10 Downing Street
AP/Alberto Pezzali
Partys in Downing Street

Polizei leitet Ermittlungen ein

Die Londoner Polizei hat offizielle Ermittlungen wegen Partys am britischen Regierungssitz während des CoV-Lockdowns eingeleitet. Die Polizei ermittle zu „einer Reihe von Veranstaltungen“ in der Downing Street 10 und im Regierungsviertel, sagte Polizeichefin Cressida Dick am Dienstag.

Dabei gehe es um „mögliche Verstöße gegen die CoV-Regeln“, sagte Dick. Der britische Regierungschef Boris Johnson steht seit Wochen wegen immer neuer Berichte über Partys am Regierungssitz Downing Street 10 trotz seinerzeit geltender strikter CoV-Lockdown-Regeln unter Druck.

Die Polizei war in die Aufklärung der „Partygate“-Affäre um Lockdown-Partys in der Downing Street 10 bisher nicht involviert. Stattdessen trägt die Regierungsbeamtin Sue Gray derzeit die Fakten zusammen und befragt Beteiligte und Zeugen. Erste Ergebnisse aus dem Bericht waren diese Woche erwartet worden, die Veröffentlichung wird wegen der Polizeiermittlungen nun aber verschoben.

Cressida Dick, Leiterin der Metropolitan Police Force
Reuters/Henry Nicholls
Londons Polizeichefin Dick kündigte Ermittlungen in der „Partygate“-Affäre an

Johnson selbst begrüßte die Ermittlungen der Polizei. „Ich glaube, das wird der Öffentlichkeit die Klarheit geben, die sie braucht, und dabei helfen, einen Schlussstrich zu ziehen“, sagte der Premier am Dienstag im Unterhaus.

Bericht: Geburtstagsparty während Lockdowns

Johnson hatte im Parlament den Besuch einer Gartenparty am 20. Mai 2020 eingestanden und um Entschuldigung gebeten. Damals waren wegen der Pandemie selbst Treffen von mehr als zwei Menschen im Freien verboten. Es ist nicht die einzige Veranstaltung, die Johnson derzeit unter Druck bringt: Erst am Montag hatte es Berichte gegeben, Johnson habe im Juni 2020 seinen Geburtstag mit rund 30 Gästen gefeiert, obwohl Kontakte in geschlossenen Räumen zu diesem Zeitpunkt verboten waren.

Eine Handvoll Tory-Abgeordneter hat sich wegen der Berichte bereits offen für ein Misstrauensvotum gegen den Regierungschef ausgesprochen. Johnson und seine Regierung wiesen Rücktrittsforderungen bisher zurück.

Parteikollege will über Erpressung aussagen

In den Reihen der Konservativen waren zuletzt Erpressungsvorwürfe gegen Johnson lautgeworden. Der Tory-Abgeordnete William Wragg, einer der schärfsten parteiinternen Kritiker des Premiers, will der Polizei darlegen, wie Kollegen eingeschüchtert worden sein sollen. Ihnen sei von Regierungsmitarbeitern die Veröffentlichung kompromittierenden Materials angedroht worden.

Der britische Permierminister Boris Johnson
APA/AFP/Jessica Taylor
Auch innerhalb der Torys gibt es Rücktrittsaufforderungen an Johnson

So sollen Kollegen von Regierungsmitarbeitern mit der Veröffentlichung kompromittierenden Materials in der Presse bedroht und eingeschüchtert worden sein, sagte Wragg dem „Telegraph“. Damit solle ein parteiinternes Misstrauensvotum verhindert werden. Die Parteimitglieder hätten erklärtermaßen oder mutmaßlich eine Abstimmung über die Parteiführung des Premierministers angestrebt. Ihnen sei angedroht worden, dass Investitionen aus ihren Wahlkreisen zurückgezogen werden könnten.

Die britische Regierung hatte erklärt, sie werde die Vorwürfe untersuchen, wenn Beweise vorlägen. Ein Sprecher von Johnsons Büro sagte, der Premier verurteile jegliche Form von Schikane. Zuletzt gab es Bestrebungen in der Konservativen Partei, Johnson abzusetzen. Die Schwelle für ein Misstrauensvotum gegen Johnson ist aber noch nicht erreicht. Mehrere konservative Abgeordnete wollen wohl abwarten, bis die Untersuchung durch Gray abgeschlossen ist.