Sessellift
APA/Barbara Gindl
Niveau von 1970

CoV ließ Tourismus stark zurückfallen

Der heimische Tourismus hat auch im zweiten Pandemiejahr 2021 enorme Einbußen erlitten. Das zeigen einmal mehr die vorläufigen Daten der Statistik Austria. Die Branche fiel voriges Jahr rund 50 Jahre zurück. Die Rufe nach neuen Hilfen werden lauter.

Laut Statistik Austria brachen die Nächtigungen voriges Jahr gegenüber 2020 nochmals um fast 19 Prozent auf 79,57 Millionen ein. Das waren um 48 Prozent weniger als im Jahr vor der Pandemie (2019). Im Vergleich zu früheren Jahrzehnten fällt diese Bilanz ernüchternd aus: 1970 gab es 79,52 Millionen Nächtigungen in Pensionen, Hotels und Ferienwohnungen. In absoluten Zahlen lagen die Nächtigungen im abgelaufenen Jahr um 73,1 Millionen unter dem Vorkrisenniveau von 2019.

Infolge internationaler Reisebeschränkungen, Quarantänebestimmungen und Lockdowns verringerte sich die Zahl der Ankünfte gegenüber 2020 den Statistikern zufolge um 11,5 Prozent auf 22,15 Millionen. Der Rückgang war bei den ausländischen Gästen mit 15,6 Prozent auf 12,73 Millionen naturgemäß stärker als bei den inländischen, die ein Minus von 5,3 Prozent auf 9,42 Millionen auswiesen.

Die Nächtigungsbuchungen aus dem Ausland verringerten sich um fast 25 Prozent auf rund 50 Millionen, jene aus dem Inland um 6,3 Prozent auf 29,6 Millionen. Die für den heimischen Tourismus so wichtigen Deutschen reduzierten ihre Nächtigungen in Österreich um 16,6 Prozent auf 32,1 Millionen. Damit machten im zweiten CoV-Jahr mehr Deutsche Urlaub in Österreich als Inländer.

Minus noch größer geworden

„Coronabedingte Betriebsschließungen und internationale Reisebeschränkungen haben dem Tourismus in Österreich auch im Jahr 2021 stark zugesetzt“, sagte Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas am Mittwoch in einer Mitteilung. Der Gesamtrückgang sei überwiegend auf die Monate der Betriebsschließungen – von Jänner bis Mai sowie im November 2021 – zurückzuführen.

Grafik zur Tourismusbilanz 2021
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Statistik Austria

In diesen Zeiträumen wurde um 85,6 Prozent weniger genächtigt – nur Dienstreisen und Kuraufenthalte waren erlaubt, ansonsten galt für die Beherbergungsbetriebe ein behördliches Betretungsverbot. Im verbleibenden Zeitraum ohne Betriebsschließungen – Juni bis Oktober sowie Dezember – gaben die Buchungen gegenüber dem ersten Pandemiejahr 2020 um 16,8 Prozent nach.

Kosten steigen weiter

„Dass die Nächtigungen 2021 selbst im Vergleich zum Schreckensjahr 2020 weiter gesunken sind, zeigt klar, dass wir mehr denn je zielgerichtet Unterstützung benötigen“, so die Obfrau des Fachverbandes Hotellerie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), Susanne Kraus-Winkler, in einer Pressemitteilung. Die Wertschöpfung sinke derzeit stetig, die Kosten stiegen und stünden – angesichts der geringen Auslastung und der vielen kurzen Aufenthalte – in keinem Verhältnis zu Umsatz und Personalbedarf pro Nächtigung, verdeutlichte sie die Lage in der Branche.

„Unsicherheit und Kurzfristigkeit werden uns noch lange begleiten, dies führt bei vielen Hotels zu einer Anfragestagnation.“ Auch die Verkürzung der Gültigkeit des „Grünen Passes“ per 1. Februar 2022 löse erneut steigende Stornierungen aus.

