Illustration von Kryptowährungen
Reuters/Florence Lo
Kryptowährungen

Die Gründe für den Kursverfall

Kryptowährungen stehen derzeit stark unter Druck. Bitcoin etwa rutschte am Montag um fast neun Prozent auf ein Sechsmonatstief ab, auch kleinere digitale Währungen wie Ether und Binance Coin verloren an Wert. Mehrere Ursachen tragen zur Nervosität der Anleger bei. Besonders im Blick ist aber eine erwartete Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed.

Die größte Kryptowährung Bitcoin rutschte am Montag auf knapp 33.000 US-Dollar (rund 29.200 Euro) ab und verlor damit mehr als 50 Prozent ihres im November vergangenen Jahres erreichten Allzeithochs von 69.000 US-Dollar. Zwar kletterte der Kurs am Montag noch auf rund 37.000 Dollar, doch: „Bitcoin wird mit Gegenwind konfrontiert sein, bis sich die makroökonomischen Bedingungen ändern“, so der Experte Mark Elenowitz gegenüber Reuters.

Im Fall einer Zinsanhebung wird mit weiteren Verkäufen von risikoreicheren Anlagen wie Bitcoin gerechnet. Am Mittwoch wird angesichts der steigenden Inflation erwartet, dass die Fed eine Zinswende einleitet. Die Finanzmärkte rechnen mit bis zu vier Schritten nach oben. Schon im November hatte die Fed begonnen, Anleihekäufe zu reduzieren. Dadurch wird den Märkten Liquidität entzogen, und es gibt weniger Spielraum für spekulative Geschäfte.

Ukraine & Co. verschärfen Unsicherheit

Einige Beobachter sehen auch einen Zusammenhang mit Verlusten bei Technologiewerten. Der technologielastige NASDAQ 100 etwa verlor seit Anfang des Jahres rund 2.000 Punkte, berichtete das „Manager Magazin“. „Kryptowährungen werden es schwer haben, wieder anzuziehen, wenn nicht auch ein Boden bei den Tech-Aktien gefunden wird“, meinte etwa der Kryptoinvestor Mike Novogratz via Twitter.

Auch Unsicherheiten in der geopolitischen Lage trieben Anleger aus den mit mehr Risiken verbundenen Kryptowährungen, wie etwa der Ukraine-Konflikt und die Auseinandersetzungen des Westens mit Russland zeigen. Keinen unmittelbaren Einfluss auf den Wechselkurs, aber einen wichtigen Anteil am Funktionieren der Kryptowährungen haben Miner bzw. Schürfer. Bei Bitcoin und anderen Kryptowährungen stellen Nutzer – unter hohem Stromverbrauch – dafür Rechenkapazitäten für die Verschlüsselung und Validierung von Transaktionen zur Verfügung. Sie werden in der jeweiligen Cyber-Devise entlohnt.

Einschränkungen für Schürfer

Kasachstan etwa entwickelte sich zu einem wichtigen Zentrum für Kryptoschürfer, nachdem China das Schürfen von Kryptowährungen unter Strafe gestellt hatte. Die Schürfer in Kasachstan gerieten im Zuge der Unruhen Anfang des Jahres und der dadurch zum Teil gekappten Internetverbindungen in Bedrängnis. Miner in anderen Ländern dürften die Ausfälle in Kasachstan Berichten zufolge ausgeglichen haben, doch gehen immer mehr Länder gegen die Schürfer vor. So verhängte etwa der Kosovo Anfang des Jahres ein Schürfverbot von Kryptowährungen, mit Verweis auf die Energiekrise im Land.

Eine Krypto-Mine in Kasachstan
Reuters/Pavel Mikheyev
Kryptomining in Kasachstan stellte das Stromnetz auf eine Belastungsprobe

Auch in Kasachstan hatte das – zum Teil illegale – Mining von Kryptowährungen das Stromnetz auf eine starke Belastungsprobe gestellt. Das ist auch von umweltpolitischer Seite problematisch. Denn ein Großteil seines Stroms bezieht Kasachstan aus alten Kohlekraftwerken. Inzwischen gibt es auch auf Seite der kasachischen Regierung Überlegungen, die Krypto-Miner stärker zu besteuern und zu regulieren.

Notenbanken arbeiten an eigenen digitalen Währungen

Auch in anderen Bereichen geraten Kryptowährungen durch stärkere Regulierung in Bedrängnis. Großbritannien, Spanien und Singapur etwa wollen die Regeln für Werbung für Kryptoanlagen verschärfen. Die russische Zentralbank überlegt ein Verbot von Kryptowährungen in Russland. In China sind Transaktionen in Kryptowährungen sowie das Schürfen bereits verboten. Auch die EU arbeitet daran, Kryptomärkte künftig stärker in die Regulierung und Aufsicht einzubeziehen.

Zentralbanken stehen den stark schwankungsanfälligen Kryptowährungen skeptisch gegenüber. Der Kurswert von Bitcoin stieg etwa 2017 von 1.000 auf rund 20.000 Dollar, danach rutschte die Währung wieder auf einen Wert von rund 4.000 US-Dollar bis zum bisherigen Höhepunkt im November 2021 mit 69.000 US-Dollar. In Europa, Russland und China wird daher an eigenen digitalen Währungen gearbeitet, die auch von den Notenbanken kontrolliert werden und die Kryptowährungen in die Schranken weisen sollen.

Unkomplizierte Kryptogeldtransfers

Die Notenbanken suchen Alternativen. Denn der Nachteil des bestehenden Zahlungssystems ist, dass Geldtransfers über Landesgrenzen hinweg langsam, teuer und fehleranfällig sein können. Der Vorteil von Kryptowährungen ist, dass sie – basierend auf der Technologie Blockchain – ohne Banken als Mittler mit einem fälschungssicheren und digitalen Transaktionsregister Geldtransfers ermöglichen.

Ein Ende der Kryptowährungen sehen vor allem Langzeitinvestoren jedenfalls nicht. Das Kryptowährungsforschungsunternehmen Delphi Digital beobachtet, dass Bitcoin von Anlegern über einen längeren Zeitraum gehalten wird. Institutionelle Investoren „wissen, dass Kryptowährungen nicht verschwinden werden“, analysierte der Marktexperte Matt Maley im „Bloomberg“-Interview, „also werden sie in absehbarer Zeit wieder in sie investieren müssen“.