PCR-Teströhrchen im Labor
APA/AFP/Alex Halada
Neue Teststrategie

Offene Fragen und Warnungen

Geht es nach der Regierung, soll sich Österreichs CoV-Teststrategie ab April grundlegend ändern. Das „ungerichtete Testen, insbesondere von vollimmunisierten Menschen“, müsse hinterfragt werden, sagte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne). Zum künftigen Testsystem sind viele Fragen offen. Die Laborbetreiber drängen auf eine rasche Entscheidung – und warnen vor Problemen im Herbst.

Bis zum 31. März bleiben die CoV-Tests für die breite Bevölkerung gratis. Danach soll die Teststrategie auf „die neuen Notwendigkeiten des Infektionsgeschehens adaptiert“ werden, wie Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sagte. Der Kanzler argumentierte mit den Kosten: Laut Finanzministerium wurden bisher 2,6 Mrd. Euro für Tests ausgegeben, dem gegenüber stehen 340 Mio. für die Impfstoffbeschaffung (die Kosten für den Betrieb der Impfstraßen sind nicht eingerechnet).

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) bekräftigte am Donnerstag die Linie der Regierung: Mit der Öffnung am 5. März „braucht es auch keine Gratistests mehr“, sagte er gegenüber ATV. „Die Bundesregierung hat beschlossen, mit Anfang März wirklich ganz aufzumachen“, so der Finanzminister, „und deswegen glaube ich schon, dass man das intensiv diskutieren darf. Auch dass diese Gratistests der Vergangenheit angehören.“

„Gezieltes Testen hat Sinn“

Mit der Ausarbeitung der neuen Strategie hat die Regierung die gesamtstaatliche Covid-Krisenkoordination (GECKO) beauftragt. Einen Zeitrahmen, bis wann diese stehen soll, wurde noch nicht bekanntgegeben. Fachleute wie der Epidemiologe Gerald Gartlehner hatten in der Vergangenheit das Fehlen einer Teststrategie bemängelt. „Omikron hat uns gelehrt: Gezieltes Testen hat Sinn“, sagte auch Gesundheitsminister Mückstein.

Das „ungerichtete Testen, insbesondere von vollimmunisierten Menschen“, müsse hinterfragt werden. Um das Pandemiegeschehen weiter im Detail beobachten zu können, soll der Fokus laut Mückstein auf das Abwassermonitoring gelegt werden.

Eine zentrale Frage lautet, wer Anspruch auf kostenlose Tests haben soll. Für das Personal sowie Besucherinnen und Besucher von Krankenanstalten, Alters- und Pflegeheimen soll das regelmäßige Testen Mückstein zufolge weiter gelten. Ob die Tests für diese Personen gratis bleiben, muss noch ausgearbeitet werden.

Sozialversicherung: Ungeimpfte sollen mehr bezahlen

Eine weitere Frage ist, ob Geimpfte und Ungeimpfte gleich viel für Tests bezahlen müssen. Peter Lehner vom Dachverband der Sozialversicherungsträger schlug am Donnerstag gegenüber Ö1 für unterschiedliche Preise je nach Immunisierungsstatus vor. Geimpften sollte eine „Gebühr oder eine Rezeptgebühr von 6,65 Euro verrechnet werden – und für Ungeimpfte der volle Preis für diese PCR-Tests; das liegt in etwa zwischen 50 und 60 Euro“, sagte Lehner.

Mückstein zu Öffnungen, Impfpflicht und Tests

Gesundheitsminister Mückstein (Grüne) geht davon aus, dass Nichtgeimpfte ab Mitte März 2022 gestraft werden. Ob Türkis-Grün den Österreichern eine vierte Injektion gegen das Coronavirus für eine eventuelle Welle im Herbst vorschreibt, werde auf Basis von Einschätzungen von „Expertinnen und Experten“ entschieden.

Der Mikrobiologe Michael Wagner betonte auf Twitter die soziale Dimension des niederschwelligen Zugangs zu Tests: Die Wissenschaft habe gezeigt, dass auch geboosterte, symptomfreie Personen SARS-CoV-2 übertragen können. Wenn diese etwa „mit einer vulnerablen Person zusammenwohnen, macht regelmäßiges Testen viel Sinn. Macht man Testen kostenpflichtig, dann wird Schutz sozial selektiv“, schrieb Wagner.

In der ZIB2 auf die voraussichtlichen Preise für einen Test angesprochen, sagte Mückstein am Mittwoch, das sei eine Sache der Testanbieter. Tests von symptomatischen Patienten bzw. behördliche Tests würden jedenfalls gratis bleiben. Diese benötige man, um die epidemiologische Lage zu bewerten. Angesprochen auf eine unterschiedliche Preisgestaltung für Geimpfte und Ungeimpfte sagte Mückstein: „Ich glaube aber nicht, dass wir hier unterscheiden werden.“

Wien: Ende von „Alles gurgelt!“

Die meisten Landeshauptleute befürworten ein Ende der Gratistests. Nicht so Wien: Sollte der Bund die Gratistests einstellen, würde dies auch das Aus für „Alles gurgelt!“ bedeuten, sagte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Das System aus der Stadtkasse zu zahlen sei „völlig undenkbar“, sagte Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ).

„Alles, was wir tun, unterliegt dem Kommando des Gesundheitsministers.“ Man sei ständig in Abstimmung mit dem Bund und immer in der mittelbaren Bundesverwaltung. „Wir hätten nicht die Kompetenz dazu, ich könnte es dem Rechnungshof gar nicht erklären“ – mehr dazu in wien.ORF.at.

Laborbetreiber drängen zur Eile

Die Labore, die die Tests auswerten, rechnen mit einem deutlichen Personalabbau, sollten die Gratistests eingestellt werden. Von den derzeit 1.600 Beschäftigten könnten in diesem Fall nur „maximal“ 200 gehalten werden, sagte Michael Havel, Leiter der Großlabors Lifebrain, das die Wiener Gurgeltests auswertet.

Spätestens im März brauche es eine klare Strategie, wie es im Herbst weitergehen soll, so Havel. Sollte es ein deutliches Signal geben, dass im Herbst wieder mehr Kapazitäten gebraucht werden, werde man versuchen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über den Sommer zu binden. „So viele gut ausgebildete Leute zu finden, ist wirklich schwer. Wenn man jetzt alle abbaut und im September sagt, man muss alles wieder aufbauen, ist das schon extrem schwierig“, so Havel zu Ö1.

Die Verträge des Großlabors mit der Stadt Wien können kurzfristig aufgelöst werden. „Die können das innerhalb von sechs Wochen kündigen“, sagte Havel der APA. Auch das Salzburger Unternehmen Novogenia betonte gegenüber Ö1, ein Konzept für den Herbst sei dringend notwendig. Die Kärntner Firma Toredo, die im Bundesland 16 Teststraßen betreibt, will seine 40 Beschäftigten indes behalten. „Natürlich wird sich die Zahl der PCR-Tests dezimieren. Jeder in der Branche sollte eigentlich darauf eingestellt sein, dass der Tag einmal kommt“, sagte Geschäftsführer Sebastian Guntschnig – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Künftig soll Verordnung Screenings regeln

Im Gesundheitsausschuss wurde unterdessen am Donnerstag eine Novellierung des Epidemiegesetzes beschlossen. Der Gesundheitsminister soll in Zukunft per Verordnung festlegen können, zu welchen Zwecken, mit welchen Testmethoden und in welcher Häufigkeit Screeningprogramme auf Kosten des Bundes durchgeführt werden. Er hat dafür das Einvernehmen mit dem Finanzminister herzustellen.