Gerichtssaal, Wappen im Hintergrund
ORF.at/Zita Klimek
Ausverhandelt?

Informationsfreiheitsgesetz liegt brach

Seit fast einem Jahr lässt das Informationsfreiheitsgesetz auf sich warten. Dabei wird nach jedem Leak aus Chats, Postenschachern und dem „Sideletter“ zwischen den Koalitionspartnern immer wieder mehr Transparenz versprochen. Häufig werden die Länder als Grund vorgeschoben, warum der Gesetzesentwurf zwar angeblich ausverhandelt ist, derzeit aber brachliegt.

Die Bundesländer warnen davor, dass sie mit dem ihnen bekannten Entwurf in Anfragen zu versinken drohten – zu vieles sei einfach noch unklar. Vor einem Jahr habe man Vorschläge zum Entwurf gemacht, seither herrsche Funkstille, beklagte etwa Thomas Weninger, Generalsekretär des Städtebundes, gegenüber Ö1 am Dienstag. „Seitdem hat es keine Rückmeldung, keinen neuen Entwurf und keine Gesprächsrunden gegeben, seien sie auch virtuell.“

Man sei jedoch bereit, sich noch einmal zusammenzusetzen und über den überarbeiteten Entwurf zu reden. Etwas differenzierter sieht das Georg Willi, grüner Bürgermeister in Innsbruck. Länder, Städte und Gemeinden müssten ihre Blockadehaltung aufgeben, so Willi zum Ö1-Journal. Es gehe beim Informationsfreiheitsgesetz schließlich darum, den Wunsch der Bürgerinnen und Bürger nach Transparenz zu erfüllen.

„Alle reden von mehr Transparenz und Vertrauen“

„Es geht um viel Steuergeld, das Bund, Länder und Gemeinden verwalten, und die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht zu wissen: Was wird mit dem Geld gemacht? Wie sind die Abläufe dahinter?“, so der Innsbrucker Bürgermeister. Einen Mehraufwand für Behörden stellt aber auch er nicht in Abrede.

Willi rechnet jedenfalls mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament zu dem Gesetzesentwurf, „nachdem alle Parteien von mehr Transparenz und mehr Vertrauen reden“. Auf diese angeblich erwartbare Zweidrittelmehrheit verweist auch der grüne Koalitionspartner auf Bundesebene, doch braucht es dafür die Zustimmung der Länder im Bundesrat, wie die zuständige Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) immer wieder betont.

Mayer: Bund könnte auch ohne Länder tätig werden

Außerdem gebe es einen solchen Entwurf, über den man, wie etwa von Weninger angesprochen, diskutieren könnte, gar nicht. Im Gegenteil habe das derzeit auch „keinen Sinn“, weil zwar alle die Informationsfreiheit befürworten würden, doch nicht im eigenen Bereich. Bundesländer und Kommunen würden blockieren, so Edtstadler.

Karoline Edtstadler (ÖVP)
APA/Hans Punz
Edtstadler wartet auf die Zustimmung der Länder im Bundesrat

Doch brauchte es die Länder überhaupt nicht, um zumindest auf Bundesebene mehr Transparenz zu schaffen, meint Verfassungsjurist Heinz Mayer. Er bezeichnete die Schuldzuweisung der Regierung an die Länder als Ablenkungsmanöver. Gegenüber dem Ö1-Journal erklärte er, dass es für das Informationsfreiheitsgesetz bloß im Bund nur eine einfache Mehrheit brauche. Die Regierung könnte das laut Mayer sofort beschließen.

„Der Bundesgesetzgeber hat schon im Jahr 1973 eine allgemeine Auskunftspflicht für Bundesbehörden vorgesehen“, sagte der Verfassungsjurist. „Weil die Länder schon damals blockiert haben. Das könnte man natürlich wieder machen – eine Modellregelung nur für den Bund. Dann wäre der Bund wieder einmal Vorreiter.“ Auf diese Weise könnte der Bund in Sachen Amtsverschwiegenheit selbst tätig werden.

Edtstadler will Lösung auf Verfassungsebene

Laut Bundesverfassung bestehe die Amtsverschwiegenheit nämlich nur, „soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt“ sei, so Mayer. Der Gesetzgeber könne sie also zumindest einschränken oder gar abschaffen. Dafür brauche es keine Verfassungsbestimmung, für die im Nationalrat eine Zweidrittelmehrheit notwendig wäre, sondern nur ein einfaches Gesetz. Das schloss Edtstadler bereits aus, da das Koalitionsprogramm anderes vorsieht. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sieht den Ball hingegen beim Koalitionspartner ÖVP.

Das Informationsfreiheitsgesetz, dessen Entwurf das Ende des österreichischen Amtsgeheimnisses seit 1925 in Aussicht stellt, ist ein Prestigeprojekt der Grünen in Koalition mit der ÖVP. Gerade zuletzt wurde sein Status immer wieder gezielt angesprochen, da ein „Sideletter“ zu geheimen koalitionären Nebenabsprachen die türkis-grüne Regierung in die Bredouille gebracht hatte.