Langzeitbelichtung zeigt Bewegung von Ölförderanlage
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Rekordgewinne

Ölgeschäft läuft wieder wie geschmiert

Nach der pandemiebedingten Durststrecke sind die Ölkonzerne wieder fett im Geschäft, vor allem der hohe Ölpreis lässt die Gewinne sprudeln. Und gerade die US-Konzerne Chevron und ExxonMobil, die bisher aus eigenem Antrieb wenig Veränderungswillen weg vom fossilen Geschäft zeigen, glänzen mit ihren Quartalszahlen. Investiert wird aber wenig, man will vor allem die Anleger umschmeicheln – aus unterschiedlichen Gründen.

ExxonMobil, der größte US-Ölkonzern, verkündete am Dienstag einen Nettogewinn von 23 Milliarden Dollar (20,6 Mrd. Euro) und damit das beste Jahresergebnis seit 2014. Der Umsatz legte gegenüber dem Vorjahr um fast 60 Prozent auf 285,6 Mrd. Dollar zu. Das Unternehmen profitierte kräftig vom Anstieg der Ölpreise.

Im Schlussquartal wies die Bilanz einen Überschuss von 8,9 Mrd. Dollar auf. Vor einem Jahr hatten hohe Abschreibungen ExxonMobil ein Minus von mehr als 20 Mrd. Dollar im Quartal und den höchsten Jahresverlust seit über vier Jahrzehnten (22,4 Mrd. Dollar) eingebrockt.

Gewinne, soweit das Auge reicht

Chevron berichtete schon im Jänner einen Gewinn von 5,1 Milliarden Dollar (4,6 Mrd. Euro) vierten Quartal 2021. Der Umsatz legte nun um gut 90 Prozent auf 48,1 Mrd. Dollar zu. Vor einem Jahr war Chevron aufgrund starker Belastungen durch die Pandemie mit 665 Mio. Dollar in die roten Zahlen geraten.

Der Ölkonzern Shell meldete am Donnerstag für 2021 einen Gewinn von gut 20 Milliarden Dollar – nach etwa ebenso hohen Verlusten im Jahr davor. Und auch der heimische Erdöl- und Gaskonzern OMV schaffte 2021 einen kräftigen Gewinnsprung auf 5,96 Mrd. Euro, der Umsatz wurde auf mehr als 35,56 Mrd. Euro mehr als verdoppelt.

Kurse steigen, Zuckerln für die Anleger

Die Ölbranche zeigt sich also derzeit von allen politischen Ambitionen zur Energiewende und dem Ausstieg aus dem „schmutzigen“ Geschäft mit fossilen Brennstoffen unbeeindruckt. Analysten sprechen sogar von einer längerfristigen Trendwende. Und das zeigte sich auch auf dem Aktienmarkt: Die Kurse der Ölkonzerne, vor allem von ExxonMobil, zeigten zuletzt stark nach oben.

Relativ einheitlich ist auch die Strategie der Ölkonzerne, wie mit den Gewinnen verfahren wird: Weit weniger als früher wird in die Exploration neuer Öl- und Gasquellen investiert, dafür werden die Anleger auf dem Aktienmarkt geworben.

Aktienrückkäufe im großen Stil

„Wir arbeiten hart daran, die Anleger zurückzugewinnen. Das ist ein Sektor, der zehn Jahre lang, fünf Jahre lang, drei Jahre lang unterdurchschnittlich abgeschnitten hat“, erklärte Pierre Breber, Finanzchef von Chevron, gegenüber der „Financial Times“. Sowohl ExxonMobil als auch Chevron erhöhten ihre Dividende – und beide planen Aktienrückkäufe im großen Stil: ExxonMobil um zehn Milliarden Euro, Chevron um fünf.

Chevron Tankstelle in Kalifornien
APA/AFP/Patrick T. Fallon
Chevron verdient gut am hohen Ölpreis

Doch auch die europäischen Ölkonzerne umgarnen ihre Anleger: Shell-Konzernchef Ben van Beurden kündigte den Rückkauf eigener Papiere in Höhe von 8,5 Milliarden US-Dollar (7,51 Mrd. Euro) an und erhöhte die Dividende je Aktie für das erste Quartal um rund vier Prozent auf 0,25 Dollar. Bei der OMV soll die Gewinnausschüttung an die Aktionäre um 24 Prozent erhöht werden – dennoch gab die Aktie leicht nach.

