Straßencafe in Salzburg
APA/Barbara Gindl
Öffnungsschritte

Politischer Wunsch nach Eile statt Weile

Der für Mittwoch angesetzte Coronavirus-Gipfel, der weitgehende Öffnungspläne bringen soll, wirft seinen Schatten voraus. Zwar zeigen die Infektionszahlen noch nicht wirklich nach unten, der politische Druck – vor allem aus den Bundesländern – wird aber größer. Vor allem die ÖVP-Landeshauptleute pochen erneut auf Lockerungen – wohl kaum aus epidemiologischen Beweggründen. Ähnliche Debatten laufen derzeit in Deutschland.

Tatsächlich ähneln einander die Situationen und auch Diskussionen in Österreich und seinem Nachbarland. Die Bundesregierungen – und vor allem die jeweiligen Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) und Karl Lauterbach (SPD) – geben sich vorsichtig, während die Länder mit Forderungen vorpreschen. In Deutschland ist es vor allem der bayrische Ministerpräsident Markus Söder (CSU).

Dass andere Länder Europas bei ihren Öffnungsschritten schon viel weiter sind, liegt an mehreren Faktoren. Die Omikron-Welle startete in den meisten europäischen Ländern früher, in Österreich wurde der Anfang noch durch den Lockdown im Dezember gebremst. Dementsprechend ist in vielen anderen Ländern die Welle bereits deutlich am Abklingen – und Öffnungen eher möglich.

Österreich und Deutschland im selben Boot

Österreich und Deutschland kämpfen aber auch mit Problemen, die andere Länder weit weniger ausweisen. Die Impfquote ist – abgesehen vom Anteil der Boosterimpfungen – vergleichsweise niedrig, Impfskeptiker und -gegner machen stärker mobil als anderswo. Ein Grund dafür mag sein, dass beide Länder in den vergangenen Monaten und Jahren größere Probleme bei der Eindeutigkeit, der Stringenz und der Vermittlung der Sinnhaftigkeit ihrer Politik hatten. Länder, in denen die Bevölkerung mehr Vertrauen in die Politik ihrer Regierung hat, haben und hatten es leichter.

Hinzu kommen in Österreich wie in Deutschland die Tücken des Föderalismus. Die Folgen davon waren immer wieder unterschiedliche Maßnahmen in unterschiedlichen Bundesländern – und nicht selten politisch motivierte Machtkämpfe zwischen Bund und Ländern.

Zwischen Begründung und Ablenkung

Während etwa skandinavische Ländern ihre Öffnungen auch wissenschaftlich begründeten und untermauerten, dienen die Lockerungen in manchen anderen Ländern eher dazu, die Regierungen vom Glatteis zu holen, auf das sie wegen ihrer Pandemiepolitik oder auch aus anderen innenpolitischen Gründen geraten waren. So versucht etwa der britische Premier Boris Johnson sein schwer angeschlagenes Image mit der Aufhebung möglichst vieler Schutzmaßnahmen aufzupolieren.

Auch in Österreich gibt es durchaus plausible Gründe, wegen derer man die pandemiemüde Bevölkerung mit Öffnungen ködern will. In Tirol etwa sieht sich die ÖVP bei den bevorstehenden Gemeindesratswahlen mit dem Antreten der impf- und maßnahmenskeptischen MFG in etlichen Orten konfrontiert. Wie so etwas ausgehen kann, weiß man von Waidhofen an der Ybbs, wo bei der Gemeinderatswahl Ende Jänner die MFG mit 17 Prozent in den Gemeinderat einzog – und die ÖVP etwa ebenso viele Prozentpunkte und die absolute Mehrheit verlor.

Mückstein kündigt Perspektive für März an

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) versprach am Montag jedenfalls weitere Öffnungsperspektiven für den März. Am Mittwoch sollen Schritte für den 19. Februar im Detail vorgestellt, es soll aber auch eine darüber hinausgehende Perspektive für den März geboten werden, wie es hieß: „Hier erscheinen aus aktueller Sicht bereits weitere Lockerungen der Maßnahmen möglich. Basis hierfür ist die weiterhin moderate Entwicklung der schweren Krankheitsverläufe aufgrund der hohen Booster-Quote im Land.“ Übrigens: Auch Deutschland will im März alle tiefgreifenden Coronavirus-Einschränkungen stufenweise auslaufen lassen.

