US-Soldaten bei der Ankunft am Rzeszow-Jasionka Flughafen in Polen
Reuters/Agencja Wyborcza.pl
Ukraine-Krise

USA verlegen weitere Soldaten nach Polen

Washington hält einen russischen Einmarsch in der Ukraine noch vor Ende der Olympischen Winterspiele für möglich. Angesichts der Spannungen werden 3.000 weitere US-Militärangehörige nach Polen verlegt. Die EU bekräftigte indes ihre Sanktionsdrohung gegen Moskau.

„Wir befinden uns in einem Zeitfenster, in dem eine Invasion jederzeit beginnen könnte, sollte sich (der russische Präsident) Wladimir Putin dazu entschließen, sie anzuordnen“, sagte der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan am Freitag im Weißen Haus. „Ich werde mich nicht zu den Einzelheiten unserer Geheimdienstinformationen äußern. Aber ich möchte klarstellen, dass sie (die Invasion) während der Olympischen Spiele beginnen könnte, obwohl es viele Spekulationen gibt, dass sie erst nach den Olympischen Spielen stattfinden würde.“

Vor dem Hintergrund der Spannungen mit den USA sind Russland und China enger zusammengerückt. Kurz vor der Eröffnung der Winterspiele war Putin Ende vergangener Woche in Peking mit dem chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping zusammengekommen. Putin suchte dabei insbesondere Rückendeckung in der Ukraine-Krise. Spekuliert wurde, dass der Kreml-Chef die Olympischen Spiele in China auch aus Rücksicht auf Gastgeber Xi nicht durch einen Einmarsch in die Ukraine überschatten wolle.

„Russischer Einmarsch jederzeit möglich“

Der Nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, hält einen russischen Einmarsch in die Ukraine noch vor Ende der Olympischen Winterspiele für möglich. Er forderte nochmals alle amerikanischen Staatsbürger, die sich in der Ukraine aufhalten, zur sofortigen Abreise auf.

Sullivan betonte, der US-Regierung lägen keine Informationen vor, dass Putin bereits eine endgültige Entscheidung für eine Invasion getroffen habe. Der Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden sagte aber auch: „Wir sehen weiterhin Anzeichen für eine russische Eskalation, einschließlich neuer Truppen, die an der ukrainischen Grenze eintreffen.“ Ein möglicher Angriff könne verschiedene Formen annehmen, darunter auch ein Vormarsch auf die Hauptstadt Kiew.

Russland spricht von Falschinformationen

Die russische Regierung wies die Darstellung zurück, sie plane eine Invasion in die Ukraine. Westliche Staaten verbreiteten diesbezüglich Falschinformationen und würden dabei von Medien unterstützt, erklärte das Außenministerium in Moskau. Westliche Staaten versuchten damit, von eigenen aggressiven Handlungen abzulenken.

US-Militärflugzeuge am Rzeszow-Jasionka Flughafen in Polen
Reuters/Jakub Stezycki
Flugzeug der US-Armee in Polen: 3.000 weitere US-Militärs werden verlegt

Putin und Biden telefonieren

Am Samstag wird Russlands Staatschef Putin mit US-Präsident Biden telefonieren. Das bestätigten der Kreml und das Weiße Haus Freitagabend. Laut russischen Medien ist am selben Tag auch ein Gespräch zwischen Putin und Macron geplant.

Auch US-Außenminister Antony Blinken wird eigenen Angaben zufolge noch am Samstag mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow telefonieren. Sollte Russland ernsthaft an einer diplomatischen Lösung der Ukraine-Krise interessiert sein, seien die USA bereit, ihren Teil beizusteuern, sagte Blinken.

Westen pocht auf Sanktionen bei Invasion

Die westlichen Verbündeten pochten am Freitag in einer Telefonkonferenz zur Ukraine-Krise noch einmal auf schnelle und tiefgreifende Sanktionen, um auf eine mögliche russische Invasion in der Ukraine zu reagieren.

Aus deutschen Regierungskreisen hieß es, die Lage werde von den Teilnehmern aus Europäischer Union und NATO als „sehr, sehr ernst“ eingeschätzt. Man wolle weiter versuchen, Russland mit diplomatischen Bemühungen zur Deeskalation zu bewegen.

„Krieg in Europa verhindern“

„Es gilt einen Krieg in Europa zu verhindern“, schrieb der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit auf Twitter. Biden hatte sich zuvor mit dem deutschen Kanzler Olaf Scholz und weiteren Verbündeten über den Ukraine-Konflikt ausgetauscht.

Eingeladen waren auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratschef Charles Michel, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron, der britische Premierminister Boris Johnson, Polens Präsident Andrzej Duda, der rumänische Staatspräsident Klaus Iohannis, Italiens Ministerpräsident Mario Draghi und Kanadas Premier Justin Trudeau.

Biden ruft Landsleute zum Verlassen der Ukraine auf

US-Präsident Joe Biden hat den Ton gegenüber Russland im Ukraine-Konflikt erneut verschärft. In einem Interview mit dem US-Sender NBC rief Biden US-Bürger und -Bürgerinnen in der Ukraine auf, das Land „jetzt“ zu verlassen.

Das Weiße Haus hatte erklärt, in dem Gespräch solle es um die „gemeinsame Besorgnis über Russlands fortgesetzte militärische Aufstockung“ an der ukrainischen Grenze gehen. Ziel sei es, sich weiter über die „Koordinierung von Diplomatie und Abschreckung“ auszutauschen.

Im Fall eines russischen Angriffs auf die Ukraine würde die EU Sanktionen gegen Russlands Finanz- und Energiesektor verhängen. Betroffen wäre außerdem „die Ausfuhr von High-Tech-Produkten“, so EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen nach der Telefonkonferenz. Die Strafmaßnahmen würden „massiv“ ausfallen, sagte sie zudem.

Milliardenhilfen für Kiew

Die EU-Staaten billigten indes eine Milliardenhilfe für die Ukraine. Die Ständigen Vertreter der Mitgliedsländer in Brüssel stimmten einem Vorschlag der EU-Kommission zu, der Ukraine weitere Unterstützung in Höhe von 1,2 Milliarden Euro bereitzustellen. „Ziel ist es, rasche Unterstützung in einer akuten Krisensituation zu leisten und die Widerstandsfähigkeit der Ukraine zu stärken“, teilte der Rat mit.

Schallenberg: Würden Sanktionen unterstützen

Für Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) ist unterdessen klar, dass im Falle einer Invasion Russlands in der Ukraine die Gaspipeline „‚Nord Stream 2‘ keine Betriebsgenehmigung erhalten wird“. Das sagte Schallenberg am Freitag gegenüber dem Magazin Politico.

Berichte, wonach Österreich und Ungarn innerhalb der EU-Staaten bei Sanktionen gegenüber Russland bremsen würden, wies der Außenminister zurück. „Sind wir bereit, Sanktionen zu unterstützen? Ja“, so Schallenberg.

Wien werde eine „robuste Reaktion“ unterstützen, einschließlich der Aussetzung der Pipeline, so Schallenberg gegenüber Politico weiter. Bisher hatte sich der Außenminister wiederholt dagegen ausgesprochen, die Pipeline als Drohkulisse gegenüber Russland einzusetzen.