COVID-Impfstoff wird in Spritze geladen
APA/dpa/Sebastian Willnow
„Evaluierung“ gefordert

Weitere Bedenken gegen Impfpflicht

Angesichts der einigermaßen stabilen Zahlen in den Spitälern mehren sich die Zweifel, ob ein Exekutieren der gerade erst im Kraft getretenen Impfpflicht noch notwendig ist. Nachdem Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sich für eine „ständige Überprüfung der Verhältnismäßigkeit“ aussprach, legte Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) am Mittwoch nach. Er forderte eine Evaluierung noch vor Eintritt der Strafbarkeit am 15. März. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) hält an der Einführung fest.

Es solle evaluiert werden, ob die Impfpflicht noch geeignet sei, eine Überlastung der medizinischen Versorgung zu verhindern, sagte Haslauer im Ö1-Mittagsjournal. Entscheide die begleitende (bis dato noch nicht personell besetzte) Kommission, dass dem nicht so sei, könne man die Impfpflicht Mitte März „nicht scharfstellen“, meinte der Landeshauptmann. Grundlegend zeigte er sich der Impfpflicht gegenüber nach eigenen Worten „skeptisch“.

Eine im Gesetz verankerte begleitende Kommission, die beim Bundeskanzleramt angesiedelt ist, soll wissenschaftliche Entwicklungen im Bereich von Schutzimpfung und CoV-Medikamenten sowie die Eignung der Impfpflicht zum Schutz der Gesundheitsversorgung evaluieren, sagte Gesundheitsminister Mückstein. Sie soll an Nationalrat, Bundesregierung und Gesundheitsminister berichten.

„Ehestmögliche“ Festlegung

Wann die Kommission, die die Impfpflicht laufend überprüfen soll, zusammentrifft, wird laut Gesundheitsministerium „ehestmöglich“ festgelegt, zunächst war noch von „einigen Wochen“ die Rede. Für Haslauer ist das „zu langfristig gedacht.“ Er plädierte, die Entwicklungen zu beobachten, Anfang März solle die Kommission einberufen werden und entscheiden, ob die Impfpflicht zur Verhinderung der Überlastung der medizinischen Versorgung „wirklich noch unbedingt notwendig“ sei.

Gesetz „wie ein Werkzeugkoffer“

Das Gesetz bleibe auch bei einem negativen Entscheid der Kommission weiterhin, es werde nur nicht „scharf gestellt“, so Haslauer. Er sehe das Impfpflichtgesetz „wie einen Werkzeugkoffer“, der Grundrechtseingriff müsse verhältnismäßig sein. Weil die Pandemie ja unberechenbar sei, könne man nicht ausschließen, dass die Impflicht wieder erforderlich werden könnte. Man sollte sich jedenfalls noch eine kurze Zeit zum Monitoring geben.

Das Argument, dass man die Impfpflicht brauche, um für den Herbst gerüstet zu sein, wollte der Landeshauptmann nicht gelten lassen: „Man kann nicht mit einem ungewissen Ereignis die Notwendigkeit einer Impfpflicht argumentieren.“ Laut Fachleuten könne nach dem Abebben der Omikron-Welle „relativ entspannt der Weg in das Frühjahr und in den Sommer gegangen werden“, Prognosen für den Herbst würden nicht vorliegen – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Kärnten für „Überprüfung“, Wien gegen Debatte

Vor Haslauer hatte sich am Vortag Kärntens Landeshauptmann Kaiser dafür ausgesprochen, das Gesetz ständig auf seine Verhältnismäßigkeit hin zu überprüfen, der Zeitpunkt dafür sei gekommen. Die Impfpflicht sei ein Grundrechtseingriff, dem stehe das Verhindern einer Überlastung der medizinischen Versorgung gegenüber, sagte Kaiser. Eine Überlastung zeichne sich derzeit weder auf Intensiv- noch auf Normalstationen ab – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

In den anderen Bundesländern positionieren sich die Landeshauptleute bisher nicht zur aktuellen Diskussion über die Impfpflicht. So will sich etwa Wien an der Debatte gar nicht beteiligen. „Wir haben das beschlossen, wir sollten da nicht diesem österreichischen Sport huldigen, dass wir alles das, was beschlossen ist, wieder sofort hinterfragen“, sagte der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) zu Beginn der Woche. In einem ORF-Interview am Mittwoch kritisierte er aber das vorgesehene Prozedere für die Impfbefreiungen. „Das wird ein bisschen Chaos verursachen“, so Hacker – mehr dazu in wien.ORF.at.

Doskozil sieht Bund „in Sackgasse“

Auch der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) erneuerte seine Kritik am Vorgehen der Regierung. Der Bund habe sich mit dem Impfpflichtgesetz in eine Sackgasse manövriert und agiere in der Umsetzung planlos – das Handling der Impfpflichtbefreiung sei dafür symptomatisch. Die gescheiterte Impflotterie zeige einmal mehr, dass die Regierung politische Ansagen mache, ohne die nötigen organisatorischen Vorkehrungen zu treffen – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Politologe Filzmaier zu Impfpflichtdebatte

Die Diskussion über die Impfpflicht dauert an, mehrere Landeshauptleute üben Kritik. Steht die Impfpflicht vor dem Aus? Dazu war der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier zu Gast in der ZIB2.

Kickl: „Wird noch zum phänomenalsten Salto rückwärts“

FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl kommentierte per Aussendung, das Gesetz beginne, „seine eigenen Kinder zu fressen“. Er gehe davon aus, dass die medizinischen Kapazitäten auch in Zukunft nicht durch Omikron überlastet werden. „Ich denke, der Impfzwang wird noch zum phänomenalsten Salto rückwärts der österreichischen Innenpolitik“, sagte Kickl und forderte „Schluss mit Schikanen und dem Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte – hin zu einem Leben in Würde und Freiheit und ohne Impfzwang“.