Frau reinigt Bar
APA/AFP/Anp/Robin Van Lonkhuijsen
CoV-Öffnungen

Zwischen Jubel und Besorgnis

Österreich stehen am 5. März weitreichende Lockerungen bevor – das verkündete die Regierung am Mittwoch. Durchwachsen fielen daraufhin die Reaktionen aus: Während Vertreter der Nachtgastro jubeln, reagieren Landeshauptleute zufrieden, wenn auch skeptisch. Kritisch bis besorgt äußerten sich Teile der Opposition und erste Fachleute.

Die Landeshauptleute sind mit dem angekündigten Aus der meisten CoV-Maßnahmen grundsätzlich zufrieden, einige haben aber Vorbehalte. Kärnten ist zurückhaltend, dem steirischen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) bereitet die komplette Öffnung „Bauchweh“, der oberösterreichische LH Thomas Stelzer (ÖVP) sieht nur einen „Etappensieg“. Salzburgs LH Wilfried Haslauer (ÖVP) möchte vor dem 5. März noch einmal den Rat der Wissenschaft, für Burgenlands Hans Peter Doskozil (SPÖ) blieb einiges offen.

Der Kärntner LH Peter Kaiser (SPÖ) erklärte nach dem Gipfel mit der Bundesregierung, Kärnten sei bei den Lockerungen mit an Bord. Allerdings mit Vorbehalt, wie er vor Journalisten sagte. „Wir tragen das mit, wenn die Prognosen eintreffen und die Zahlen es zulassen“ – mehr dazu in kaernten.ORF.at . Die Entwicklung könne nicht ganz genau eingeschätzt werden, da noch unklar sei, wie sich die BA.2-Variante des Virus verhalte, das stelle einen Unsicherheitsfaktor dar.

Schützenhöfer: „Wer wagt, gewinnt“

„Wir werden die Freiheit zurückbekommen, von der wir schon zwei Jahre reden“, so Schützenhöfer zur APA. Die großen Öffnungsschritte hätten mit einer stabilen Lage in den Krankenhäusern zu tun – „das ist und bleibt das Wichtigste“. Schützenhöfer habe aber „ein bisschen Bauchweh wegen der kompletten Öffnung am 5. März, aber wer wagt, gewinnt, und wenn das zu einer Aufwärtsentwicklung der Sonderklasse bei den Infektionen führen würde, müsste man sowieso handeln.“

Länder bei Öffnungen großteils dabei

Bis auf Wien, das noch länger noch länger mehrere CoV-Beschränkungen, -Vorschriften und -Verbote für seine Bürger beibehalten will, unterstützen die Länder die angekündigten Lockerungen. Für die NEOS kommt das zu spät, die FPÖ sieht ein ÖVP-Ablenkungsmanöver vom ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss.

In Salzburg gab man sich mit dem Ergebnis des Gipfels in einer ersten Stellungnahme zufrieden. Salzburg werde aber vor dem 5. März noch eine eigene wissenschaftliche Schleife einziehen, um auf die individuelle CoV-Situation in Salzburg einzugehen. Die vom Bund gesetzten Maßnahmen würden nur die Unterkante festlegen, das Bundesland könne noch eigene Maßnahmen setzen.

Doskozil kündigt Strategie für Burgenland an

Prinzipiell begrüßte auch Doskozil die Öffnungsschritte, im Burgenland sei eine klare Entspannung der Lage erkennbar. Keinesfalls dürfe man dieselben Fehler wie letztes Jahr machen. Viele Fachleute seien sich einig, dass die Wahrscheinlichkeit einer neuerlichen Verschärfung der Lage im Herbst realistisch ist. Es sei daher ein klarer Fahrplan für die nächsten Monate notwendig. Das Burgenland werde so eine Strategie präsentieren, so Doskozil. Offen geblieben sei unter anderem die Vorgehensweise mit der Impfpflicht. Doskozil rechnet damit, „dass es aus heutiger Sicht für die nächsten Monate zu keinem Vollzug der Impfpflicht kommen kann“.

