesprochen.

Dennoch war er als einziger der neun BAWAG-Angeklagten hinter Gittern. Die Justiz sah bei Elsner schon während der U-Haft durchgängig Fluchtgefahr und ließ auch keine Enthaftung gegen Fußfessel zu.