Person zeigt auf einem Handy einen Absonderungsbescheid
APA/Hans Klaus Techt; ORF.at (Montage)
CoV-Alltag

Stress mit dem Absonderungsbescheid

Angesichts der Omikron-Welle geben mehr und mehr Bundesländer das Contact-Tracing auf. Für viele Menschen entscheidender ist aber, dass der behördliche Absonderungsbescheid oft wochenlang auf sich warten lässt. Das führt immer häufiger zu Stress von Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmern mit ihren Arbeitgebern. Denn diese brauchen den Bescheid – je nach finanzieller Lage teils dringend.

Besonders akut ist die Situation laut Arbeiterkammer (AK) derzeit in Salzburg. Das führt zu Problemen. Grundsätzlich, so AK-Arbeitsrechtsexperte Philipp Brokes gegenüber ORF.at, sei es für Angestellte und Arbeitende persönlich kein Problem, wenn sich der Absonderungsbescheid verzögert – teilweise kommt die behördliche Bestätigung erst Wochen oder gar mehr als einen Monat nach Beginn der Quarantäne. Denn nach der festgelegten Frist kann man sich freitesten und damit – ein entsprechendes negatives Testergebnis vorausgesetzt – wieder die eigenen vier Wände verlassen und damit auch arbeiten gehen.

Ein Problem ist die verspätete Ausstellung der Absonderungsbescheide jedoch für Firmen. Denn sie brauchen den Bescheid, um sich vom Staat den Ersatz für die Entgeltfortzahlung zurückholen zu können. Da es sich nicht um einen Krankenstand handelt, wird diese Leistung auch nicht von den Sozialversicherungen übernommen, sondern muss direkt bei den zuständigen Behörden beantragt werden. Nach zwei Jahren Pandemie seien aber immer mehr Firmen knapp bei Kasse – und würden dann teils entsprechend Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer drängen, den Absonderungsbescheid rasch zu beschaffen.

„Zwischenmenschlicher Druck“

Der Arbeitnehmer soll hier eine Aufgabe übernehmen, „die ihm nicht gebührt“. Brokes betont, dass Betroffene zwar arbeitsrechtlich nichts zu befürchten hätten, aber die Situation sorge für „zwischenmenschlichen Druck“ in der Firma. Infizierte müssten am Ende die CoV-Infektion glaubhaft machen – dafür reiche aber der positive Testnachweis.

Laut Gesetz binnen 48 Stunden

Dass die Absonderungsbescheide zunehmend später kommen, kann Brokes auch aus den Rückmeldungen, die in der AK eintreffen, bestätigen. Das sei aber grundsätzlich der aktuellen Omikron-Welle mit den besonders hohen Infektionszahlen geschuldet. Laut Gesetz muss der Bescheid spätestens 48 Stunden nach der telefonischen Information durch die Behörde erfolgen – also spätestens am dritten Tag der Quarantäne. Das funktioniere freilich in keinem Bundesland.

Besonders akut sei die Lage derzeit in Salzburg, kritisiert die AK – mehr dazu in salzburg.ORF.at. In Wien – auch hier wartet man derzeit oft lange auf den Bescheid – hat sich die Lage laut Brokes im Vergleich zum Vorjahr deutlich verbessert. Damals habe man teils zwei Monate gewartet, diese Wartezeit habe sich nun deutlich verkürzt.

Andere Bundesländer könnten den Verwaltungsaufwand derzeit dagegen kaum bewältigen, so Brokes. Salzburg, die Steiermark und Oberösterreich haben das Contact-Tracing praktisch eingestellt. In Oberösterreich wurde betont, wenn man 1450 anrufe und dann von der Behörde zu einem Test eingeteilt werde, erfolge im Fall eines positiven Tests auch eine Quarantäne. Und dann bekomme man „letztlich“ auch einen Bescheid, hieß es dazu vom oberösterreichischen Krisenstab – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Debatte nach zwei Jahren „beachtlich“

Es sei schon „beachtlich“ und eigentlich eine „Frotzelei“, dass man zwei Jahre nach Beginn der Pandemie über die Beschleunigung der Ausstellung von Bescheiden diskutieren müsse. Dabei wurde die Frist zur Einreichung eines Antrags auf Ersatz für die Cov-Pandemie bereits auf drei Monate gestreckt. Eigentlich sieht das Pandemiegesetz hierfür nur sechs Wochen Zeit vor. Damit wären freilich viele Arbeitgeber um den Ersatz der Entgeltfortzahlung umgefallen, da die Behörden in der Anfangsphase der Pandemie noch überforderter waren als jetzt.

Der Problematik ist man sich mittlerweile offenbar auch aufseiten der Behörden und der Politik bewusst. Ende der Vorwoche kündigte die gesamtstaatliche Covid-Krisenkoordination (GECKO) jedenfalls an, eine automatisierte Erlassung bzw. Aufhebung von Absonderungsbescheiden zu prüfen.

Test als Bescheid?

Eine Option wäre laut Brokes, das Ergebnis jenes Tests, mit dem man sich freitestet, zugleich als Bescheid zu werten. Dafür brauche es freilich eine entsprechende gesetzliche Änderung.

Im Gesundheitsministerium zeigte man sich auf Nachfrage von ORF.at zurückhaltend. Die Absonderung sei ein Eingriff in die persönliche Freiheit. Ein solcher sei „vor dem Hintergrund der Garantien des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich“. Das sei auch von der GECKO in ihrem letzten Bericht festgestellt worden. Und jedenfalls müsste eine solche Regelung „sondergesetzlich“ geregelt werden, hieß es aus dem Gesundheitsministerium.

Weitere Probleme wegen Überlastung

Verschärft durch die wegen der Omikron-Welle derzeit besonders hohe Zahl an Ausfällen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Firmen taten sich zuletzt auch andere Problemfelder auf. In Vorarlberg ist die Wirtschaft verstimmt, dass wegen Überlastung der Behörden ein Freitesten nach dem fünften Tag nicht mehr möglich ist, womit infizierte Mitarbeiter länger fehlen – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Generell forderte die Wirtschaft zudem, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Arbeit im Homeoffice verpflichten zu können, wenn sie asymptomatisch sind oder kaum Beschwerden haben. Dem erteilte die Gewerkschaft freilich umgehend eine Absage. Die Arbeitsrechtsexpertin Katharina Körber-Risak sieht wenig Sinn in einer solchen Regelung, da es angesichts des fließenden Übergangs der Infektion nicht möglich sein werde, dass ein Arzt Mitarbeiter laufend begutachtet.