Ein Mädchen blickt hinter einer Decke auf eine Smartphone
Getty Images/ljubaphoto
Hilfe für die Psyche

Neues Projekt für Kinder und Jugendliche

Die CoV-Krise hat deutliche Spuren in der Psyche von Kindern und Jugendlichen hinterlassen. Ein am Freitag von der Regierung vorgestelltes Projekt soll den Jungen den Zugang zu psychosozialen Hilfsangeboten erleichtern. Für Hilfesuchende wird eine zentrale Anlaufstelle geschaffen.

Mehr als die Hälfte der jungen Menschen in Österreich kämpft mit depressiven Symptomen, sechs von zehn haben Essstörungen, 47 Prozent leiden unter Schlafstörungen, 16 Prozent haben wiederholt Suizidgedanken. Das berichtete Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) am Freitag bei einer Pressekonferenz.

Bereits vorigen Sommer gab der Ministerrat 13 Mio. Euro für die psychosoziale Versorgung von Kindern und Jugendlichen zur Bewältigung der psychischen Folgen der Pandemie frei. 12,2 Millionen Euro davon gehen an das Projekt „Gesund aus der Krise“, 800.000 Euro an die Arbeitsgemeinschaft Frauengesundheitszentren, „damit die psychologische und psychotherapeutische Behandlung für Mädchen und junge Frauen verbessert wird“, wie Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) sagte.

Hotline als zentrale Anlaufstelle

„Man kann mit Recht sagen: Es brennt an allen Ecken und Enden“, so Plakolm. „Mit dem Paket beginnen wir an einem Ende zu löschen, nämlich konkret im Bereich des Zugangs zur Psychotherapie für junge Menschen bis 21 Jahre, indem wir einen One-Stop-Shop schaffen, der von der Erstberatung bis zur tatsächlichen Therapie jungen Menschen hilft.“

Beate Wimmer-Puchinger (Berufsverband österr. PsychologInnen), Sozial- und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein, Staatssekretärin Claudia Plakolm, Bildungsminister Martin Polaschek und Peter Stippl (österreichishcer Bundesverband für Psychotherapie) im Rahmen einer PK
APA/Roland Schlager
Politik und Fachleute stellten das Projekt „Gesund aus der Krise“ am Freitag vor

Diese müssten sich weder selbst um einen Therapieplatz umschauen noch um Kostenerstattung kümmern, Hilfe soll schnell und unkompliziert erfolgen. Es werde eine einzige Hotline geben, von der man an die Beratungs- und Behandlungsstellen weiterverwiesen wird, ergänzte Mückstein.

Die Pandemie und deren Bekämpfung hätten zu einer „zusätzlichen Belastung von Kindern und Jugendlichen in einer wichtigen Entwicklungsphase geführt“, sagte Mückstein. Man habe deutlich gesehen, dass bestehende Hilfsangebote angesichts dieser Faktoren mehr als nur ausgereizt sind.

Plätze für 7.500 junge Menschen

In die Abwicklung werden der Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP) und der Berufsverband österreichischer Psychologinnen und Psychologen (BÖP) eingebunden. Die beiden Verbände sollen die Anlaufstelle einrichten. Die entsprechende Telefonnummer werde noch der Öffentlichkeit kommuniziert, teilte der BÖP gegenüber ORF.at mit.

Laut BÖP-Präsidentin Beate Wimmer-Puchinger sollen in einem ersten Schritt Plätze für 7.500 junge Betroffene bis zu einem Alter von 22 Jahren geschaffen werden – und zwar in einem Ausmaß von 15-plus-Stunden in Einzel- und Gruppentherapie, flächendeckend in ganz Österreich sowie von Experten unter Qualitätssicherung durchgeführt. Gestartet werde Ende März.

Leichtere psychosoziale Hilfe für Kinder und Jugendliche

Die CoV-Krise hat deutliche Spuren in der Psyche von Kindern und Jugendlichen hinterlassen. Ein von der Regierung vorgestelltes Projekt soll Menschen bis 21 Jahre den Zugang zu Therapieangeboten erleichtern. Für Hilfesuchende wird eine zentrale Anlaufstelle geschaffen.

Der BÖP agiert laut Wimmer-Puchinger als Service- und Ansprechstelle für das ganze Netzwerk der Kinderpsychiaterinnen und -psychiater, Jugendeinrichtungen, Schulpsychologie, aber auch für Einzelpersonen. Die Betroffenen erhalten danach einen Behandlungsgutschein. Mit Start des Projekts sei ein erster Schritt getan, sagte Plakolm, „wir werden aber auch im Bereich der Prävention Maßnahmen setzen müssen“.

