Militärfahrzeug beim Eingang des Staatssenders
AP/Sophie Garcia
Putsch in Burkina Faso

Soldaten verkünden Machtübernahme

In Burkina Faso hat offenbar das Militär die Macht übernommen. Uniformierte verkündeten im Fernsehen, dass die Regierung abgesetzt und das Parlament aufgelöst worden sei. Der Verbleib von Präsident Roch Marc Christian Kabore ist nach einer Meuterei weiter unklar, die Lage in dem afrikanischen Land unübersichtlich.

Die Verfassung sei außer Kraft gesetzt worden, sagte Sidsore Kader Ouedraogo, der im Auftrag der Patriotischen Bewegung für den Schutz und die Wiederherstellung (MPSR) sprach. Man wolle Gewalt und Blutvergießen vermeiden, sagte Ouedraogo. Die MPSR werde bald bekanntgeben, wie und wann Burkina Faso zur Demokratie zurückkehren werde. Sie versprachen eine „Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung“ innerhalb einer „angemessenen Zeit“.

Die Grenzen des Landes blieben für mindestens vier Tage geschlossen, zudem gelte eine Ausgangssperre zwischen 21.00 und 5.00 Uhr. Präsident Kabore sei unfähig gewesen, das Land angesichts der gegenwärtigen Herausforderungen zu einen, so ein Sprecher des Militärs in einer am Montag im Fernsehen verlesenen Erklärung. Festgenommene seien an einen sicheren Ort gebracht worden.

Soldaten kündigen Machtübernahme im Fernsehen an
APA/AFP/Radio Télévision du Burkina (rtb)
Im Fernsehen gab das Militär die Machtübernahme bekannt

Heftiges Feuergefecht am Wochenende

Meuternde Soldaten hatten zuvor Kabore, seine Minister sowie Parlamentspräsident Alassane Bala Sakande in ihre Gewalt gebracht. Sie befänden sich in einer Kaserne der Hauptstadt Ouagadougou in den Händen der Meuterer, sagten Vertreter der Sicherheitskräfte am Montag der Nachrichtenagentur AFP.

Schon am Sonntag gab es ein heftiges Feuergefecht in der Nähe von Kabores Anwesen in Ouagadougou. Auch in Kasernen soll es zu Schießereien gekommen sein. Die meuternden Soldaten sollen mehr Unterstützung bei ihrem Kampf gegen Extremisten der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gefordert haben.

Soldaten stehen neben umgekippten Auto des Präsidenten
APA/AFP/Olympia De Maismont
Am Wochenende gab es bereits heftige Feuergefechte

Der Verbleib von Präsident Kabore ist weiter unklar. Zwar wurde am Montag auf dem Twitter-Account des Präsidenten an die Soldaten appelliert, zum Schutz der Demokratie und im Interesse des Landes die Waffen niederzulegen. Die Nachrichtenagentur Reuters konnte jedoch nicht verifizieren, ob die Kurznachricht tatsächlich vom Präsidenten stammt, der seit den Schießereien am Sonntag nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen wurde.

EU fordert sofortige Freilassung von Kabore

Die Europäische Union forderte am Abend die sofortige Freilassung von Kabore und anderen festgesetzten Angehörigen staatlicher Institutionen. Sie rief zudem die Sicherheitskräfte und Militärs auf, ihre Ansprüche gewaltlos geltend zu machen und ihrer primären Aufgabe des Schutzes der Bevölkerung und der Verteidigung des Territoriums treu zu bleiben. Man appelliere an alle Akteure, Ruhe zu bewahren und Zurückhaltung zu üben, hieß es in einer Erklärung des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell.

ECOWAS verurteilt „versuchten Staatsstreich“

Die regierende Partei in Burkina Faso hatte mitgeteilt, Kabore habe einen Mordanschlag überlebt. Die Meuterei der Soldaten sei in einen Putschversuch umgeschlagen. Diese Sichtweise übernahm auch die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS, die einen „versuchten Staatsstreich“ verurteilte und das Militär für die Sicherheit des Präsidenten verantwortlich machte.

Menschen zeigen ihre Unterstützung auf der Straße in Burkina Faso
APA/AFP/Olympia De Maismont
Bei Protesten gab es Unterstützung für das Militär

Burkina Faso ist trotz seiner Goldvorkommen eines der ärmsten Länder in Westafrika. Extremisten mit Verbindungen zu al-Kaida und dem IS verüben häufig Angriffe in dem Land, Opfer sind oft Zivilistinnen und Zivilisten sowie Soldaten. Das trug in den vergangenen Monaten zu wachsendem Unmut in der Bevölkerung bei.

Kabore seit 2015 an der Spitze

Kabore wurde 2015, ein Jahr nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Blaise Compaore, an die Staatsspitze gewählt. Fünf Jahre später wurde er auch aufgrund seines Versprechens wiedergewählt, dem Kampf gegen die Dschihadisten Vorrang einzuräumen. Doch gelang es seinen schlecht ausgebildeten und ausgerüsteten Streitkräften nicht, das Blutvergießen zu stoppen.

Burkina Faso in der Hand des Militärs

In Burkina Faso hat offenbar das Militär nach einem Putsch die Macht übernommen. Die Regierung in dem westafrikanischen Land sei abgesetzt, das Parlament aufgelöst und die Verfassung außer Kraft, sagte das Militär in einer Fernsehansprache. Der Verbleib von Präsident Roch Marc Christian Kabore ist nach einer Meuterei weiter unklar. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres ließ mitteilen, er sei angesichts des Putsches zutiefst beunruhigt.

Seit Monaten wuchs die Wut auch innerhalb der Bevölkerung auf den Präsidenten. Immer wieder kam es in den Städten des Landes trotz Verboten zu Protesten, die von der Polizei häufig gewaltsam aufgelöst wurden.

In Burkina Faso gab es in der Vergangenheit immer wieder Putsche und Putschversuche. Das benachbarte Mali war seit 2020 Schauplatz von zwei Staatsstreichen, und im westafrikanischen Guinea hatten Putschisten im September den zunehmend autoritär regierenden, langjährigen Präsidenten Alpha Conde gestürzt.