Regierungsmitglieder bei der Pressekonferenz zum Energiegipfel
APA/Hans Punz
Steigende Energiepreise

150 Euro Kostenausgleich für viele Haushalte

Im Hinblick auf die stark gestiegenen Energiekosten hat die Regierung am Freitag ein Maßnahmenpaket angekündigt. Dieses enthält bereits beschlossene Maßnahmen, es soll darüber hinaus einen Energiekostenausgleich geben, durch den viele Haushalte einmalig 150 Euro erhalten sollen. Die zuvor fixierte Einmalzahlung für besonders bedürftige Menschen wurde nun auf 300 Euro verdoppelt. Auch Unternehmen sollen entlastet werden.

Man erlebe derzeit in Österreich und international einen „starken Anstieg der Preise von Artikeln des täglichen Bedarfs, von Treibstoff, aber von Energie im Allgemeinen, im Besonderen Strom und Heizen“, so Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) bei der Präsentation des Pakets nach dem gemeinsamen Gipfel der Regierung mit Vertreterinnen und Vertretern der Energiewirtschaft.

Die Regierung habe deshalb ein „koordiniertes Vorgehen“ beschlossen, um ein Entlastungspaket zu schnüren, sagte Nehammer. Insgesamt habe dieses ein Volumen von 1,7 Mrd. Euro – dazu zählt etwa die bereits zuvor beschlossene Aussetzung der Ökostrompauschale und des Ökostromförderbeitrags für das Jahr 2022. Diese komme „sowohl Wirtschaft als auch Haushalten zugute“, so Nehammer. Haushalte solle das um 100 Euro entlasten.

Maßnahme trifft „Großteil“ der Haushalte

Mit dem neuen Energiekostenausgleich soll der Großteil der heimischen Haushalte einmalig 150 Euro bekommen, hieß es weiter. Dieser koste rund 600 Mio. Euro. Konkret sollen alle Ein- bzw. Mehrpersonenhaushalte mit einem Einkommen bis zur ein- bzw. zweifachen ASVG-Höchstbeitragsgrundlage profitieren, aktuell liegt diese bei 5.670 Euro brutto monatlich.

Wie viele Haushalte konkret davon profitieren sollen, konnte auf Nachfrage nicht beantwortet werden. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sagte, es werde „die ganz hohen Einkommen nicht betreffen“, aber der „Großteil“ sei von dieser Maßnahme erfasst.

Auch keine Details gab es bis jetzt, wie der Energiekostenausgleich den jeweiligen Haushalten zukommen soll. „Details werden mit den Energieunternehmen ausgearbeitet“, so Brunner. Das Geld solle den Menschen jedenfalls „unbürokratisch“ zukommen, sagte der Finanzminister.

Einmalzahlung für bedürftige Menschen verdoppelt

Darüber hinaus wird die bereits im Dezember beschlossene Einmalzahlung für besonders bedürftige Menschen verdoppelt. Diese betrage nun 300 statt 150 Euro, so Nehammer. „In Summe werden auch hier 100 Millionen Euro in die Hand genommen“, sagte Nehammer.

Kostenausgleich für viele Haushalte

Angesichts der hohen Energiepreise mobilisiert die Regierung rund 600 Mio. Euro für einen Energiekostenausgleich, durch den viele Haushalte einmalig 150 Euro bekommen sollen.

Gewessler sieht Abhängigkeit von Gas als Problem

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler nannte wie Vizekanzler Werner Kogler (beide Grüne) vor allem die Preise auf dem Gasmarkt problematisch. Das langfristige Ziel müsse es sein, nicht mehr von Gas abhängig zu sein und auf erneuerbare Energien zu setzen, so Gewessler. Es soll ein Pilotprojekt starten, um Haushalten den Umstieg auf moderne Geräte zu erleichtern.

Als Unterstützung für Unternehmen soll geprüft werden, ob zur Liquiditätssicherung für produzierende Betriebe in Zeiten hoher Energiepreise die Vorausvergütung der Energieabgaben im Rahmen der Energieabgabenvergütung vorverlegt und auf 25 Prozent erhöht werden kann, hieß es. Für den überwiegenden Teil der Unternehmen seien die hohen Energiekosten problematisch, sagte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP).

