Johnson wegen Evakuierung von Tieren aus Kabul unter Druck

Der britische Premierminister Boris Johnson sieht sich neben der „Partygate-Affäre“ ein weiteres Mal mit Zweifeln an seiner Aufrichtigkeit konfrontiert: Die Regierung in London wies heute den Vorwurf zurück, der Regierungschef habe bei dem chaotischen Abzug aus Afghanistan bei Evakuierunsmaßnahmen das Schicksal von Haustieren über das von afghanischen Ortskräften gestellt. Johnson steht bereits wegen einer Reihe von Partys während des CoV-Lockdowns enorm unter Druck.

Ein Parlamentsausschuss veröffentlichte erneut E-Mails des Außenministeriums vom August, in denen Diplomaten auf eine Entscheidung Johnsons verwiesen, Mitarbeiter und Tiere aus dem Kabuler Tierheim Nowsad in Sicherheit zu bringen. „Der Premier hat gerade die Evakuierung der Mitarbeiter und Tiere genehmigt“, heißt es darin mit Verweis auf den Verein Nowsad. In der Mail wird auf andere Wohltätigkeitsorganisationen verwiesen, die eine ähnliche Behandlung wünschten.

Ortskräfte zurückgelassen

Johnson hatte damals dementiert, auf eine Vorzugsbehandlung für das Tierheim gedrungen zu haben, das von dem britischen Ex-Soldaten Paul Farthing betrieben wurde. Die Evakuierung der Hunde und Katzen hatte zur Folge, dass viele afghanische Ortskräfte der britischen Streitkräfte zurückgelassen werden mussten.

Downing Street bekräftigte anlässlich der E-Mail-Veröffentlichungen das Dementi des Regierungschefs. Verteidigungsminister Ben Wallace beharrte darauf, dass er von dem Premierminister keinen Auftrag erhalten habe, den Haustieren den Vorrang zu geben.

Frau Freundin von Farthing

„Der Premier hat keine individuellen Entscheidungen über Evakuierungen getroffen“, sagte Kabinettsministerin Therese Coffey dem Sender Sky News. Der konservative Abgeordnete Tom Tugendhat räumte ein, es sei möglich, dass Beamte sich auf Johnson berufen hätten, nachdem dessen Frau Carrie – eine Tierschützerin und Freundin von Farthing – sich offenbar eingeschaltet habe. Er nehme zudem den Verteidigungsminister beim Wort, sagte Tugendhat, Vorsitzender des Außenausschusses, dem Radiosender der BBC.