Am ersten Jahrestag des Militärputschs in Myanmar berichten die Vereinten Nationen von furchtbarer Gewalt gegen die Zivilbevölkerung in dem Krisenland. Die Umstände von mehr als 1.000 Tötungen durch die Einsatzkräfte könnten möglicherweise als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ oder „Kriegsverbrechen“ eingestuft werden, teilte der Chefermittler des Unabhängigen Untersuchungsmechanismus für Myanmar (IIMM), Nicholas Koumjian, heute mit.
Gegen die Militärs gebe es unter anderem glaubhafte Vorwürfe willkürlicher Festnahmen, Folter und sexueller Gewalt. Auch seien wohl Zivilisten in der Haft ermordet worden. Der IIMM bemühe sich darum, die Vorwürfe zu verifizieren und zu dokumentieren, damit die Verantwortlichen eines Tages zur Rechenschaft gezogen werden könnten, so Koumjian.
Putsch vor einem Jahr
Die Generäle in dem südostasiatischen Land hatten am 1. Februar 2021 gegen die Regierung von Aung San Suu Kyi geputscht. Sie begründeten den Umsturz mit angeblichem Wahlbetrug bei der Parlamentswahl im November 2020, die Suu Kyi klar gewonnen hatte – Beweise dafür legten sie nicht vor. Myanmar versinkt seither in Chaos und Gewalt.
Die Militärjunta stellte die Friedensnobelpreisträgerin unter Hausarrest und regiert mit eiserner Faust. Gegen die 76-Jährige laufen zahlreiche Gerichtsverfahren, inzwischen wurde sie bereits zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.
USA verhängen Sanktionen
Die USA verhängten zum Jahrestag des Putschs neue Sanktionen gegen Angehörige der Justiz und Unterstützer der Militärführung. Betroffen seien sieben Personen und zwei Einrichtungen, teilte das Finanzministerium gestern in Washington mit.
Darunter seien zwei hochrangige Mitglieder des Justizsystems, die die Strafverfolgung gegen Suu Kyi und andere vorangetrieben hätten. Mögliches Vermögen der Betroffenen in den USA wird eingefroren, Geschäfte mit ihnen sind für US-Bürger verboten. US-Präsident Joe Biden sprach von „unsäglicher Gewalt gegen die Zivilbevölkerung, darunter auch Kinder“. Er forderte die Freilassung aller, die zu Unrecht inhaftiert sind.
EU: „Armut und Gewalt“
Die EU berichtete in einer Mitteilung von „Armut, Nahrungsmittelknappheit, Vertreibung und Gewalt“ im Zuge des Putschs. Seit der Machtübernahme seien 400.000 Menschen im eigenen Land vertrieben worden, fast eine Million sei in Nachbarländer geflohen. Neue Sanktionen kündigte die EU aber nicht an.