Von der Regierung hieß es auch, dass ein Transformationsfonds eingerichtet werden soll, der Unternehmen und Haushalte bei der Umstellung auf nachhaltige Energieversorgung unterstützen soll. Die Umsetzung soll ab 2023 folgen.

Gasreserven auch bei Totalausfall gesichert

Mit dem andauernden Konflikt zwischen Russland und der Ukraine wächst unterdessen die Sorge vor einem möglichen Lieferausfall bei Erdgas. Unter der – aktuell eher unwahrscheinlichen – Annahme, dass es zu einem Totalausfall kommt, würden die Reserven etwa bis zum Frühjahr reichen – mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Gemischte Reaktionen auf Paket

SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll bezeichnete die Entlastungsmaßnahmen als „zu spät und halbherzig“, besser wären zur Linderung der Not eine Energie-Mehrwertsteuersenkung und eine 300-Euro-Einmalzahlung. Die Teuerung umfasse alle Lebensbereiche und könne nicht nur aus der Perspektive der Energiekosten betrachtet werden, denn der tägliche Warenkorb habe sich um 15 Prozent verteuert, so Schroll.

SPÖ-Pensionistenverband-Chef Peter Kostelka sagte, mit den 150 Euro Energiekostenausgleich seien „noch lange nicht alle Probleme gelöst“, das decke nur zum Teil die enorm gestiegenen Kosten für Haushaltsenergie ab. Ingrid Korosec, Präsidentin des ÖVP-Seniorenbunds, begrüßte das Hilfspaket; damit werde allen stark betroffenen Menschen unter die Arme gegriffen.

FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl sprach von einer „herben Enttäuschung“ und einer „großen Inszenierung“, denn die 150 Euro Energiekostenbonus seien „nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein“. Seit Monaten würden die Menschen unter steigenden Energie-, Sprit- und Lebensmittelpreisen leiden – und diese Preisexplosion werde von der Regierung ignoriert.

Industrie vermisst Soforthilfe für Betriebe

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian begrüßte unterdessen die angekündigten Entlastungen als einen „ersten richtigen Schritt“, diese könnten aber „nur der Anfang sein“. AK-Präsidentin Renate Anderl forderte u. a. einen „Sofort-Energiehilfsfonds“, in den die Energiewirtschaft einzahlt, um Haushalten in finanziellen Schwierigkeiten zu helfen. Außerdem soll die Mehrwertsteuer zeitlich befristet auf zehn Prozent halbiert werden.

Die Industriellenvereinigung (IV) vermisste eine Soforthilfe für betroffene Unternehmen. Die Energiepreissituation erfordere ein sofortiges Handeln, nötig sei eine Strompreiskompensation für Unternehmen, sagte IV-Präsident Georg Knill. Die Preise seien eine „Herausforderung historischen Ausmaßes“. Auch die Wirtschaftskammer sieht Betriebe vor allem in Branchen wie Stahl, Chemie, Papier, Glas und Stein/Keramik stark unter Druck. NEOS-Klubobmann Nikolaus Scherak wiederum forderte „langfristige Lösungen“ statt „populistischer Einmalzahlungen“.

Umweltschützer verweisen auf erneuerbare Energien

Die Umweltschutzorganisation Global 2000 begrüßte die auf dem Energiegipfel vorgestellten Maßnahmen, forderte aber einen langfristigen Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle, den Ausbau erneuerbarer Energien und Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs selbst. Die Umweltorganisation WWF Österreich forderte ein rasches klimagerechtes Energiesparprogramm. Politik und Energieversorger müssten sehr viel mehr tun, um die Verschwendung von wertvoller Energie zu stoppen.

Der geschäftsführende Caritas-Direktor der Erzdiözese Wien, Klaus Schwertner, begrüßte die Entlastungen, forderte darüber hinaus aber die Schaffung eines Energiehilfsfonds für arme Haushalte, um Gerätetausch, Sanierungsmaßnahmen und unbezahlte Energierechnungen zu bezahlen. Außerdem forderte Schwertner einen nationalen Abschaltestopp für Haushalte mit Kindern auch über März hinaus.