Ende der Sperrstunde gefordert

"Vor dieser Katastrophe kann die Regierung die Augen nicht verschließen“, so Walter Veit, Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung. Er forderte neben der Angleichung von Einreise- und Öffnungsverordnung eine rasche Neuevaluierung der Sperrstundenregelung: „Hätte die vorverlegte Sperrstunde zu einem merklichen Rückgang der Infektionszahlen geführt, könnten wir darüber reden. Doch das ist nicht der Fall“, verwies Veit auf die zunehmende Langzeitarbeitslosigkeit: „Die können wir nicht länger ausblenden. Und auch nicht, dass die vorverlegte Sperrstunde ihren Teil dazu beiträgt.“

Touristen mit Mundschutz am Wiener Stephansplatz
Reuters/Lisi Niesner
Besonders der Städtetourismus leidet unter den Folgeerscheinungen der Pandemie

Jetzt brauche es Augenmaß und Verhältnismäßigkeit: „Den Lockdown für Ungeimpfte zu beenden, aber geimpfte erwachsene registrierte Hotelgäste um 22.00 Uhr ins Bett zu schicken: Das geht sich nicht aus.“

Burgenland optimistisch

Die tourismuslastigen Bundesländer im Westen und im Süden Österreichs mussten 2021 den deutlichsten Einbruch hinnehmen. In Tirol sackten die gebuchten Nächte gegenüber dem Pandemiejahr 2020 um 29 Prozent auf 23,6 Millionen ab, in Salzburg um 31 Prozent auf 14 Millionen und in Vorarlberg um 28 Prozent auf 4,6 Millionen. In Kärnten betrug das Minus acht Prozent auf 10,2 Millionen und in der Steiermark elf Prozent auf neun Millionen Nächtigungen – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Gegenüber 2020 erholten sich hingegen das Burgenland mit einem Zuwachs bei den touristischen Übernachtungen von rund zehn Prozent auf 2,5 Millionen, Wien – freilich von einem niedrigem Niveau aus – mit einem Plus von neun Prozent auf fünf Millionen sowie Niederösterreich, das gleichauf mit der Bundeshauptstadt lag, und Oberösterreich mit einem Anstieg von fünf Prozent auf 5,7 Millionen.

„Das Burgenland verzeichnete 2021 den besten Sommer aller Zeiten“, so der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) in einer Aussendung. Auch wenn er die neuesten Statistiken als gutes Zeichen für die Zeit nach der Pandemie sehe, sei ihm bewusst, dass die Tourismusbetriebe litten. „Wir werden daher den Tourismus auch künftig gezielt stärken“, stellte er in Aussicht.

Appell an Wirtschaftskammer

Auch Niederösterreich sieht in die Zukunft: Tourismuslandesrat Jochen Danninger und Michael Duscher, Geschäftsführer der Niederösterreich Werbung, rechnen heuer mit einer „großen Aufholjagd“: „Nach einer ernüchternden Nächtigungsbilanz 2020 mit nur knapp 4,6 Millionen Nächtigungen zeigt die Erfolgskurve 2021 mit knapp fünf Millionen Nächtigungen, das entspricht einem Nächtigungsplus von 9,4 Prozent, wieder nach oben. Die Touristikerinnen und Touristiker haben damit das Beste aus diesem für die Branche so schwierigen Jahr gemacht.“

Neue Unterstützung forderte der Bundesobmann-Stellvertreter der Freiheitlichen Wirtschaft, Reinhard Langthaler. Die WKO solle „aufhören, sich in kniefälliger Demut der ÖVP anzubiedern“, hieß es in einer Aussendung. Langthaler forderte „unverzüglich“ ein Ende der 2-G-Regel und „den Betrieben auferlegter Kontrollaufträge und der sinnlosen Maßnahmen gegen Gastronomie, Tourismus und Freizeitbetriebe“.