Platter: „Fast vollständige Rückkehr zur Normalität“

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sprach auf APA-Anfrage von einer „fast vollständigen Rückkehr zur Normalität“. Die Entscheidung der Regierung sei „vollkommen richtig“, so Platter, und er verwies auf milde Omikron-Krankheitsverläufe sowie eine stabile Lage in den Spitälern, vor allem auf den Intensivstationen. Es bestehe keine Gefahr der Überlastung des Gesundheitssystem, dieses „erfreuliche Lagebild“ habe die Expertenkommission GECKO bei den Beratungen gezeichnet – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Alle Maßnahmen der vergangenen zwei Jahre seien auf Basis wissenschaftlicher Einschätzungen und Empfehlungen gesetzt worden, erinnerte Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). „Und das war auch gut und richtig so. Umso erfreulicher ist es, dass die Expertinnen und Experten nun zur Einschätzung gelangt sind, dass weiter geöffnet werden kann“ – mehr dazu in noe.ORF.at

Stelzer fordert Strategie für Herbst

Der oberösterreichische Landeshauptmann Stelzer (ÖVP) freute sich zwar über die Lockerungen, appellierte aber auch daran, sich zeitnah auf den Herbst vorzubereiten. „Niemand weiß heute, welche Situation uns im Herbst erwartet“, man brauche „rechtzeitig eine gesamtheitliche und gemeinsame Strategie“ für diese Zeit.

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), aktueller Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, sah die „Zeit für mehr Eigenverantwortung“ gekommen. Er sei mit dem Ergebnis der Gespräche zufrieden. Allerdings sei die Pandemie noch nicht vorbei, es gelte, wachsam zu bleiben. „Der milde Verlauf ist nicht gepachtet“, stellte Wallner fest. Daher sei es auch richtig, die Impfpflicht zum jetzigen Zeitpunkt beizubehalten.

Wien bleibt weiterhin strenger

Wien bleibt in Sachen CoV-Schutzmaßnahmen weiterhin vorsichtiger: Keinen Grund, „leichtsinnig zu werden“, sieht aufgrund aktueller Infektionszahlen Wiens Bürgermeister Michael Ludwig. Wien behält anders als der Bund vorläufig die 2-G-Regel in der Gastronomie bei und will weiter auf kostenlose Tests setzen – mehr dazu in wien.ORF.at.

Opposition mit Kritik

Kritisch fielen die Reaktionen der Oppositionsparteien SPÖ und NEOS aus. Während es für NEOS zu spät kommt, sprach sich die SPÖ für ein vorsichtiges Vorgehen aus. SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher forderte, die Evidenzgrundlage der Regierungsentscheidungen transparent zu machen. Er sprach sich für ein vorsichtiges, evidenzbasiertes Vorgehen sowie Öffnungen nur mit Maß und Ziel aus. Die Pandemie sei noch nicht vorbei. Man müsse nun einen sicheren Herbst vorbereiten – vor allem durch die Erhöhung der Impfquote.

Für NEOS-Pandemiesprecher Gerald Loacker sind die Lockerungen „längst überfällig“. Die Impfung habe eine Überfüllung der Intensivstationen verhindert. „Unsere Freiheit ist ein Grundrecht und kein Geschenk der Regierung“, sagte er in einer Aussendung. Kritik äußerte er an den Öffnungsterminen: Dass die Sperrstunde noch zwei Wochen verlängert werde und dass man die Maske zwar im Supermarkt, nicht aber in Einkaufszentren tragen müsse, ist für ihn nicht nachvollziehbar.

FPÖ-Chef Herbert Kickl warf der Regierung eine „Flucht nach vorne“ vor. Die geplanten Lockerungen ab März sind nach dessen Ansicht ein Ablenkungsmanöver hinsichtlich der Korruptionsvorwürfe gegen ÖVP-Politiker. MFG-Bundesobmann Michael Brunner forderte die Aufhebung der Impfpflicht und aller Maßnahmen sowie einen CoV-Untersuchungsausschuss.

Wolfgang Mückstein (Grüne) und Karl Nehammer (ÖVP)
APA/Georg Hochmuth
Die Regierung kündigte für den 5. März weitreichende Lockerungen an

Nachtgastro, Hoteliers und Handel jubeln

Mit 5. März darf die Nachtgastro ohne Sperrstunde und ohne Maskenpflicht nach genau zwei Jahren wieder öffnen. Es gilt – mit Ausnahme Wien – nur die 3-G-Regel. Die Nachtgastro jubelt. „Es ist ganz wichtig, dass wir gleich wie die Tagesgastronomie behandelt werden, dass die Gäste ohne Maske kommen können“, freute sich Nachtgastrosprecher Stefan Ratzenberger im APA-Gespräch über die bundesweite Regelung.

