Orban teilt in Rede gegen EU und Linke aus

Der rechtsnationale ungarische Premier Viktor Orban hat gestern seine 23. Rede zur Lage der Nation dazu genutzt, vor der Parlamentswahl Anfang April die Erfolge seiner Regierung hervorzuheben. Auf einer Großveranstaltung in Budapest, die auch als Wahlkampfauftakt seiner Partei FIDESZ diente, erinnerte er etwa an Vergünstigungen für Familien und Pensionisten.

Hinter Ungarn liege ein schweres Jahr, nicht nur wegen der Pandemie, sondern auch wegen „verachtenswerten Aktionen der Linken“, so Orban. Das Land sei von einer „instabilen Region“ umgeben. Ungarn werde dabei nicht die Hände in den Schoß legen und dabei zuschauen, „dass eine schlechte Großmachtpolitik Schaden in unserer Nachbarschaft anrichtet“.

EuGH-Urteil zu Rechtsmechanismus erwartet

„Wir werden keine solchen Brüsseler Entscheidungen akzeptieren, die den ungarischen Interessen widersprechen“, sagte der Premier und grenzte sich einmal mehr von der EU ab. Er lobte das ungarische „Mehrheitseigentum“ im Banken- und Mediensektor sowie im Energiebereich und verwies auf den durch die früheren sozialistischen Regierungen angeblich entstandenen Schaden.

Orban hat die staatlichen und die meisten privaten Medien mit wirtschaftlichem Druck und Druck der Behörden auf Regierungskurs gebracht. EU-Gremien und Menschenrechtsorganisationen werfen Orban, der seit 2010 in Ungarn regiert, den Abbau von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit vor.

Kommenden Mittwoch soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg über den neuen Rechtsstaatsmechanismus der EU befinden. Die Regelung sieht vor, dass Ländern, die gegen Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit verstoßen, Mittel aus dem gemeinsamen EU-Haushalt gekürzt werden können. Ungarn und Polen hatten gegen den im Dezember 2020 beschlossenen Mechanismus geklagt.

Orban sieht „heiligen Krieg“ gegen Ungarn

Bei den Parlamentswahlen am 3. April stünde viel auf dem Spiel, darunter die Souveränität Ungarns, so Orban weiter. In den Köpfen der Bürokraten stünden nicht die Nationalstaaten, sondern die globale Welt im Mittelpunkt, gelte George Soros als ihr Held, sagte Orban und bemühte ein altbekanntes Feindbild. Brüssel würde gegen Ungarn einen „heiligen Krieg“ führen, einen „Rechtsstaatsdschihad“, weswegen Ungarn Stärke zeigen müsse.

Er wolle jedoch die EU zusammenhalten, weswegen mehrere „Toleranzangebote“ an Brüssel und Berlin unterbreitet worden seien, so Orban weiter. Ungarn unterstütze auch die Bemühungen der EU, eine gemeinsame europäische Verteidigungskraft zu schaffen. In diesem Geiste hätte die Entwicklung der ungarischen Armee bereits begonnen. Im Ukraine-Konflikt setze Ungarn hingegen auf ausgeglichene Beziehungen mit Russland.

Opposition tadelt Orban

Die Opposition reagierte umgehend auf die Rede. Das einzig Gute daran sei, dass es seine letzte als Ministerpräsident war, so Peter Marki-Zay auf Facebook. Der Spitzenkandidat der oppositionellen Allianz für den Posten des Regierungschefs warf Orban vor, sich in seiner Rede mit vielem beschäftigt zu haben, nur nicht mit den wahren Problemen des Landes.

Die Demokratische Koalition (DK) von Ex-Premier Ferenc Gyurcsany schrieb in einer Aussendung, die Rede nicht kommentieren zu können. Man sei den ganzen Tag auf der Straße, um sich die Probleme der Menschen anhören, denen gegenüber die FIDESZ-Elite seit zwölf Jahren taub und blind sei.

„Der korrupte, unsensible Regierungschef kann sagen, was er will, er wurde zu einer von Putin und China gesteuerten, ermüdeten Marionette“, reagierte „Dialog“ (Parbeszed). Orban könne neben seinen lahmen Scherzen nur mit den in seinem Kopf vorhandenen Dämonen besser kämpfen, konstatierte die Partei.