Eine Ärztin klebt ein Pflaster nach einer Impfung
APA/Georg Hochmuth
Letzte Hürde

Auch Bundesrat beschloss Impfpflicht

Der Bundesrat hat am Donnerstag der Impfpflicht zugestimmt. Mit diesem Beschluss wurde die letzte parlamentarische Hürde genommen. Die Vorlage aus dem Nationalrat wurde mit den Stimmen von ÖVP, Grünen, NEOS und des Großteils der SPÖ abgesegnet. Die FPÖ stimmte, wie schon im Nationalrat, der Einführung der Impfpflicht nicht zu.

Die SPÖ stimmte nicht vollzählig mit. Zwei der 19 Mandaterinnen und Mandatare lehnten die Vorlage ab, darunter der Salzburger Landesvorsitzende David Egger. Zwei weitere rote Bundesräte waren krankheitsbedingt bzw. wegen CoV-Quarantäne entschuldigt. Der einzige NEOS-Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky stimmte für das Vorhaben.

Nach dem Beschluss muss Bundespräsident Alexander Van der Bellen das Gesetz formal prüfen und unterzeichnen. Dann braucht es eine Gegenzeichnung von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP), bevor das Gesetz kundgemacht werden kann. Aus der Präsidentschaftskanzlei hieß es am Donnerstag zur APA, Van der Bellen werde das Gesetz sorgfältig auf das verfassungsmäßige Zustandekommen prüfen. Wann die Unterzeichnung (samt Gegenzeichnung durch den Kanzler) und die anschließende Kundmachung abgeschlossen ist, steht noch nicht fest.

„Wir können uns Lockerungen leisten“

Virologin Monika Redlberger-Fritz spricht im Interview zu den geplanten CoV-Lockerungen im Bund und über die Wirkung und Notwendigkeit der Impfung. Man müsse weiterhin vorsichtig bleiben, aber die CoV-Lockerungen könne man sich leisten, denn die Intensivstationen seien nicht überfüllt, und bei den Hospitalisierungen sehe man keinen hohen Anstieg. Sie erklärt auch, inwiefern die Impfungen im Herbst oder gegen andere Varianten noch helfen werden.

Wie die Impfpflicht aussieht

Die Impfpflicht für Personen mit Wohnsitz in Österreich über 18 Jahre kommt in mehreren Phasen. Bis 15. März soll jeder Haushalt schriftlich informiert werden, danach wird die Impfpflicht zum „Kontrolldelikt“. Die Polizei kann dann etwa bei Kontrollen im Straßenverkehr den Impfstatus überprüfen. Ab diesem Zeitpunkt muss man mit Anzeigen rechnen.

Grafik zu den Eckpunkten der CoV-Impfpflicht
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Ausnahmen sind für Schwangere und jene vorgesehen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können, sowie für Genesene (180 Tage lang). Der Strafrahmen geht im einfachen Verfahren bis zu 600 Euro, im ordentlichen Verfahren bis 3.600 Euro, es wird jedoch erst ab Mitte März kontrolliert.

Automatisierte Strafverfügung noch offen

Nach wie vor offen ist, ob die dritte Phase überhaupt eintreten wird. Wer an einem dann festgelegten Impfstichtag kein gültiges Impfzertifikat vorlegen kann, erhält eine automatisierte Impfstrafverfügung. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) konnte am Donnerstag im Ö1-Morgenjournal noch kein konkretes Datum nennen. Zunächst seien Aufklärung und Information wichtig.

Die gesamtstaatliche Covid-Krisenkoordination (GECKO) werde spätestens alle drei Monate eine Einschätzung machen – je nach epidemiologischer Situation und Verfügbarkeit der Impfstoffe. Natürlich könne es sein, dass der Impfstichtag nie komme, so Mückstein: „Wenn Experten sagen, dass das nicht notwendig ist, oder wenn es laut Verfassungsjuristen nicht verhältnismäßig ist: Dann kommt Phase drei nicht.“

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein
APA/Florian Wieser
Gesundheitsminister Mückstein lässt den Zeitpunkt der Phase drei der Impfpflicht noch offen

Allgemein erwartet wird, dass das Gesetz in den nächsten Tagen in Kraft treten kann. Nach dem Bundesratsbeschluss ist auch noch eine Verordnung des Gesundheitsministers notwendig, in der die Details zum Vollzug geregelt werden – etwa hinsichtlich der zugelassenen Impfstoffe und der Ausnahmen von der Impfpflicht.