„Kindesweglegung“ bei Impfpflicht?

Mückstein stellte auch Beratungen zur Teststrategie in Aussicht, verwies in Sachen Impfpflicht aber lediglich auf die kommende Expertenkommission. Insgesamt scheint in Sachen Impfpflicht die Debatte verfahren – genau jene Kräfte, die sie ursprünglich forderten, verabschieden sich jetzt davon.

Bereits am Sonntag hatte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) das Aussetzen der Impfpflicht nicht ausgeschlossen, falls sich die von der Regierung beauftragten Experten dafür aussprechen, das Gesetz auszusetzen. Noch sind diese aber nicht im Amt. Wie der APA aus dem Gesundheitsministerium mitgeteilt wurde, befinde sich die Bestellung der Kommission durch das Bundeskanzleramt gerade in Vorbereitung. In den kommenden Tagen würden weitere Schritte dazu kommuniziert. Die Kommission werde „in den kommenden Wochen tagen“, sagte Nehammer wiederum am Montag bei einem Besuch in der Schweiz.

Wallner: Impfpflicht ohne Bestrafung

Aus Vorarlberg kam von Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) der Vorschlag einer Impfpflicht ohne Bestrafung. Er glaube nicht, dass es zum jetzigen Stand der Dinge automatische Sanktionen brauche, sagte er gegenüber den „Vorarlberger Nachrichten“ (Montag-Ausgabe). Der Landeshauptmann plädierte weiter für eine Änderung der Quarantäneregeln, die er durch ein Influenzamanagement ersetzen will – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sieht eine Reihe von offenen Fragen. Wie sein Sprecher Andreas Schäfermeier auf APA-Anfrage sagte, sei etwa offen, wie die weitere Teststrategie aussehe, wie es um die Beschaffung von Coronavirus-Medikamenten stehe, und vieles mehr. Dazu kämen offene Fragen wie jene der Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Impfpflicht durch eine noch gar nicht eingerichtete, aber gesetzlich vorgesehene Expertenkommission, bevor Strafen ausgesprochen würden.

Es gebe seitens der Bundesregierung erheblichen Erklärungsbedarf, um der durch unterschiedliche Diskussionen verursachten Verwirrung in der Bevölkerung, was die CoV-Schutzmaßnahmen betrifft, mit klarer Kommunikation entgegenzuwirken. Viele von der Bundesregierung zuletzt überraschend und einseitig ohne Einbindung der Bundesländer verkündeten Maßnahmen hätten die Menschen verunsichert und skeptisch zurückgelassen. Klarstellungen seien daher dringend notwendig.

Auch weitere Landeshauptleute mit Wünschen

Aus dem Büro des Tiroler Landeshauptmanns Günther Platter (ÖVP) hieß es, dass man im Vorfeld des Bund-Länder-Gipfels bei den bereits geforderten Lockerungen bleibe. Platter hatte sich vergangene Woche für eine Aufhebung der Sperrstunde um 24.00 Uhr sowie der unter bestimmten Voraussetzungen bestehenden Maskenpflicht im Freien ausgesprochen

Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) bekräftigte den Wunsch, die Expertenkommission zeitnah einzusetzen, um die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Impfpflicht zu evaluieren, um jedenfalls vor dem 15. März, wenn die Strafbarkeit eintritt, Gewissheit darüber zu haben. Haslauer erwartet sich auch eine Einschätzung der Experten zu der Frage, wie lange die Omikron-Welle noch dauern wird und ob vielleicht schon eine zeitliche Perspektive über einen „Freedom Day“ abgegeben werden kann.

Für Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) hat sich bestätigt, dass die Omikron-Variante leichtere Verläufe und weniger Hospitalisierungen nach sich zieht. Daher müsse insbesondere über die Notwendigkeit der Quarantäneregel, die Sinnhaftigkeit der flächendeckenden Teststrategie sowie darüber, ob die Phase drei der Impflicht tatsächlich notwendig sei, diskutiert werden.