Proteste bei der Ambassador Bridge in Kanada
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Kanada

Trucker widersetzen sich Anordnung

Ein kanadischer Richter hat die Trucker-Blockade eines wichtigen kanadisch-amerikanischen Handelskorridors per Anordnung für beendet erklärt. Die Demonstrierenden weigerten sich jedoch, den Protest auf der Grenzbrücke aufzulösen. Die Polizei rückte an, um die Blockade aufzulösen.

Kanadas Polizei begann am Samstag damit, die Trucker-Blockade an der wichtigen Grenzbrücke zwischen der Stadt Windsor in Kanada und Detroit in den USA aufzulösen. Man habe mit der „Vollstreckung“ begonnen, hieß es. „Wir fordern alle Demonstranten auf, das Gesetz zu befolgen und friedlich zu handeln.“

Zuvor hatte Geoffrey Morawetz, Richter am obersten Gericht in Ontario, per einstweiliger Verfügung die Demo für beendet erklärt. Die Frist am Freitag um 19.00 Uhr Ortszeit verstrich jedoch, ohne dass die Demonstranten der Anordnung nachkamen. Die Zahl der Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer nahm stattdessen weiter zu.

Kanadas Premier Justin Trudeau machte nach einem Telefonat mit US-Präsident Joe Biden deutlich, dass die Grenzbrücke nicht mehr lange geschlossen bleiben werde. An die Demonstranten appellierte er: „Wir haben Euch gehört, es ist Zeit, nach Hause zu gehen.“ Trudeau drohte zudem, die Blockade gewaltsam auflösen zu lassen.

Trudeau droht mit Polizei

Wenn die Demonstranten nicht nach Hause gingen, würde es „ein immer stärkeres Eingreifen“ der Polizei geben, sagte Trudeau am Freitag in Ottawa und nannte die Blockaden „illegal“. Jede Maßnahme sei möglich, der Einsatz des Militärs allerdings das letzte Mittel, so Trudeau. „Ich kann jetzt nicht viel mehr dazu sagen, wann oder wie das genau endet, weil wir wegen Gewalt besorgt sind.“

Lkw-Proteste: Trudeau droht mit Polizei

Nach einem Telefonat mit US-Präsident Joe Biden hat Kanadas Premier Justin Trudeau auch die gewaltsame Auflösung der Trucker-Blockaden nicht mehr ausgeschlossen. An die Demonstranten appellierte er: „Wir haben Euch gehört, es ist Zeit, nach Hause zu gehen.“

Seit Wochen demonstrieren in Kanada Tausende Menschen gegen Coronavirus-Maßnahmen und Impfvorschriften. Mit Lastwagen und anderen Fahrzeugen verstopften sie Straßen in Ottawa. Zahlreiche weitere Demonstranten strömten am Samstag in die Stadt. Gegenstand der Proteste waren zunächst Impfvorschriften für Lastwagenfahrer und danach die staatlichen Pandemiebeschränkungen insgesamt. Im Jänner trat eine Verordnung in Kraft, nach der auch Lastwagenfahrer, die aus den USA zurückkehren, einen Impfnachweis vorlegen müssen.

Ontario ruft Notstand aus

Am Freitag hatte zudem die betroffene Provinz Ontario den Notstand ausgerufen. Der örtliche Ministerpräsident Doug Ford kündigte Maßnahmen gegen die Protestler an, darunter Geldstrafen von umgerechnet bis zu 70.000 Euro und maximal einem Jahr Gefängnis. Außerdem könnten den Lastwagenfahrern die Lizenzen entzogen werden. Einsatzkräfte würden zum Schutz wichtiger Straßen, Flughäfen, Häfen und anderer Infrastruktureinrichtungen abgestellt.

Auswirkungen auf Fabrikproduktion

Die Blockade der Ambassador-Brücke führte nach Trudeaus Worten zum Stopp der Autoproduktion von sechs Herstellern wegen fehlender Teile. Über die Brücke fließen 25 Prozent des kanadisch-amerikanischen Güterverkehrs – das entspricht pro Tag einem Warenwert von umgerechnet 275 Millionen Euro. Die Region ist wirtschaftlich über die Grenze hinaus eng verwoben.

