Steckerleiste
ORF.at/Dominique Hammer
In der Preisfalle

Kaum Ersparnispotenzial bei Strom und Gas

Die Kosten für Haushaltsenergie sind in den letzten Monaten stark gestiegen. Viele Energieversorger haben die Preise für Strom und Erdgas deutlich erhöht. Sich nach einem neuen Lieferanten bzw. besseren Tarif umzusehen, ist im Moment nicht so einfach wie gewohnt. Das Angebot ist schmäler geworden, während man in der Regel merklich mehr bezahlt – und so in einer Art Preisfalle sitzt.

Im Moment kann sich glücklich schätzen, wer bei Strom und Gas einen älteren Vertrag, idealerweise mit Preisgarantie, hat. Ganz schlecht bedient sind aktuell Kunden und Kundinnen mit flexiblen Tarifen, die sich an der Entwicklung auf den internationalen Energiemärkten orientieren. Dort hat sich seit dem letzten Frühjahr nämlich einiges getan. Die böse Überraschung droht für viele Haushalte spätestens mit der nächsten Jahresabrechnung.

Erster möglicher Ausweg aus der Preisfalle ist es, sich einen neuen Lieferanten bzw. besseren Tarif zu suchen, wie das seit gut 20 Jahren möglich ist. Laut aktuellen Zahlen der Regulierungsbehörde E-Control gab es im Vorjahr knapp 333.000 solcher Lieferantenwechsel bei Strom und Erdgas, Tendenz gegenüber 2020 (rund 316.000) steigend.

Was bringt aktuell ein Anbieterwechsel?

Trotzdem mehrten sich zuletzt Berichte, dass ein Wechsel – zumindest zu vorteilhaften Konditionen für den Kunden – mitunter schwierig sein kann. Die Arbeiterkammer (AK) etwa berichtete von Problemen, weil Energieversorger derzeit keine neuen Kunden wollten. Dazu kommt, dass Angebote vom Markt genommen wurden, manche Tarife sind inzwischen als „Bestandskundenprodukt“ ausgewiesen, Zusatz: Wechsel nicht mehr möglich.

Stromzähler
ORF.at/Sabine Koder
Angebot wurde kleiner, Konditionen schlechter

Ist ein Anbieterwechsel derzeit tatsächlich schwierig? Was darf man sich davon versprechen? Beim Wechsel an sich habe sich nichts geändert, sagt E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch im Gespräch mit ORF.at. Allerdings bestätigt auch er, dass das Angebot schmäler geworden ist.

Von Zeit zu Zeit Preise vergleichen

Auch der Spielraum, durch einen Wechsel bei Strom und Gas Geld zu sparen, ist damit geringer geworden. Derzeit sei das Potenzial überschaubar, so Urbantschitsch. Nicht berücksichtigt sind dabei natürlich Möglichkeiten, den Energieverbrauch zu senken und dadurch Geld zu sparen.

Am besten bedient sei derzeit jedenfalls, wer einen idealerweise älteren Bestandsvertrag habe. Damit „fährt man am besten“. Aktuell sei durch einen Tarifwechsel „nicht die Zeit für große Ersparnis“. Der Preismonitor der E-Control lässt denselben Schluss zu.

Dennoch rät Urbantschitsch dazu, von Zeit zu Zeit einen Blick in deren Tarifkalkulator zu werfen und Preise zu vergleichen, um zu sehen, wo man mit seinem Vertrag ungefähr steht. Es stimme schon, dass Preiserhöhungen „teils erheblich“ ausfielen und eine merkliche Mehrbelastung darstellten. Gleichzeitig habe man durch einen Anbieterwechsel in den letzten Jahren aber auch Geld in zumindest einer ähnlichen Größenordnung sparen können.

Deutliche Mehrbelastung für Haushalte

Der Preismonitor der E-Control für Februar weist 43 Tariferhöhungen bei Strom und zwölf bei Gas aus, zumeist mit Stichtag 1. Jänner. Zahleiche Energieversorger hatten ihre Preise schon im Vorjahr erhöht. Die Steigerungen bewegen sich bei Strom meist um die 20 bis 80 und bei Gas zumeist zwischen 20 und 40 Prozent.

Für einen durchschnittlichen Haushalt mit einem Verbrauch von 3.500 kWh Strom und 15.000 kWh Gas erhöhen sich die Kosten (inkl. Steuern und Abgaben) damit laut Rechnung der Regulierungsbehörde um bis zu 180 Euro bei Strom und über 300 Euro bei Erdgas pro Jahr – in jedem Fall eine deutliche Mehrbelastung.

Böse Überraschungen

Zum Handkuss kamen bzw. kommen, wenn auch auf unterschiedliche Weise, Kunden mit den erwähnten indexbasierten „Flex“- bzw. „Float“-, aber auch solche mit Standardtarifen. Neben „normalen“ Preisänderungen nach oben versuchten einzelne Energieunternehmen, ihre Kunden in teurere Tarife zu drängen.

