geschmolzene Schneeflächen auf Wiese
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Auch Februar zu warm

Ein Winter ohne Kältewelle

22 Grad wurden diese Woche gemessen, der Februar präsentierte sich bisher so warm wie ein März. Zu mild war fast der ganze Winter, dazu überaus windig und in den Niederungen auch schneearm. Aber das ganze Land lässt sich nicht über einen Kamm scheren.

Eisig kalte Winter gehören der Vergangenheit an, so scheint es. Der Winter 2021/22 reiht sich unter die zehn wärmsten der 255-jährigen Messgeschichte Österreichs ein. Ende Februar zieht die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) Bilanz, dann steht die genaue Platzierung fest.

Eine richtige Kältewelle ist im Dezember, Jänner und Februar ausgeblieben, dafür gab es einige ungewöhnliche Warmlufteinbrüche. So wie auch diese Woche: Am Donnerstag wurden die höchsten Temperaturen des gesamten Winters gemessen: 22,1 in Graz-Strassgang und 21,9 Grad in Deutschlandsberg. Mit 21,1 Grad hat Eisenstadt seinen Februar-Rekord eingestellt.

Es bleibt mild

So warm verlaufen die nächsten Tage zwar nicht, ein Rückfall in den Winter ist aber in den Niederungen auch nicht zu sehen. Es bleibt nächste Woche (zu) mild, die höchsten Temperaturen pendeln in tiefen Lagen um zehn Grad. Für das Bergland und damit für die Skigebiete zeichnet sich aber Neuschnee ab. Außerdem bleibt der Wind ein großes Thema, zeitweise ist es stürmisch.

Ganz abschreiben sollte man den Winter aber trotzdem noch nicht, denn Schnee ist selbst im Flachland auch noch im März, ja selbst Anfang April denkbar, wenn auch mit jeder Woche weniger wahrscheinlicher.

Winter bis zu drei Grad zu warm

Noch vor wenigen Jahrzehnten wäre ein Winter dieser Kategorie ein absoluter Ausreißer gewesen, mittlerweile stellt er das neue Normal dar. Der Einfluss der Klimakrise war unübersehbar. Die Temperaturen lagen in den Niederungen meist zwei bis drei Grad über den langjährigen Mittelwerten.

Der Nebeneffekt: Heizen mussten wir weniger als in früheren Wintern, was angesichts der gestiegenen Energiepreise vielen nicht unrecht gewesen sein dürfte. Und auch die Winterdienste in den meisten Städten hatten weniger zu tun als früher, Schnee war in tiefen Lagen fast eine Eintagsfliege. Auch die ASFINAG bestätigt auf Nachfrage, dass der Streumitteleinsatz auf Autobahnen und Schnellstraßen geringer war als üblich.

Schnee in tiefen Lagen die Ausnahme

Erst vor wenigen Wochen hat die ZAMG eine Klimastudie veröffentlicht, wonach die Schneebedeckung bis 2100 in den tiefen Lagen in Österreich auf zwei bis acht Tage im Jahr zurückgeht, je nach Klimaschutzmaßnamen – mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Diese fern scheinende Zukunft war schon in diesem Winter die Gegenwart in manchen Landesteilen. In Graz gab es nur acht Tage mit einer Schneedecke über einem Zentimeter, alle davon in der ersten Dezember-Hälfte, Linz kam auf sieben Tage, und St. Pölten war lediglich an fünf Tage weiß. Im Zeitraum 1961 bis 1990, der noch weniger von der Klimakrise betroffen war, war St. Pölten noch im Schnitt 39 Tage pro Winter schneebedeckt.

Nur Anfang Dezember war es überall weiß

Dabei hatte der Winter verheißungsvoll begonnen, Anfang Dezember war ganz Österreich mit Schnee bedeckt. In Wien wurde mit 15 Zentimetern die höchste Schneehöhe seit acht Jahren gemessen. Im weiteren Verlauf des Winters kam im Flachland fast kein Schnee mehr nach.

Innsbruck war früher eine Bank für Schnee, in diesem Winter aber auch nicht. Zwar lag an immerhin 21 Tagen eine dünne Schneedecke, zwischen 1961 und 1990 waren es im Schnitt aber 59 Tage. Auch die gefallene Schneemenge war mit bisher 23 Zentimetern enttäuschend wenig und gerade einmal ein Drittel der normalen Menge. Zwar hat es auf den Bergen rund um Innsbruck viel geschneit, durch die höheren Temperaturen ist der meiste Niederschlag im Tal aber als Regen gefallen. Durch den Klimawandel befindet sich auch das Inntal immer öfter in einer „Kampfzone“ zwischen Regen und Schnee, wobei der Regen ganz klar überhandnimmt.

Menschen gehen entlang Fluss spazieren
ORF.at/Georg Hummer
In niedrigen Lagen gab es heuer nur selten Gelegenheit für Spaziergänge im Schnee

Kärnten ist anders

Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel. Vor allem Kärnten hat sich dem Trend in diesem Winter widersetzt und sein eigenes Süppchen bzw. Mikroklima gekocht. Klagenfurt war von Ende November bis Anfang Februar durchgehend schneebedeckt, über 70 Tage lang und damit sogar länger als im langjährigen Schnitt.

Das hat mehrere Gründe. Klagenfurt hat Anfang Dezember mit über 30 Zentimetern gleich sehr viel Schnee bekommen. Dann passierte wochenlang nichts, es gab ruhiges Hochdruckwetter mit viel Nebel und wenig Sonne. Auf den umliegenden Bergen war es zwar relativ mild, im Klagenfurter Becken konnte sich aber kalte Luft sammeln. Der Schnee wurde durch diese Inversionswetterlage konserviert. Anfang Jänner kam die nächste Ladung Schnee, danach war es wieder wochenlang trocken.

