Aufräumarbeiten in Sachsen-Anhalt
picturedesk.com/dpa/Matthias Bein
Europa

Sturmtief fordert mehrere Menschenleben

Bei dem Sturmtief in Europa sind am Donnerstag mehrere Menschen ums Leben gekommen. In Polen starben mindestens drei Personen, in Deutschland wurden zwei Autofahrer von umstürzenden Bäumen erschlagen. In Großbritannien wurde angesichts eines über den Atlantik heranziehenden Sturms die seltene Alarmstufe „Rot“ ausgerufen. In Österreich mussten Tausende Feuerwehrleute ausrücken.

In Polen beschädigte der Sturm mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 125 km/h etwa 500 Häuser schwer, indem er vor allem Dächer abriss. Hunderte Bäume stürzten um. In 324.000 Haushalten im ganzen Land fiel der Strom aus. Zwei Arbeiter starben und zwei weitere wurden verletzt, als der Sturm auf einer Baustelle in Krakau einen Kran umwarf. Ein weiterer Mann wurde im Westen Polens von einem Baum erschlagen, der auf sein Auto stürzte.

In Deutschland führte das Orkantief „Ylenia“ zu großflächigen Störungen im Bahnverkehr, in Niedersachsen wurde ein Mann in seinem Auto von einem umstürzenden Baum erschlagen. Ebenfalls durch einen umgestürzten Baum kam ein weiterer Mann in Sachsen-Anhalt ums Leben. Der Sturm führte in Deutschland außerdem zu großflächigen Störungen des Zugsverkehrs.

Zugsverkehr vielerorts in Deutschland eingestellt

Die Deutsche Bahn (DB) stellte den Fernverkehr in der Nordhälfte aus Sicherheitsgründen ein, auch der Nah- und Regionalverkehr waren betroffen. Ebenso einzelne Fernverbindungen weiter im Süden, etwa eine EC-Verbindung zwischen München und Salzburg. Wegen des Unwetters waren die Feuerwehren im Dauereinsatz.

Zerstörung nach Sturm in Berlin
AP/Hannibal Hanschke
In Berlin stürzten Gebäudeteile herab

Das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen ordnete einen landesweiten Schulausfall für Donnerstag an. Die Regierung rief auch Eltern von Kindergartenkindern auf, ihren Nachwuchs zu Hause zu lassen. Das Bundesland Bremen stellte für Donnerstag auf digitalen Fernunterricht um, auch Kommunen in Niedersachsen sagten wegen des Sturms den Unterricht ab. Mehrere Bundesländer stellten Eltern die Entscheidung frei.

Auf „Ylenia“ folgt „Zeynep“

Wegen „Ylenia“ galten Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdiensts (DWD) und der Katastrophenschutzbehörden, insbesondere in der Nord- und Osthälfte Deutschlands. Die Bevölkerung wurde vor allem vor Gefahren durch umstürzende Bäume und umherfliegende Gegenstände gewarnt. In der Nacht registrierte der DWD nach eigenen Angaben Windgeschwindigkeiten von mehr als 100 km/h, auf exponierten Berggipfeln wie dem Brocken im Harz auch deutlich mehr.

Deutschland: Überflutungen und Schäden nach Sturmtief

Ein heftiges Sturmtief hat Deutschland erreicht und bereits für zahlreiche Schäden gesorgt. Windspitzen von mehr als 150 km/h wurden gemessen. Das Tief „Ylenia“ traf zuerst vor allem den Norden und Osten des Landes. In Hamburg wurde der Hamburger Fischmarkt von einer Sturmflut überschwemmt.

Im Laufe des Donnerstags ließ der Sturm größtenteils nach, für die meisten Gebiete wurden die Unwetterwarnungen nach und nach wieder zurückgenommen. „Ylenia“ ist zugleich aber nur das erste von zwei dicht aufeinanderfolgenden Orkantiefs, die Deutschland betreffen werden. Laut DWD wird nach einer zwischenzeitlichen Wetterberuhigung ab Freitagnachmittag „Zeynep“ ebenfalls mit starkem Sturm erwartet.

Etliche Länder Europas betroffen

Auch in Tschechien gab es enorme Verkehrsbehinderungen durch den Sturm. Mehr als 300.000 Haushalte waren ohne Strom. In den Niederlanden gab es ebenfalls Verkehrsbehinderungen, zahlreiche Verbindungen bei der Bahn wurden abgesagt. Ein Ende der Böen ist in manchen Ländern noch nicht absehbar.

In Großbritannien etwa bestehe Lebensgefahr, erklärte der britische Wetterdienst. „Eunice“ werde am Freitag mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 160 km/h die britische Küste erreichen. Besonders betroffen sein werden den Vorhersagen zufolge Cornwall, die englische Südwestküste und der Süden von Wales – für all diese Regionen wurde die Warnstufe „Rot“ ausgegeben. Laut Wetterdienst wird „extrem starker Wind“ erwartet. Es drohten „gefährliche Zustände“, unter anderem könnten Hausdächer abgedeckt, Bäume entwurzelt und Stromleitungen zerstört werden.