Hilfe durch Schulpsychologinnen und -psychologen

Beim Identifizieren von Kindern und Jugendlichen, die psychisch stark belastet sind, sollen auch Schulpsychologinnen und Schulpsychologen helfen, sagte ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek. „Alle Schülerinnen und Schüler, die Hilfe benötigen, sollen sie auch bekommen“, sagte Polaschek.

ÖBVP-Präsident Peter Stippl lieferte eine Erklärung, warum es den Kindern und Jugendlichen durch die Pandemie so viel schlechter geht als Älteren: Die Vorfreude auf so viele Aktivitäten wie Maturafeier, Skikurs, Sportwoche und Schulfest sei oft enttäuscht worden. „Belohnung als Schmiermittel ist für sie viel wichtiger als uns.“

„Tropfen auf den heißen Sein“

Die Bundesjugendvertretung (BJV) begrüßte, dass junge Menschen mit den geplanten Maßnahmen rasch unterstützt werden sollen, verwies aber auf den deutlich höheren Bedarf an solchen Angeboten: "Dass Kinder und Jugendliche in Krisensituationen monatelang auf ein Erstgespräch warten müssen oder Minderjährige in der Erwachsenenpsychiatrie betreut werden, gehört leider schon lange zur Tagesordnung. Das heute von der Regierung präsentierte Projekt ist daher ein wichtiger Schritt, aber lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein“, so BJV-Vorsitzende Fiona Herzog.

Das „Grundkonzept“ des Projekts sei zu begrüßen, sagte auch Christian Moser, Geschäftsführer von SOS-Kinderdorf. „Doch angesichts der immensen psychischen Belastungen, die Kinder und Jugendliche in den letzten Jahren erlitten haben, bleiben die Maßnahmen ein Tropfen auf den heißen Stein.“

Opposition mit Kritik

Die SPÖ kritisierte, dass im Bereich des Umgangs mit der psychischen Gesundheit junger Menschen erste Schritte erst nach zwei Jahren Pandemie gemacht werden. „Man stelle sich vor, Wirtschaftshilfen wären erst zwei Jahre nach Beginn der Pandemie ausgeschüttet worden. Das zeigt den Stellenwert, den Kinder und Jugendliche in dieser Bundesregierung leider einnehmen“, so Kinder- und Jugendsprecherin Eva-Maria Holzleitner. Zudem forderte die SPÖ mehr Geld für Kinder- und Jugendpsychiatrien.

Psyche: Neues Projekt für junge Menschen

Die CoV-Krise hat drastische Folgen für Kinder und Jugendliche. Das psychosoziale Angebot soll nun um 13 Mio. Euro ausgebaut werden.

Für FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz kommen die Maßnahmen deutlich zu spät. Zudem hätten die „überschießenden und falschen“ CoV-Maßnahmen der türkis-grünen Regierung „einen erheblichen Anteil daran“, dass sich die psychische Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen in den vergangenen beiden Jahren so dramatisch verschlechtert habe. „Auch das heute präsentierte Ausbauangebot für Hilfe und psychische Therapie kann diesen Umstand nicht wettmachen“, so Schnedlitz.

„Die psychische Gesundheit, vor allem jene der Kinder und Jugendlichen, wurde viel zu lange vernachlässigt“, sagte NEOS-Jugendsprecher Yannick Shetty. Darum sei es gut, dass die Bundesregierung nach zwei Jahren Pandemie „endlich“ erkenne, dass sie etwas tun muss. Leider agiere sie viel zu wenig ambitioniert, meinte Shetty: „Psychische Gesundheit darf kein einmaliges Förderprojekt, sondern muss ein integrierter Bestandteil unseres Verständnisses von Gesundheit sein.“

Diakonie: Therapieplätze für Kinder ausbauen

Deutlich mehr Geld – insgesamt eine Mrd. Euro – für den Ausbau von Therapieplätzen für Kinder hatte am Donnerstag die Diakonie gefordert. Zehntausende Kinder würden derzeit nicht die notwendige Therapie erhalten, so Direktorin Maria Katharina Moser. Deshalb sei der Ausbau von kassenfinanzierten Therapieplätzen und psychosozialen Notdiensten – auch außerhalb der Ballungszentren – notwendig – mehr dazu in religion.ORF.at.