Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl
APA/Georg Hochmuth
„Ende März hinschauen“

AK-Chefin Anderl hinterfragt Gratistests

Stimmen aus der ÖVP für ein Ende der CoV-Gratistests gibt es bereits – am Samstag äußerte sich etwa Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer –, auch die Arbeiterkammer (AK) spricht sich für ein Überdenken aus. Derzeit seien Gratistests aufgrund der Pandemielage zwar wichtig, ab Ende März müsse man da aber „noch einmal hinschauen“, wie AK-Präsidentin Renate Anderl in der Ö1-Reihe „Im Journal zu Gast“ sagte. In diesem Zusammenhang verwies sie auf das Impfpflichtgesetz.

Entsprechend müsse man sich die Frage stellen, „ob Ungeimpfte sich weiterhin gratis testen können, um ins Gasthaus zu gehen – darüber sollte man nachdenken“, so Anderl. „Man stellt eine Impfung gratis zu Verfügung und dann auch noch Gratistests – das ist etwas, was wir uns wirklich überlegen sollten.“ In sensiblen Bereichen mit Screenings, etwa in Schulen und in Kindergärten, sollte es aber jedenfalls keine Änderungen geben, sagte die AK-Präsidentin.

Zum Thema Impfpflicht – hierzu hatte die Arbeiterkammer stets einen kritischen Zugang – sagte Anderl, „man kann sie mögen oder nicht, aber sie ist eine beschlossene Sache“. Besser wäre das Schaffen von Anreizen gewesen, um das freiwillige Impfen zu fördern, so Anderl („dann müsste man darüber nicht mehr diskutieren“). Nun sei gut, dass man mit dem Impfpflichtgesetz „langsam startet“ und erst später straft. Auch für gut befindet Anderl die Altersgrenze ab 18 und die jeweilige Evaluierung nach drei Monaten.

„Nicht auf der Seite der Glückspiels“

Problematisch sieht Anderl die von der Regierung geplante Impflotterie. Anreize seien zwar grundsätzlich positiv, doch sei man seitens der AK stets für eine Gutscheinlösung eingetreten („für den Booster ein Gutschein“). „Eine Lotterie ist immer ein Spiel des Glücks, nachdem wir nicht gerade auf der Seite der Glückspiels sind, muss man es sehr bedenklich sehen“, so Anderl. Alle, die sich an die Maßnahmen halten, hätten etwas bekommen sollen, Glück sollte keine Rolle spielen.

Wie die Volkshilfe zuletzt betonte, befinden sich derzeit 350.000 Kinder an der Armutsgrenze, weswegen in Bezug auf die Impflotterie zuletzt ein fehlgeleiteter Einsatz von Steuermitteln geortet wurde. Das Geld, bis zu eine Milliarde Euro, solle lieber für den Kampf gegen die Kinderarmut verwendet werden, meinte die AK-Präsidentin. Das insbesondere, „nachdem wir jetzt eine Impfpflicht haben und Anreize ohnehin schon viel früher gehabt haben sollten“, so Anderl.

„Keine Hilfssheriffs“

Auch der Spagat zwischen Pandemieeindämmung und Interessen der Wirtschaft war Thema. Den Sozialpartnern sei etwa das Thema 2-G im Handel sehr wichtig gewesen. Seit 11. Jänner gibt es im Handel eine Kontrollpflicht der 2-G-Regel, etwa beim Eingang oder spätestens beim Bezahlen. Diese Maßnahme soll mit 12. Februar Geschichte sein. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien „nicht als Hilfssheriffs zu beschäftigen“, so Anderl, in Geschäften sei es „fürchterlich zugegangen“. Wichtig sei nun, dass dort weiter Maskenpflicht bestehe. Auch die Gastrosperrstunde, nun auch gefallen, habe sie nicht nachvollziehen können.

Zu 2-G in Gasthäusern verwies Anderl auf den Umstand, dass hier keine Maske getragen werde und hier das Ansteckungsrisiko freilich viel höher sei. Wien – hier gilt ja 2-G in der Gastro länger als im übrigen Bundesgebiet – sei „einen sehr konsequenten und sicheren Weg gegangen“, so Anderl. In allen anderen Bundesländern darf man ab 19. Februar auch wieder mit einem gültigen Test in Restaurants und Cafes. Lockerungen seien generell eine Entscheidung der Bundesregierung, so Anderl.

Pflege: Pandemie als „Brennglas“

Bei der Pflegereform sei es „fünf nach zwölf“, sie gehöre rasch umgesetzt, so Anderl. Viele Pflegekräfte seien angesichts der frustrierenden Zustände in der Pandemie abgesprungen, „es landet alles in einer Fließbandarbeit“, so Anderl. „Die Pandemie hat uns das mit einem Brennglas vor Augen geführt.“ Man müsse die Berufe attraktivieren, hier gehe es auch um finanzielle Absicherung im Zuge der Ausbildung – ähnlich wie bei Polizeischülerinnen und -schülern.

Auch die Inflation war Thema: Die Teuerung sei enorm, doch Sozialeistungen würden jedoch in vielen Bereichen nicht steigen, so Anderl. „Die eine Seite wird immer teurer, bei der anderen Seite tut sich nichts.“ „Nachdenken“ sollte man etwa über eine Erhöhung von Mietzinsbeihilfen bzw. mehr Arbeitslosengeld.