Camemium Bibliothek während des Ibiza-U-Ausschusses
ORF.at/Lukas Krummholz
U-Ausschuss

Druck auf Sobotka nimmt zu

Wenige Wochen vor Start des ÖVP-Korruptions-U-Ausschusses mehren sich Stimmen, die Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP) zumindest einen teilweisen Rückzug vom Ausschussvorsitz nahelegen. Unterdessen werden im Innenministerium alle Mails des früheren Kabinettschefs Michael Kloibmüller gesucht.

Die Vorsitzführung im Ausschuss durch Sobotka sei rein rechtlich kein Problem, sagte Walter Pilgermair, einst Verfahrensrichter im Hypo-U-Ausschuss am Samstag im Ö1-Mittagsjournal. Er würde Sobotka aber raten, sich bei Angelegenheiten, in denen er persönlich involviert sei, zurückzunehmen, so der ehemalige Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck. Es wäre „sicher klug“, sich dabei herauszuhalten. An den betreffenden Ausschusstagen könnte sich Sobotka vertreten lassen.

Grundsätzlich sieht die Verfahrensordnung für den U-Ausschuss den Vorsitz durch den Nationalratspräsidenten vor. Für eine Neuregelung müsste die Verfahrensordnung geändert werden, so Pilgermair. Es werde immer wieder Ausschüsse geben, in denen die eigene Fraktion betroffen ist. Er gehe aber davon aus, dass man das bei der jetzigen Verfahrensordnung „mit Bestimmtheit mitbedacht“ habe.

Den Vorsitz einem Richter anstelle eines Politikers zu überlassen, hält Pilgermair für keine gute Idee. Begrüßt wird von ihm der Vorschlag, Ausschusssitzungen öffentlich zu machen. Dann könnte sich die Bevölkerung ein Bild davon machen, wie die Politiker dort agieren. Die Diskussion über den Vorsitz durch Sobotka bekam durch jüngst aufgetauchte Chats über Postenvergaben neue Nahrung.

Grüne in „Sorge“

Zuletzt erhöhten die Grünen den Druck auf den Koalitionspartner ÖVP. Der grüne Abgeordnete David Stögmüller, bereits Mitglied im „Ibiza“-U-Ausschuss, sagte in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ Richtung Sobotka, es sei wohl „von Gesetzes wegen ganz allein seine Entscheidung, da können wir nur an ihn appellieren zu überdenken, ob es der gesamten Politik guttut, wenn er den Vorsitz weiterführt“. Ihm mach die Situation „Sorge“.

Wolfgang Sobotka (ÖVP) beim „Ibiza“-U-Ausschuss
ORF.at/Peter Pfeiffer
Sobotka sorgte mit seiner Vorsitzführung im „Ibiza“-U-Ausschuss immer wieder für Debatten unter den Fraktionen

Schon im „Ibiza“-U-Ausschuss habe seine Vorsitzführung für Streit und Unruhe gesorgt. Die Situation scheine sich nicht verbessert zu haben. Im „Ibiza“-U-Ausschuss war Sobotka ebenfalls als Auskunftsperson geladen. Auch im U-Ausschusses zum Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) war Sobotka befragt worden, damals unter Führung von Doris Bures (SPÖ).

Der Vorsitzende bzw. die Vorsitzende eines U-Ausschusses hat einige Aufgaben, darunter die Leitung der Verhandlungen und die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung während der Sitzung. Der Vorsitz entscheidet, nach entsprechender Einschätzung des Verfahrensrichters, zudem über die Zulässigkeit von Fragen. Der Vorsitz kann auch die Sitzungen unterbrechen, etwa im Streitfall für Beratungen mit den Fraktionen (Stehungen).

Auch Opposition gegen Sobotka

In einem gemeinsamen Statement des grünen Klubs hieß es zudem: „Wir als Grüne würden, wie im letzten U-Ausschuss, mit der Situation anders umgehen und den Vorsitz ganz übergeben.“ Sobotka will den Vorsitz ausüben, ihn aber vorübergehend an die Zweite Präsidentin Bures übertragen bei Befragungen, die seine Amtszeit als Innenminister betreffen.

Aus dieser Amtszeit sind diese Woche Chats von Sobotkas damaligem Kabinettschef Kloibmüller öffentlich geworden, in denen von Interventionslisten, die Sobotka auf Ministeriumsservern speichern ließ, die Rede ist. Aus Sicht der FPÖ ist er damit als U-Ausschuss-Vorsitzender untragbar. Davor hatte auch die SPÖ bereits für einen Rückzug Sobotkas vom Vorsitz plädiert. Sobotka selbst ließ über einen Sprecher mitteilen, dass es sich dabei um „Bürgeranfragen“ handle, deren viele an Politiker herangetragen würden.

Mitarbeiter des Innenministeriums suchen Mails

Im Innenministerium, dem Sobotka einst als Minister vorstand, sorgt der U-Ausschuss unterdessen für Hochbetrieb. 38.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Polizei und Ministerium seien aufgefordert, alle noch verfügbaren dienstlichen Mails von und an Kloibmüller zu suchen und abzugeben, um sie dem U-Ausschuss zur Verfügung zu stellen. Das sagte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Freitag in der Diskussionssendung „Live & Direkt“ der „Salzburger Nachrichten“.

Seit immer mehr verfängliche Chats zu Postenvergaben im Polizeiapparat während der langen Wirkungszeit von Kloibmüller auftauchen – er übte diese Funktion unter den Ressortchefs Ernst Strasser, Johanna Mikl-Leitner und auch Sobotka (alle ÖVP) aus – will sich der U-Ausschuss auch diesem Komplex widmen.

Deshalb forderte er jüngst das Innenressort auf, alle relevanten Mails von und an den einstigen Kabinettschef zu liefern. „Dem ist das Innenressort nachgekommen“, so Karner. Man sei „bemüht, dem U-Ausschuss alles zu liefern, was er angefordert hat“.