„Partygate“: Machtkampf in Johnsons Partei

Wegen der „Partygate“-Affäre um den britischen Premierminister Boris Johnson wird ein Machtkampf innerhalb der Konservativen Partei immer deutlicher. Der Johnson-Kritiker und einflussreiche Abgeordnete Tom Tugendhat warf heute seinen Hut in den Ring, um Johnsons Nachfolger zu werden. Zuvor hatte die Zeitung „Daily Mail“ berichtet, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Parlament habe die Unterstützung mehrerer Tory-Abgeordneter aus der Mitte der Partei.

Es wird davon ausgegangen, dass sich weitere Kandidaten erklären werden, sobald der mit Spannung erwartete interne Untersuchungsbericht zu dem Skandal um Lockdown-Partys in der Downing Street publik wird. Der Report der Spitzenbeamtin Sue Gray wird aber aller Voraussicht nach zunächst nur in einer stark zensierten Version veröffentlicht. Das hängt mit Ermittlungen der Londoner Polizei zusammen.

Übergabe soll kurz bevorstehen

Die Behörde bat in einer Erklärung darum, „in dem Bericht des Cabinet Office nur minimalen Bezug auf die Veranstaltungen zu nehmen, die von der Metropolitan Police untersucht werden“. Damit solle „jegliche Voreingenommenheit“ bei den Ermittlungen verhindert werden.

Die Übergabe des Berichts an Premierminister Johnson steht kurz bevor, wie mehrere Zeitungen heute schrieben. Mit der offiziellen Vorstellung im Londoner Unterhaus wird aber nicht vor Anfang der Woche gerechnet. Justizexperten zeigten sich erstaunt über die Zensurbitte der Polizei. Die interne Ermittlerin Gray schildere nur Fakten und fordere keine personellen Konsequenzen. Die Opposition pocht auf eine vollständige Veröffentlichung.

Für Johnson dürfte die Verzögerung eine willkommene Nachricht sein. Bei der polizeilichen Ermittlung könnte es später lediglich darum gehen, ob Beteiligte Bußgelder zahlen müssen. Damit wäre die Sprengkraft beider Untersuchungen, von denen nicht weniger als Johnsons politisches Überleben abhängen könnte, deutlich abgeschwächt. Auch eine Revolte in seiner Fraktion würde damit unwahrscheinlicher.