FFP2 Maske auf Sims
ORF.at/Georg Hummer
Europa nach Omikron

Pandemieende für WHO „plausibel“

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hält ein Ende der Pandemie in Europa nach der derzeitigen Omikron-Welle für möglich. „Es ist plausibel, dass die Region sich auf eine Endphase der Pandemie zubewegt“, sagte der WHO-Regionaldirektor für Europa, Hans Kluge, am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP. Zugleich mahnte er wegen möglicher weiterer Mutationen des Coronavirus jedoch zur Vorsicht.

Kluge führte aus, wenn die derzeitige Omikron-Welle in Europa abgeebbt sei, werde es „für einige Wochen und Monate eine globale Immunität geben, entweder dank der Impfung oder weil die Menschen wegen einer Infektion Immunität haben“. Hinzu kämen jahreszeitliche Effekte, fügte der WHO-Vertreter mit Blick auf den bevorstehenden Frühling und Sommer hinzu.

„Also stellen wir uns darauf ein, dass es eine Zeit der Ruhe geben wird, bevor Covid-19 zurückkommen könnte gegen Ende des Jahres, aber die Pandemie kommt nicht unbedingt zurück“, so Kluge. Er widersprach damit WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus, der erst am Vortag sagte: „Die Pandemie ist noch lange nicht vorbei.“

Kluge sprach für die WHO Europa, die ihren Sitz in Kopenhagen hat. Sie ist zuständig für 53 Länder und Gebiete nicht nur in Europa, sondern auch in Zentralasien. Nach ihrer Einschätzung könnten sich bis März 60 Prozent aller Menschen im Großraum Europa mit der Omikron-Variante infiziert haben.

Schutz Anfälliger sollte wichtiger werden

Omikron ist hochansteckend, löst aber bisherigen Studien zufolge in der Regel Erkrankungen mit einem milderen Verlauf aus als frühere Virusvarianten. Gut zwei Jahre nach Beginn der Pandemie wird während der aktuellen Omikron-Welle vermehrt die Hoffnung laut, dass sich das Coronavirus von einer Pandemie zu einer endemischen Infektion entwickelt, die also wie etwa die Grippe dauerhaft und gehäuft in einer begrenzten Region oder in Teilen der Bevölkerung auftritt.

WHO-Regionaldirektor für Europa, Hans Kluge
APA/AFP/Sputnik/Alexander Astafyev
Hans Kluge

Kluge sagte dazu der AFP: „Es wird viel über eine Endemie geredet, aber endemisch heißt, (…) dass es möglich ist vorherzusagen, was passieren wird.“ Das Coronavirus SARS-CoV-2 habe „uns aber mehr als einmal überrascht, also müssen wir sehr vorsichtig sein“.

Zur derzeit sinnvollen Strategie sagte Kluge, statt sich auf die Einschränkung der Ansteckungen zu konzentrieren, müsse aktuell der Schutz besonders anfälliger Menschen im Vordergrund stehen. Die Lage müsse so stabilisiert werden, „das das Gesundheitssystem nicht mehr überfordert ist wegen Covid-19 und die grundlegende Gesundheitsversorgung fortsetzen kann, die leider bei Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Routine-Impfungen unterbrochen wurde“.

Skepsis zu Zeitpunkt

Aktuell infizieren sich in Europa so viele Menschen wie nie zuvor. Trotzdem beginnen einige Länder damit, die Maßnahmen gegen die Pandemie zu lockern. CoV soll, ähnlich etwa der Grippe, als Endemie, die man – besser oder schlechter – kontrollieren kann, behandelt werden.

Dieser Strategiewechsel könnte aber auch zu früh kommen, so die WHO erst am Samstag. Es könnten immer neue Virusvarianten auftauchen, hieß es.

Endemie bedeute keinesfalls, dass eine Krankheit harmlos sei, stellte der WHO-Direktor für Nothilfe, Michael Ryan, klar. Das mache das Beispiel der in vielen Regionen der Welt endemischen Malaria deutlich.

Nehammer glaubt nicht an rasches Ende

Anders als sein Vorgänger Sebastian Kurz stellt Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) kein baldiges Ende der Coronavirus-Pandemie in Aussicht – im Gegenteil: „Wir werden nicht so bald den Status erreichen, dass die Pandemie überwunden ist“, sagte er im Interview mit dem Nachrichtenmagazin „profil“. Mit der Omikron-Variante des Virus finde ein Paradigmenwechsel statt. Bei dieser neuen Variante gebe es „offenbar kein Limit, wir müssen aus auf neue Dimensionen“ einstellen, so Nehammer.