Nach Angaben des Kremls geht das aus einer gemeinsamen Erklärung hervor, die Putin und sein chinesischer Kollege Xi am Freitag bei ihrem Treffen verabschiedeten und die der Kreml veröffentlichte. Beide Seiten zeigten sich „zutief besorgt“ angesichts ernsthafter Herausforderungen für die internationale Sicherheit.
„Kein Staat könnte oder sollte seine Sicherheit isoliert von der globalen Sicherheit und auf Kosten der Sicherheit anderer Staaten gewährleisten“, heißt es in der Erklärung. Die NATO wird darin aufgefordert, „die ideologischen Ansätze der Ära des Kalten Krieges aufzugeben“ sowie „die Souveränität, Sicherheit und Interessen anderer Länder (…) zu respektieren“. Moskau und Peking kritisieren laut der gemeinsamen Erklärung zudem den „negativen“ Einfluss der USA im Indopazifikraum.

Neuer NATO-Chef gesucht
Putin und Xi trafen sich erstmals seit Ausbruch der CoV-Pandemie Ende 2019. Beide hatten seither allerdings fünfmal telefoniert und zweimal über Video konferiert. Seit zwei Jahren hat Chinas Präsident keinen Spitzenpolitiker einer anderen großen Macht mehr persönlich getroffen und das Land nicht mehr verlassen.
Die NATO muss unterdessen inmitten der schweren Spannungen mit Russland einen Nachfolger für Generalsekretär Jens Stoltenberg suchen. Der 62-Jährige wird neuer Chef der norwegischen Zentralbank, wie das norwegische Finanzministerium am Freitag in Oslo mitteilte. Stoltenberg ist seit 2014 Generalsekretär der Militärallianz. Sein derzeitiges Mandat läuft am 30. September 2022 aus. Zuvor war der Sozialdemokrat von 2005 bis 2013 in seinem Heimatland Ministerpräsident.
Ausweitung der Energielieferungen an China
Putin suchte am Freitag in Peking vor Beginn der Olympischen Winterspiele bei einem Gipfel mit Xi insbesondere Rückendeckung in der Ukraine-Krise. Nach den Sanktionsdrohungen des Westens kündigte Putin eine große Ausweitung der Energielieferungen in die Volksrepublik an. Demnach wird Russland China Öl und Gas im Volumen von umgerechnet gut 100 Milliarden Euro liefern. Nach Angaben des russischen Präsidialamts gilt die Vereinbarung für die nächsten 25 Jahre. Russland ist bereits drittgrößter Gaslieferant Chinas, des weltgrößten Energieverbrauchers. Mit dem Abkommen macht sich Russland weniger abhängig von Europa.
Die Beziehungen zu China nannte er „beispiellos“. Sie hätten einen „nie da gewesenen Charakter“ angenommen, so der Kreml-Chef nach Angaben der Agentur Interfax.
Putin verspricht China mehr Gaslieferungen
Der russische Präsident Wladimir Putin hat China mehr Gaslieferungen versprochen. Russland sei bereit für ein neues Abkommen, das China künftig zehn Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr zusichern würde, so Putin bei einem Besuch bei Chinas Präsident Xi Jinping in Peking. Putin war aus Anlass der Eröffnungsfeierlichkeiten der Olympischen Spiele nach Peking gereist.
Weiterer Gesprächsreigen in Ukraine-Krise
Die Bemühungen um eine diplomatische Lösung der Ukraine-Krise dauern seit Wochen an – bisher ohne greifbare Ergebnisse. Nächste Woche will Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu Vermittlungsbemühungen nach Moskau und Kiew reisen. Macron fliegt am Montag zu Putin, am Tag danach zum ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenski. Mit beiden hatte Macron zuletzt mehrfach telefoniert. Auch der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) will „in Kürze“ nach Moskau reisen. Laut Russland ist der Termin für den 15. Februar fixiert.

Putin und Macron werden bei dessen Besuch die von Russland geforderten Sicherheitsgarantien des Westens beraten. Für Russland sei Macrons Besuch wichtig, sagte der Sprecher des Präsidialamtes in Moskau, Dmitri Peskow, weiter. Putin werde seinen Gast darüber unterrichten, wie er die erste Antwort der USA auf die russischen Forderungen bewertet.
Verunsicherung wegen russischen Aufmarsches
Das russische Außenministerium prüft derzeit nach eigenen Angaben noch immer die Antwort der USA auf die von Russland geforderten Sicherheitsgarantien des Westens. Sobald das abgeschlossen sei, werde Präsident Putin informiert, zitierte die Nachrichtenagentur Interfax die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa.
Geplant ist ferner ein Treffen von Macron, Scholz und dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda in Berlin. Sowohl Deutschland als auch Frankreich vermitteln in dem Konflikt seit Jahren. Angesichts des Aufmarschs von mehr als 100.000 Soldaten wird befürchtet, dass Russland einen Angriff plant. Moskau bestreitet das. Für möglich wird auch gehalten, dass die russische Seite Ängste schüren will, um die NATO zu Zugeständnissen bei Forderungen nach neuen Sicherheitsgarantien zu bewegen.
