Nach Kritik: Verlag entschuldigt sich für Anne-Frank-Buch

Der Niederländische Verlag ambo anthos stoppt vorerst den Druck eines umstrittenen Anne-Frank-Buches. Erst vor kurzem veröffentlichte der Verlag „Der Verrat an Anne Frank“, gestützt auf die Forschungen eines Teams von Ermittlern um den ehemaligen FBI-Agenten Vince Pankoke. Zentrale These das Buches: Der Notar Arnold van den Bergh habe die Familie Frank verraten, um damit das Leben seiner eigenen Familie zu retten.

Wie der „Spiegel“ berichtet, gibt es mittlerweile Kritik von mehreren Seiten. Der niederländische Historiker Bart Wallett bezeichnete die These gegenüber dem „Spiegel“ als „wackelig“, sein Kollege Bart van der Boom sprach von einem „verleumderischen Unsinn“. Der niederländische Anne Frank-Forscher David Barnouw stufte die Ergebnisse als reine Spekulation ein, die sich hinter vorgeblich präzise messbaren Ergebnisse verstecke. Außerdem sorgen historische Fehler und Ungenauigkeiten, sowie eine lückenhafte und wenig plausibel Beweisführung für Kritik.

Kopie von Brief in Archiv gefunden

Pankoke wurde 2016 von einem niederländischen Filmemacher beauftragt, den Fall Frank erneut zu untersuchen, nachdem die Polizei den Verräter in zwei Ermittlungsverfahren nicht identifizieren konnte. Pankoke stützt seinen Verdacht gegen den jüdischen Notar vor allem auf einen anonymen Brief, den Otto Frank nach dem Krieg erhalten hatte und in dem Van den Berghs Name genannt wurde.

Van den Bergh gehörte dem Judenrat in Amsterdam an, deren Gründung von den deutschen Besatzern erzwungen wurde, um Deportationen zu organisieren. Der Untersuchung zufolge war es Van den Bergh in dieser Funktion zunächst gelungen, seine eigene Familie zu schützen. Als ihr dann doch die Deportation drohte, habe er das Versteck der Franks verraten, um seine Frau und seine Kinder zu retten.

Otto Frank hatte den Brief den Angaben zufolge schon 1964 bei einer Befragung durch die Polizei erwähnt. Pankokes Team fand nun eine Kopie des Schreibens in einem Archiv. Die Ergebnisse der Untersuchung, die in dem Buch „Der Verrat an Anne Frank“ der kanadischen Autorin Rosemary Sullivan ausführlich dokumentiert werden, sorgten in den Niederlanden für großes Aufsehen.

Angesichts der massiven Kritik entschied sich der Verlag nun dazu, den Nachdruck des Buches vorerst zu stoppen, bis das Forscherteam um Pankoke die kritischen Fragen beantwortet hat.