Strum am Strand von Cornwall
Reuters/Tom Nicholson
Im britischen Cornwall gab es am Donnerstag besonders hohen Wellengang

Die britische Regierung berief ein Krisentreffen ihres Notfallkomitees ein. Dabei sollte es auch um die Folgen des Sturmtiefs gehen, das am Mittwoch in Schottland und im Norden von England für weitreichende Stromausfälle gesorgt hatte. Auch in Irland warnten die Behörden wegen „Eunice“ vor „schwerem und Schäden verursachendem Wind“. Von dem britischen Sturmtief wird Österreich laut ORF-Wetter nicht betroffen sein.

Hauptsächlich Sachschäden in Österreich

In Österreich machte sich der Sturm seit Donnerstagfrüh vor allem in Ober- und Niederösterreich sowie im Norden Salzburgs und in Wien bemerkbar. Er zog hier mit Orkanstärke von 120 km/h und mehr über die Bundesländer. Bei der Jubiläumswarte in Wien wurden 126 km/h gemessen, auf dem Feuerkogel in Oberösterreich mehr als 165 km/h.

In Tulbin landete ein Baum auf einem parkenden Auto
BFK Tulln/F. Öllerer/FF Tulbing
Auch in Österreich stürzten Bäume auf Autos, doch blieb es glücklicherweise bei Sachschäden

Insbesondere in Oberösterreich war die Feuerwehr vor allem aufgrund umgestürzter Bäume seit den frühen Morgenstunden im Dauereinsatz. Über 160 freiwillige Feuerwehren mit 2.400 Mitgliedern standen laut Landesfeuerwehrkommando bereit – mehr dazu in ooe.ORF.at. Zwischenzeitlich waren aufgrund umgestürzter Bäume über 20.000 Haushalte ohne Strom.

Umgekippter Lkw-Anhänger blockierte A2

In Salzburg erreichte der Sturm am Nachmittag seinen Höhepunkt. Betroffen waren vor allem der Flachgau, die Stadt Salzburg und der Tennengau. Es mussten vor allem umgestürzte Bäume beseitigt werden. Der Sturm wirkte sich auch auf den Liftbetrieb aus – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Bei Sturm ist ein Lkw umgekippt
APA/Feuerwehr Wiener Neudorf
In Niederösterreich kippte ein Lkw-Anhänger auf der Südautobahn um

In Niederösterreich waren am Donnerstag mehr als 2.000 Feuerwehrleute im Einsatz. Ein umgekippter Lkw-Anhänger blockierte die Südautobahn (A2) bei der Anschlussstelle Industriezentrum NÖ-Süd. Die Richtungsfahrbahn Graz war gesperrt – mehr dazu in noe.ORF.at.

ZAMG: Besonders windiger Winter

„Der subjektive Eindruck eines sehr windigen Winters ist richtig“, sagte ZAMG-Klimatologe Alexander Orlik. Zum Beispiel bringe ein durchschnittlicher Winter auf der Hohen Warte in Wien fünf Tage mit Windspitzen von mindestens 80 km/h – in diesem Winter gab es in Wien bereits zehn stürmische Tage. Mehr stürmische Tage gab es in der Bundeshauptstadt zuletzt vor 15 Jahren, im Winter 2006/07 (damals 13 Tage mit mindestens 80 km/h). Der Winterrekord liegt für die Wetterstation Wien Hohe Warte bei 21 Tagen mit mindestens 80 km/h, das war im Winter 1975/76.

Die Land- und Forstbetriebe warnten in einer Aussendung vor Waldbesuchen. „Gerade im Winter brechen Äste oder ganze Bäume besonders leicht unter dem Einfluss von Schnee, Sturm und Unwetter. Daher warnen wir bei entsprechenden Wettervorhersagen eindringlich vor Besuchen im Wald. Dabei geht es um den eigenen Schutz, aber auch um die Vermeidung von Rettungseinsätzen“, sagte Felix Montecuccoli, Präsident der Land- und Forstbetriebe Österreich.

Sturmschaden Petzenkirchen
Stamberg
Wälder sollte man meiden, warnen die Land- und Forstbetriebe

Auch nach dem Unwetter ist erhöhte Vorsicht geboten, da abgebrochene Äste in den Baumkronen hängen und oft ohne Vorwarnung zu Boden stürzen können. Entstandene Schäden werden in den nächsten Tagen beseitigt. Dafür sind Sperren von Forststraßen und Wegen notwendig, die durch Schilder gekennzeichnet sind und die Waldbesucher unbedingt beachten sollen. „Diese Hinweise sind unbedingt einzuhalten, denn dort ist selbst für die ausgebildeten Forstarbeiter höchste Vorsicht notwendig. Wenn hier noch fremde Menschen dazukommen, besteht Lebensgefahr“, warnte Montecuccoli.

22,1 Grad in Graz gemessen

Außergewöhnlich waren am Donnerstag auch die hohen Temperaturen. In Niederösterreich, Wien und dem Burgenland wurden stellenweise um die 20 Grad erreicht und brachten damit laut ORF-Wetterredaktion den bisher wärmsten Tag des Jahres. Es war damit um 15 Grad wärmer als normalerweise im Februar.

In Eisenstadt wurden 21,1 Grad gemessen – ein neuer Februar-Rekord. Der höchste Wert wurde an der ZAMG-Wetterstation Graz-Straßgang mit 22,1 Grad gemessen. In der Nacht auf Freitag soll der Sturm überall in Österreich abklingen. Sehr wechselhaftes, windiges und mildes Wetter wird auch über das Wochenende zu erwarten sein.