28 Tage lang kam die Temperatur in Klagenfurt im Dezember und Jänner nicht ins Plus. Das entspricht einem normalen Winter. In allen anderen Landeshauptstädten konnte man diese Eistage an nur einer Hand abzählen. Salzburg erlebte gerade einmal einen. Normal wären in Salzburg 19 Eistage pro Jahr (Vergleichszeitraum 1991 bis 2020), 25 waren es von 1961 bis 1990. Auch diese Statistik zeigt ganz deutlich, dass sich das Klima erwärmt.

Ein Jahreswechsel der Rekorde

Auch vom Weihnachtstauwetter und dem extrem warmen Jahreswechsel wurde Kärnten nur gestreift. Anders als etwa Vorarlberg. Ein halber Meter Schnee lag am Heiligen Abend noch in Sulzberg im Bregenzerwald, zu Neujahr waren nur noch Spuren übrig. Die Pisten in den Skigebieten haben gelitten, im Waldviertel sind sogar ganze Loipen verschwunden.

Im Großteil Österreichs waren diese Tage ein Fall für die Geschichtsbücher, denn eine Vielzahl von Temperaturrekorden wurde gebrochen. Von 30. Dezember bis inklusive 4. Jänner wurden an den Wetterstationen der ZAMG jeden Tag über 15 Grad in Österreich gemessen. Und nicht nur bei Tag: Selbst in der Silvesternacht hatte es in Wien noch nie da gewesene 15 Grad, in Wiener Neustadt sogar 16 Grad. Die „Hitze“ gipfelte in 18,8 Grad am Neujahrstag an der Ö3-Wetterstation in Köflach (Steiermark), auch das ein Rekord.

Minus 20 Grad in Osttirol und im Salzburgerland

Der Winter konnte aber auch kalt, vor allem in schneebedeckten Tälern war es in ruhigen, sternenklaren Nächten richtig grimmig kalt. In St. Jakob in Defereggen (Osttirol) wurden am 7. Jänner minus 20,2 Grad gemessen, und erst Anfang dieser Woche am 14. Februar sank die Temperatur auch in Radstadt und Zell am See auf minus 20 Grad. Aber auch das liegt nicht einmal in der Nähe von Rekorden: In Zell am See beträgt der Februar-Rekord minus 32,9 Grad im Jahr 1956.

Die einzige Landeshauptstadt, die es in den Nächten einmal unter minus zehn Grad geschafft hat, war Klagenfurt. Aber auch nur die Station am Flughafen. In Wien und Eisenstadt lag die tiefste Temperatur des ganzen Winters bei milden minus fünf Grad. Nur jede dritte Nacht auf der Hohen Warte war frostig, in der Wiener Innenstadt gar nur jede fünfte. Kein Wunder, dass Alte Donau und auch Neusiedler See nie zur Gänze zugefroren sind.

Viel Schnee in den Skigebieten in den Semesterferien

Die Schneehöhen waren auch auf den Bergen in der ersten Winterhälfte bescheiden, das zeigten die Stationen der Lawinenwarndienste. So lag Mitte Jänner auf der Seegrube hoch über Innsbruck nicht einmal ein Meter, ähnlich wenig auch auf Loser und Tamischbachturm (beide Obersteiermark). Dann aber stellte sich eine feuchte West- bis Nordwestlage ein. Immer wieder zogen nun Tiefs durch und brachten viel Schnee an der Alpennordseite und im Osten Österreichs jede Menge Sturmtage.

Bis Anfang Februar wuchs die Schneehöhe auf der Seegrube auf knapp drei Meter, auf Loser und Tamischbachturm sogar auf dreieinhalb Meter. Große Lawinengefahr war die Folge. Auch etwas höher gelegene Orte an der Alpennordseite wurden richtig eingeschneit, in Hochfilzen und Saalbach lag zeitweise ein Meter, in Radstadt über 70 Zentimeter. Unterhalb von 600 Metern war es aber zu mild für große Schneemengen. So kam Bad Ischl, früher einmal noch ein richtiges Schneeloch, nie über 15 Zentimeter.

Trockener Süden, stürmischer Osten

Über ganz Österreich gesehen war der Winter zu trocken, vor allem aber im Süden. Von Mitte Dezember weg waren Niederschläge selten, im ganzen Jänner fielen auf dem Grazer Hausberg, dem Schöckl, gerade einmal zwei Liter pro Quadratmeter, in Graz selbst waren es vier.

Im Süden der Steiermark gab es durch die wochenlange Trockenheit auch früh erste Probleme in der Landwirtschaft – mehr dazu in steiermark.ORF.at. Der Regen vor ein paar Tagen hat aber zumindest eine kleine Linderung gebracht.

Auch in Osttirol und im Kärntner Mölltal war es nach dem Rekordwinter von 2020/21 in diesem Winter viel trockener. In Lienz hat es von Dezember bis Februar in Summe nur rund einen halben Meter geschneit, nach über drei Metern im letzten Winter. Stattdessen hat an der Alpensüdseite sehr häufig der Nordföhn geweht.

Vom Winde verweht war in diesem Winter auch der Osten Österreichs, vor allem im Jänner und Februar. Bereits elf Tage mit Sturmböen über 80 km/h hat es in diesem Winter in Wien gegeben. „Das sind schon jetzt doppelt so viele wie im langjährigen Schnitt“, sagt ZAMG-Klimatologe Alexander Orlik. Das letzte Mal mehr Sturmtage wurden im Winter 2006/2007 verzeichnet, damals waren es 13. Und noch ist nicht aller Tage Abend, in der nächste Woche wird Österreich von weiteren Sturmtiefs gestreift.