Trucks blockieren eine Straße in Ontario
Reuters/Patrick Doyle
Verkehr, Infrastruktur, Industrie und Umwelt der kanadischen Hauptstadt Ottawa sind stark durch den Protest beeinträchtigt

Auch ein Grenzübergang zwischen der kanadischen Provinz Alberta und den USA wird von Gegnern und Gegnerinnen der CoV-Maßnahmen blockiert, ein dritter Grenzübergang in der Provinz Manitoba wurde am Donnerstag wegen einer Demonstration geschlossen. Wegen des blockierten Lieferverkehrs mussten einige Fabriken auf beiden Seiten der Grenze ihre Produktion drosseln oder ganz herunterfahren – darunter die Autohersteller Ford, Stellantis, General Motors und Toyota. Verkürzte Schichten und weniger Geld sind die Folge für Arbeiterinnen und Arbeiter.

Deshalb hatte Trudeau am Freitag auch mit US-Präsident Biden gesprochen: „Präsident Biden und ich stimmen beide darin überein, dass diese Blockaden aus Gründen der Sicherheit der Menschen und der Wirtschaft nicht fortgesetzt werden können“, so der Regierungschef weiter. Das Weiße Haus äußerte sich ähnlich. Nach Angaben Trudeaus würden die Demonstranten, von denen viele dem rechten Spektrum zugeordnet werden, durch Spenden unterstützt, die zu etwa 50 Prozent aus den USA kämen.

Justin Trudeau
AP/The Canadian Press/Justin Tang
Die Proteste richten sich unter anderem gegen Trudeau als Premier

Weite Teile der Bevölkerung hatten Trudeaus teilweise sehr strikten Anti-Covid-19-Kurs in den vergangenen zwei Jahren mitgetragen. In jüngsten Studien zeichnet sich allerdings eine mögliche Trendwende ab, auch wenn das Bild noch nicht eindeutig ist. Auch einige Anhänger des 50-Jährigen nahmen der grassierenden Omikron-Variante geschuldete Maßnahmen wie neue Reiseeinschränkungen und von lokalen Regierungen verordnete Schließungen der Innenräume von Bars und Restaurants als übertrieben wahr.

Tränengas in Paris

Die Proteste der kanadischen Lastwagenfahrer inspirierten bereits ähnliche Konvois in Frankreich, den Niederlanden, Neuseeland, Australien und den USA. Am Samstag fuhren trotz Verbots mehrere hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Konvois aus mehreren französischen Städten durch Paris. Zunächst teilte die französische Polizei nur Strafzettel aus – über 300 in Summe –, dann setzte sie Tränengas ein. Auch der Platz rund um den Arc de Triomphe wurde geräumt.

Demonstranten in Paris bei Tränengaseinsatz
APA/AFP/Sameer Al-Doumy
In Paris setzte die Polizei Tränengas ein

Auch in Den Haag fuhren Protestkonvois auf. Niederländischen Medienberichten zufolge blockierten Hunderte Fahrzeuge den berühmten Binnenhof von Den Haag. Die Polizei setzte den Demonstrierenden bis zum Nachmittag eine Frist, „um die Stadt mit ihren Fahrzeugen zu verlassen“, hieß es auf Twitter. Im Falle einer Nichteinhaltung der Frist drohten den Menschen eine Festnahme sowie Geldstrafen. Die Organisatoren des zeigten sich dagegen entschlossen, ihren Protest fortzusetzen.

Ein am Freitag geplanter Autokorso durch Wien wurde zwar polizeilich untersagt, dennoch kamen zahlreiche CoV-Maßnahmengegner mit ihren Fahrzeugen in die Bundeshauptstadt. Die Folge waren Verkehrsbehinderungen und Hupkonzerte in der Innenstadt. Zwischenfälle gab es keine, es hagelte aber mehr als 1.600 Anzeigen, Dutzende Organmandate und einige Kennzeichen- sowie Führerscheinabnahmen – mehr dazu in wien.ORF.at. Ohne Verkehrsbehinderungen fand am Samstag ein Autokorso durch Vorarlberg auf Landstraßen von Bürs bis nach Bregenz statt. Die Demonstration bestand laut Polizei anfänglich aus 60 Fahrzeugen und reduzierte sich im Verlauf auf weniger als die Hälfte – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.