Auch bei den Hoteliers und im Handel herrscht Aufbruchsstimmung. Walter Veit, Präsident der Hoteliervereinigung, hofft für den österreichischen Tourismus auf „das größte Comeback seit Lazarus“. Vorerst sei man wirtschaftlich aber „noch nicht über den Berg, da haben wir noch ein paar Herausforderungen abzuarbeiten, das darf man noch nicht abhaken“. Für Susanne Kraus-Winkler, Obfrau des Fachverbandes Hotellerie, und Gregor Kadanka, Obmann des Fachverbandes der Reisebüros in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), ist der heute angekündigte Stufenplan „ein wichtiger Schritt in Richtung Freiheit und Hoffnung auf Normalität“.

Vor allem für die Stadthotellerie und für die Reise- und Veranstalterbranche sei die Erleichterung der Einreisebestimmungen von 2-G auf 3-G von großer Bedeutung, sagte Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Für WKO-Präsident Harald Mahrer bedeutet „die Abschaffung aller nicht mehr notwendigen Maßnahmen im Frühjahr eine Entlastung der Betriebe und der Menschen und damit maximale Freiheit im Alltag“. WKO-Generalsekretär Karlheinz Kopf verwies darauf, dass viele Länder mit vergleichbaren Entwicklungen seit Wochen sukzessive CoV-Maßnahmen zurückgenommen hätten.

Forderung zu Wirtschaftshilfen und Kurzarbeit

Im Gepäck hatte der Branchenvertreter auch eine Forderung: „Es ist wichtig, die Wirtschaftshilfen und die Kurzarbeit über deren Ablauf am 31. März 2022 hinaus auf zumindest sechs weitere Monate auszudehnen.“ Anderenfalls drohe jetzt erst recht ein „Nachtgastronomie-Sterben“. Denn man werde nicht – im Wortsinn über Nacht – an die alte, gewohnte Geschäftsgröße anschließen können.

Auch der Handel begrüßt das Ende der G-Regeln ab 5. März als „lebensnotwendigen“ Schritt. „Damit werden weitere Milliardenschäden abgewendet und viele Jobs gesichert“, sagte Geschäftsführer Rainer Will laut Mitteilung. An den Wiener Bürgermeister appellierte Will, keinen Sonderweg zu gehen. „Ein Alleingang einzelner Länder würde ansonsten manche Standorte massiv benachteiligen und zu Wettbewerbsnachteilen führen“, warnte Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer.

Für Erleichterung sorgt das Wegfallen der 3-G-Regel ab 5. März auch im Gewerbe und Handwerk. „Wir begrüßen sehr, dass nun auch die Beschränkungen für das Veranstaltungswesen, die Gastronomie und die Hotellerie fallen werden. Denn damit wird Aufbruchsstimmung endlich auch für jene Zehntausenden Zulieferbetriebe möglich, die sehr unter Beschränkungen ihrer Kunden mitgelitten haben“, sagte Spartenobfrau Renate Scheichelbauer-Schuster.

ÖGARI-Präsident mit „gemischten Gefühlen“

„Gemischte Gefühle“ hegt der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI), Walter Hasibeder: „Man hätte besser einen deutlichen Rückgang und einen klar sinkenden Trend bei den Neuinfektionen abgewartet.“ Und: „Wer von jenen, die auf ein sehr rasches Fallenlassen von Schutzmaßnahmen und ein Abrücken von der Impfpflicht drängen, wird die Verantwortung für die Konsequenzen übernehmen, wenn im Herbst die Dinge nicht laufen wie gewünscht“, fragte Hasibeder.

Dass Geimpfte und Genesene nun für den Besuch in Alters- und Pflegeheimen keinen PCR-Test mehr brauchen (ab 19. Februar ist zusätzlich ein PCR- oder Antigentest notwendig), erfreute die Präsidentin des ÖVP-Seniorenbundes Ingrid Korosec.