Der „Kurier“ berichtete mit Verweis auf einen ihr vorliegenden diesbezüglichen Verordnungsentwurf, dass neben den schon bekannten Ausnahmegründen auch jene Personen von der Impfpflicht ausgenommen werden sollen, bei denen „schwerwiegende Impfnebenwirkungen, bei denen eine wahrscheinliche Kausalität zur Impfung bestätigt oder in Abklärung ist“, vorliegen.

NGOs sehen „große Rechtsunsicherheit“

Soziale Träger wie Caritas, Diakonie und Rotes Kreuz äußerten am Donnerstag im Vorfeld des Bundesratsbeschlusses Bedenken. Das Impfpflichtgesetz bringe für den Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich in ganz Österreich „große Rechtsunsicherheit“ mit sich, erklärte der vor Kurzem gegründete Interessenverband der Arbeitgeberverbände der Freien Wohlfahrt (IAFW). Denn die Regeln einer allgemeinen Impfpflicht und einer 3-G-Regel am Arbeitsplatz würden einander widersprechen und Konfliktpotenzial bergen, „das jahrelange Rechtsstreitigkeiten zur Folge haben könnte“.

IAFW-Vorsitzender Alex Bodmann verwies auf einen im November vorgelegten Entwurf, der die CoV-Schutzimpfung noch als Beschäftigungsvoraussetzung für alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Gesundheits- und Pflegebereich vorgesehen hatte. Mit dem nun beschlossenen Gesetz lasse die Regierung diese Klarheit jedoch vermissen. Das Ergebnis werde ein österreichweiter „Fleckerlteppich gepaart mit hoher Rechtsunsicherheit“ sein.

Verband hofft auf Klärung

Denn einzelne Träger und neun Bundesländer würden die Frage, ob und welche arbeitsrechtlichen und welche haftungsrechtlichen Konsequenzen sie aus dem Gesetz ableiten, unterschiedlich beantworten. „Das könnte dazu führen, dass etwa in manchen Krankenhäusern eine 2-G-Pflicht für das Personal eingeführt werden könnte und in anderen nicht“, so der IAFW.

Seitens der Bundesregierung erwartet der Verband, dass festgelegt wird, „ob und welche Konsequenzen eine allgemeine Impfpflicht für verschiedene Arbeitsbereiche und Berufsgruppen haben soll“. Tut sie das nicht, müsse sie mögliche haftungsrechtliche Folgen explizit regeln oder die Träger von diesen entlasten, so die Forderung.

Zweifel an Zeitpunkt der Impfpflicht

Einer der GECKO-Experten, der Epidemiologe Gerald Gartlehner, zweifelt schon länger, ob der Zeitpunkt der Impfpflicht richtig ist. Zuletzt meinte er am Mittwoch in einem Puls24-Gespräch, dass man mit der Impfpflicht noch zuwarten könnte, da Österreich mit Omikron bei der Durchseuchung „angelangt“ sei. Es gebe derzeit ein „relativ unkontrolliertes Geschehen in Österreich“. Erleichternd sei aber, dass die Erkrankungen meist mild seien.

Er kritisierte auch die Strategie der Gratistests auch für Ungeimpfte. Die Teststragie werde regelmäßig evaluiert, sagte Mückstein dazu gegenüber Ö1. „Wenn wir merken, dass wir an bestimmten Orten aus epidemiologischer Sicht keine Tests mehr brauchen, werden wir das einstellen.“

Mückstein (Grüne) bezeichnete die Impfpflicht in der Bundesratsdebatte, bei der die Fraktionen ihre bekannten Standpunkte vortrugen, als eine „vorausschauende“ und „besonders nachhaltige“ Maßnahme. Zwar werde das Vorhaben nicht sofort helfen, die Omikron-Welle zu brechen – sehr wohl aber schütze die Impfpflicht vor nächsten Wellen und weiteren Virusvarianten.