Die einseitige Kündigung von Verträgen innerhalb sehr kurzer Frist war die Spitze. Das sei keinesfalls in Ordnung, heißt es dazu auch von der E-Control. Man habe solche Praktiken, nachdem man davon Kenntnis erlangt hatte, umgehend abgestellt.

Flexible Tarife wiederum, mit denen man bei niedrigen Marktpreisen zuvor noch viel Geld sparen konnte, explodierten im Vorjahr förmlich. Nur ein Beispiel: Bei einem Anbieter lag der Preis pro Kilowattstunde (kWh) Strom (Energiepreis ohne Gebühren) im Sommer 2020 bei knapp über fünf, im Herbst bei 6,4 Cent. Bis November 2021 stieg er auf knapp 29 Cent – das Viereinhalbfache.

Sehr große Bandbreite bei Preisen

Aktuell bewegt sich der Preis pro kWh laut Tarifrechner – regional sehr unterschiedlich – bei Strom zwischen 15 und über 57 Cent (Gesamtpreis inklusive Netzgebühren, Steuern und Abgaben), in Wien etwa zwischen 22 und 57 Cent. Bei Erdgas beträgt die Bandbreite österreichweit zwischen rund fünf und 27 Cent, wiederum in der Bundeshauptstadt zwischen neun und 27 Cent. Das günstigste Paket ergibt hier eine Strom- und Gasrechnung von rund 880 und knapp 1.400 Euro pro Jahr für den erwähnten Musterhaushalt.

Spirale dreht sich seit einem Jahr

Der von der Österreichischen Energieagentur (AEA) berechnete Strompreisindex (ÖSPI) wird laut Prognose im März um 139,1 Prozent über dem Wert vom März 2021 liegen. Der Gaspreisindex (ÖGPI) weist mit Februar eine Steigerung um ganze 493 Prozent im Jahresabstand aus. Der monatlich berechnete Energiepreisindex (EPI) für private Haushalte schließlich stieg zwischen Dezember 2020 und Dezember 2021 um 24,1 Prozent. Er berücksichtigt etwa auch die Treibstoffkosten, wo die Steigerungen bei Diesel 33,9 und bei Superbenzin 31,3 Prozent ausmachten. Mittlerweile sind sie weiter nach oben geklettert.

Grafik zur Entwicklung der Energiepreise
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Energieagentur

Diese Indexzahlen bedeuten aus mehreren Gründen allerdings nicht, dass die Preise bei Haushaltsenergie für den Endverbraucher um dieselben Werte gestiegen sind bzw. steigen werden. Einer davon: Der „reine“ Energiepreis, also der für den gelieferten Strom, ist nur ein Teil der Rechnung. Ein weiterer sind wie erwähnten Gebühren, die an den Netzbetreiber gehen, und schließlich Steuern und Abgaben an die öffentliche Hand, etwa der Ökostromförderbeitrag. Laut AEA macht der Energiepreis bei Strom knapp 40 Prozent des Gesamtpreises aus.

Energiekostenausgleich lässt auf sich warten

Stichwort Ökostromförderung: Diese wird für das laufende Jahr ausgesetzt, damit soll sich ein durchschnittlicher Haushalt um die 100 Euro oder etwas mehr ersparen. Außerdem beschloss die Bundesregierung Ende Jänner einen Energiekostenausgleich von einmalig 150 Euro, in dessen Genuss die meisten Haushalte kommen sollen, nachdem dieser mit der einfachen bzw. bei Mehrpersonenhaushalten doppelten ASVG-Höchstbeitragsgrundlage (2022 bei 5.670 Euro brutto monatlich) gedeckelt ist. Unklarheiten gibt es allerdings nach wie vor in der Umsetzung. Die Auszahlung, ursprünglich mit den Jahresabrechnungen im März geplant, sollte erst auf Sommer verschoben werden, zuletzt hieß es, sie käme wegen Problemen bei der Abrechnung über die Energieversorger als Gutschein, was erneut für Kritik sorgte.

Mehrschichtige Ursachen für hohe Preise

Gründe für den starken Anstieg bei den Energiekosten inklusive Treibstoffe, der im letzten Frühjahr einsetzte, werden viele genannt. Ein Hauptfaktor ist der abrupte Wiederaufschwung der Wirtschaft nach dem konjunkturellen Einbruch bedingt durch die Coronavirus-Pandemie mit einem starken Anstieg des Verbrauchs von Strom, Erdgas, Treibstoffen.

Dazu kommt, dass der gesamte internationale Energiemarkt stark in Bewegung ist und sich in einem Umbruch – Stichwort deutscher Atom- und Kohleausstieg – befindet. In den letzten Monaten wurde zur Deckung des steigenden Bedarfs und zur Kompensation diverser Ausfälle mehr Erdgas zur Stromerzeugung verbraucht. Nicht zuletzt ist da noch die Eskalation der Ukraine-Krise samt Befürchtungen, es könnte zu einem Ausfall des Großlieferanten Russland, von dem Europa und speziell Österreich sehr stark abhängig ist, kommen.