Großbritannien: „Äußerst besorgniserregende“ Details
Die britische Regierung teilt die Einschätzung der USA, dass Russland einen Vorwand für einen Angriff auf die Ukraine konstruieren werde. Ein Sprecher von Premierminister Boris Johnson sprach von „glaubwürdigen und äußerst besorgniserregenden“ Details in den US-Berichten.
„Wir haben unsere eigene Analyse dieser Informationen durchgeführt und teilen die Schlussfolgerung der USA“, sagte er. Zudem sagte der Sprecher, Großbritannien plane, mehr Soldaten nach Osteuropa zu senden. „Wir erwägen Optionen für weitere Truppenentsendungen, um die NATO-Ostflanke zu unterstützen.“ Details nannte er zunächst nicht.
Immer mehr Soldaten in der Region
Unterstützung für die russische Position kommt aus der Türkei: US-Präsident Joe Biden und andere westliche Staaten hätten nach Einschätzung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nicht zur Lösung der Krise zwischen Russland und der Ukraine beigetragen. Es gebe keine europäischen Staats- und Regierungschefs, die dazu in der Lage wären, sagte Erdogan türkischen Medien zufolge am Freitag. Erdogan hatte am Donnerstag mit dem ukrainischen Präsidenten Selenski in Kiew beraten.
Die Ankündigung der USA, zusätzlich 2.000 Soldaten nach Europa zu verlegen, sorgte diese Woche für neue Aufregung. Der Kreml warf den USA vor, die Lage eskalieren zu lassen. Russland werde nun Maßnahmen ergreifen, „um seine eigene Sicherheit und seine eigenen Interessen zu gewährleisten“. Russland kritisiert, dass seine Angebote zu Gesprächen über eine neue Sicherheitsarchitektur in Europa von den USA und ihren Verbündeten in der NATO mit der Stationierung weiterer NATO-Soldaten in Osteuropa und Waffenlieferungen an die Ukraine beantwortet werden. Dagegen warf die NATO der russischen Seite vor, auch noch 30.000 Soldaten nach Belarus zu verlegen.
Gemeinsam gegen US-Einflussnahe im Pazifikregion
China setzt sich für eine friedliche Lösung der Ukraine-Krise ein, steht aber hinter Russland. Es will Russlands Sicherheitsinteressen gewahrt sehen und lehnt eine Ausweitung militärischer Blöcke wie der NATO ab. Im Gegenzug für die Unterstützung in der Ukraine-Krise setzt Xi offenbar auf die Unterstützung Russlands im Ringen mit den USA um Einfluss im indopazifischen Raum.
Der gemeinsamen Erklärung zufolge sind sich die beiden Staatschef nun in ihrer ablehnenden Haltung der US-Einflussnahme in der Pazifikregion einig. Diese sei „negativ für Frieden und Stabilität“ im Indopazifik, hieß es. Moskau und Peking seien „ernsthaft besorgt“ wegen der intensivierten militärischen Zusammenarbeit der USA mit Australien und Großbritannien in der Region. Die drei Staaten hatten im September das indopazifische Bündnis AUKUS ausgerufen. Die Kooperation beinhaltet unter anderem einen engen Austausch über Technologie zum nuklearen Antrieb für U-Boote. Dass Australien dann Atom-U-Boote der USA kaufte, sorgte auch für empörte Reaktionen in Frankreich, woher Canberra die U-Boote ursprünglich beziehen wollte.
Man lehne eine Blockbildung ab, besonders in der asiatisch-pazifischen Region, erklärten Moskau und Peking weiter. Zugleich hieß es aber in der Erklärung: Russland und China bemühten sich um den Aufbau eines „gleichberechtigten und offenen Sicherheitssystems in der Asien-Pazifik-Region, das sich nicht gegen Drittstaaten richtet“. Darüber hinaus rufen China und Russland die USA auf, keine Mittel- und Kurzstreckenraketen in der Region zu stationieren.
Dopingskandal überschattete russische Olympiateilnahme
Im Anschluss an ihr Treffen nahmen Xi und Putin gemeinsam an der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele teil. Offizielle Vertreter Russlands sind wegen eines Dopingskandals von internationalen Sportwettkämpfen eigentlich ausgeschlossen. Auf Einladung des Staatsoberhaupts des Gastgeberlandes können sie aber teilnehmen. Putin hatte als einer der ersten ausländischen Staatschefs sein Kommen nach Peking angekündigt.
China ist bei den Olympischen Spielen mit einem diplomatischen Boykott konfrotiert. Wegen der Spannungen mit China und seiner Menschenrechtsverletzungen wurde die Eröffnungsfeier von Ländern wie den USA, Großbritannien, Kanada und Australien boykottiert, indem sie keine ranghohen politischen Vertreter entsandt haben.