Ehemaliger Sektionschef Christian Pilnacek
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„Observation“ von Staatsanwalt

Neue Chats in heikler Justizcausa aufgetaucht

In einer heiklen Justizcausa sind am Freitag neue Chats publik geworden: Laut einem Bericht des „Falter“ soll der mittlerweile suspendierte Sektionschef im Justizministerium, Christian Pilnacek, die „Observation“ eines in der „Ibiza“-Causa ermittelnden Staatsanwalts der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) angeregt haben.

Grund für das Misstrauen sollen geleakte Befangenheitsvorwürfe gegen einen Ermittler der „Soko Tape“ gewesen sein, berichtete das Wochenmagazin. „Wir müssen irgendwie unsere undichte Stelle finden; beginnen würde ich mit G.A. (Gregor Adamovic, Anm.)“, soll der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs, an Pilnacek geschrieben haben, berichtete der „Falter“.

Grund waren an die Medien gelangte Informationen, wonach einige der Polizisten der „Soko Tape“ aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit befangen sein könnten. Pilnaceks Antwort: „So arg, das kann man sich nicht gefallen lassen; ich spreche morgen mit Lang (Franz, Chef des Bundeskriminalamts, Anm.); ich stelle mir Observation vor; hG“.

Wunsch nach Zugriff auf private Kommunikation

Pilnacek soll sich laut „Falter“ aber nicht nur die Observation des Ermittlers gewünscht haben, sondern auch den Zugriff auf dessen private Kommunikation. „Es wird auch einmal notwendig sein, eine Rufdatenauswertung anzuordnen und dienstlich und privat genutzte Mobiltelefone sowie E-Mailaccounts von A. für den fraglichen Zeitraum sicherzustellen und auszuwerten“, schrieb er in einem E-Mail an Fuchs. Zu den Ermittlungen gegen den Korruptionsstaatsanwalt kam es laut „Falter“ nicht.

Chef der Oberstaatsanwaltschaft Wien Johann Fuchs
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OStA-Leiter Fuchs: „Wir müssen irgendwie unsere undichte Stelle finden“, schrieb er an Pilnacek

Pilnacek und die WKStA haben ihre Auseinandersetzungen, etwa rund um die Causa Eurofighter, doch auch öffentlich in Interviews, in der Vergangenheit mit Anzeigen und Gegenanzeigen ausgetragen. Zu den nun aufgetauchten Chats hat sich Pilnacek bisher nicht geäußert. Der suspendierte Justizsektionschef war Anfang November vom Vorwurf der Verletzung des Amtsgeheimnisses freigesprochen worden. Die zuständige Staatsanwaltschaft Innsbruck meldete Berufung an.

Staatsanwalt der WKStA Gregor Adamovic
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Staatsanwalt Adamovic: Pilnacek regte eine „Observation“ des WKStA-Juristen an

Fuchs erklärte in einem Statement gegenüber der ZIB, er lege Wert auf die Feststellung, „dass die OStA Wien unter meiner Führung in dieser Angelegenheit lediglich die ihr zukommenden Aufgaben im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht wahrgenommen und gerade keine Veranlassungen zur Umsetzung der hier in Rede stehenden Maßnahmen getroffen hat“.

Ermittlerin soll Interna weitergegeben haben

Wie der „Falter“ und der „Standard“ zudem berichten, soll eine ehemalige WKStA-Staatsanwältin Interna an OStA-Leiter Fuchs weitergegeben haben. Die Juristin wechselte im November medienwirksam zu einer Kanzlei, die zahlreiche Beschuldigte in laufenden Ermittlungsverfahren der WKStA vertritt.

IT-Fachleute der Justiz hätten die Kommunikation zwischen der Juristin und Fuchs für die Staatsanwaltschaft Innsbruck ausgewertet, so der „Standard“. Die Chats legten nahe, dass die Juristin „Informationen, welche Verfahren sowie Behördeninterna der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft betreffen (…) an den Beschuldigten“ Fuchs weitergegeben habe. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck ermittelt gegen Fuchs wegen Verdachts des Geheimnisverrats.

Neue Chats in Pilnacek-Causa

Über den „Falter“ an die Öffentlichkeit gespielte Chats zwischen dem suspendierten Sektionsleiter im Justizministerium Pilnacek und dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Fuchs sollen das angespannte Verhältnis zur Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zeigen.

Die Juristin soll Fuchs auch Fotos geschickt haben. Darauf zu sehen sein sollen etwa Kalendereinträge ihrer Kolleginnen und Kollegen und „handschriftliche Vermerke der Ermittler im sogenannten Tagebuch des Akts“, schrieb der „Standard“.

Neue Ermittlungen gegen Brandstetter

Ebenfalls bekanntgeworden sind am Freitag neue Ermittlungen gegen den früheren ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter. Laut Ö1 ermittelt die Staatsanwaltschaft Innsbruck wegen Amtsmissbrauches. Dabei geht es um die Besetzung einer Abteilungsleitung in der Präsidialsektion, für die sich ein langjähriger Leiter einer anderen Abteilung beworben hatte. Er wurde von der unabhängigen Personalkommission an erster Stelle für die neue Leitungsfunktion gereiht, mit wesentlichem Eignungsvorsprung.

Brandstetter brachte allerdings Bedenken vor: Es habe Beschwerden von Nichtakademikern gegeben, die sich von ihm schlechter behandelt gefühlt hätten. Er setzte ein kommissionelles Hearing ein, das er selbst leitete, und soll unter anderem seinen Chauffeur ins Hearing miteinbezogen haben. Der Abteilungsleiter wurde in weiterer Folge zum einfachen Referenten degradiert.

Der Mann legte dagegen Beschwerde ein und bekam beim Bundesverwaltungsgericht recht. Dieses stellte fest, dass sowohl die Abberufung als auch die Versetzung des Beamten in unsachlicher und willkürlicher Weise erfolgt sei. Laut seinem Anwalt Georg Krakow wurde Brandstetter zu den Vorwürfen bisher nicht befragt, Brandstetter bestreite aber, dass sein Chauffeur beim Hearing dabei gewesen ist. Die Entscheidung, die Position mit der zweitgereihten Bewerberin zu besetzen, sei korrekt gewesen.

Kritik auch von Richtervereinigung

Postenbesetzungen unter Missachtung der Personalsenatsvorschläge sorgten schon in Brandstetters Amtszeit für Kritik – nicht nur seitens der Opposition. Die Richtervereinigung beklagte im November 2015, dass Posten nicht nach Qualifikation, sondern nach „anderen Interessen“ besetzt würden. Anlass dafür war die große Ministeriumsreorganisation.

Brandstetter legte, als er den Strafvollzug mit einer Generaldirektion ins Haus zurückholte, zwei Sektionen – die Präsidialsektion und die Sektion III (Personal) – zusammen. Und er änderte die Zuständigkeit der betroffenen Abteilungen der neuen Sektion leicht, womit nicht nur der Sektionschef neu zu küren war, sondern auch die Leiter der Abteilungen.