„Grüne Wende“

Auch BP, das französische Mineralölunternehmen TotalEnergies, der norwegische Konzern Equinor und die italienische Eni setzen darauf, so viel Bargeld wie möglich an die Aktionäre zurückzugeben. Reuters sieht darin aber einen anderen Grund als bei den US-Konzernen: Man wolle die Anleger „bei der riskanten Umstellung auf kohlenstoffarme und erneuerbare Energien bei Laune“ halten, hieß es von der Nachrichtenagentur bei einer Analyse.

Fast alle europäischen Konzerne haben sich selbst verpflichtet, sich von ihrer Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu lösen und ihre Ausgaben auf erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie zu fokussieren. Ihren Anlegern müssen sie aber glaubhaft vermitteln, dass die Renditen aus ihren kohlenstoffarmen Geschäften langfristig denen von Öl und Gas entsprechen oder sogar darüber hinausgehen werden, so Reuters weiter.

US-Konzerne bleiben bei Öl und Gas

Anders sieht das bei den US-Konzernen aus, auch wenn sie sich die Begriffe Zukunft, Innovation und CO2-Reduktion als Marketingphrasen gerne an die Fahnen heften. Chevron-Chef Mike Worth sagte vergangenes Jahr, dass erneuerbare Energien „nicht die zweistelligen Renditen bringen, die Investoren wollen“. Insofern werde man in Erneuerbare auch nicht investieren. Stattdessen könnten die Chevron-Anleger von ihren üppigen Gewinnen ja Bäume pflanzen. „Wir haben keine praktikablen Alternativen, und solange wir keine haben, werden wir weiterhin Öl und Gas brauchen“, sagte Konzernchef Darren Woods.

Profit durch Verknappung

Und dabei profitieren die US-Unternehmen noch dazu von der anderen Strategie der Europäer: Weil diese in den vergangenen Jahren schon weniger in neue Ölprojekte investierten und damit die Fördermenge auch reduzieren, wurde eine Verknappung erzeugt, die wiederum einen höheren Ölpreis zur Folge hat.

Die US-Konzerne fördern hingegen tendenziell mehr, auch weil sie derzeit grünes Licht von der US-Regierung haben, die darauf erpicht ist, die hohen Energiepreise und die Inflation zu bekämpfen. Fraglich ist, ob und wann die US-Regierung auf eine strengere Klimapolitik schwenkt – ein paar Anzeichen dafür gibt es bereits.

Kleiner Hedgefonds krempelt Ölriesen um

Bis dahin aber zeigt sich mit dem Fokus der Ölkonzerne auf ihre Investoren deutlich die tragende Rolle des Finanzmärkte bei der Frage des Abschieds von fossilen Brennstoffen in der Energiewende. Genau darum ging es ja auch bei der Entscheidung der EU-Kommission, Atomkraft und Gas offiziell in ihre Taxonomie aufzunehmen und damit als klimafreundliche Finanzinvestitionen zu definieren.

Exxon Mobil Raffinierie Texas
AP/Frank Bajak
Die Raffiniere von ExxonMobil in Baytown, Texas

Doch auch hier gibt es Bewegung – und Überraschungen. Ende 2020 stieg der Hedgefonds Engine No. 1 bei ExxonMobil ein – mit einer vergleichsweise kleinen Summe von 50 Millionen Dollar, was 0,02 des Unternehmenswerts entsprach. Schon eine Woche darauf warnte der Hedgefonds in einem offenen Brief, dass der Ölriese bei der Energiewende Schiffbruch erleiden werde, wenn nicht bald Maßnahmen getroffen würden.

Bei der Hauptversammlung im Juni 2021 gelang dann die riesige Überraschung: Bei der Wahl für den zwölfköpfigen ExxonMobil-Verwaltungsrat konnte der Hedgefonds im Kampfabstimmungen drei eigene Kandidaten durchboxen. Seitdem hat ExxonMobil zugesagt, 15 Milliarden Dollar in eine neu geschaffene Geschäftseinheit für kohlenstoffarme Energien zu investieren. Dabei konzentriert man sich auf Kohlenstoffabscheidung und -speicherung, Biokraftstoffe und Wasserstoff. Kürzlich verpflichtete sich ExxonMobil laut „Financial Times“ auch, die Emissionen aus seinen Öl- und Gasgeschäften bis 2050 auf null zu reduzieren.