Die Außenminister der EU-Staaten stimmten bei einem Sondertreffen in Paris einem entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission und des Auswärtigen Dienstes zu, wie der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian bestätigte.
Die Europäische Union habe sich darauf geeinigt, 27 Personen und Körperschaften, die die territoriale Einheit der Ukraine bedrohen, mit Sanktionen zu belegen, erklärte Borrell. Auch Banken, die Einsätze in den Separatistengebieten finanzierten, seien von den Maßnahmen betroffen. Ziel sei es auch, den Zugang des russischen Staates zum EU-Finanzmarkt zu beschränken.
Enge Abstimmung
Zudem fänden sich auf der Liste jene 350 Abgeordnete des russischen Parlaments, die für die russische Anerkennung der selbst ernannten „Volksrepubliken“ Luhansk und Donezk in der Ostukraine stimmten. Von Personen, Organisationen und Unternehmen, die auf die EU-Sanktionsliste gesetzt werden, werden sämtliche in der EU vorhandenen Vermögenswerte eingefroren. Zudem dürfen gelistete Personen nicht mehr in die EU einreisen, und mit den Betroffenen dürfen auch keine Geschäfte mehr gemacht werden.
Nach „stundenlangen Debatten“ hätten sich nicht nur die EU-Mitgliedsstaaten untereinander auf Maßnahmen geeinigt – diese seien auch eng mit den USA, Großbritannien und Kanada abgestimmt worden, sagte Borrell.
„Zusätzliche Munition“ noch im Werkzeugkasten
Was das Vorgehen Russlands betreffe, gebe es zwar noch eine Reihe offener Fragen, etwa, was nun mit dem Rest der Ukraine geschehe, klar sei aber, dass man je nach dem Verhalten Russlands das Level der Sanktionen erheblich anheben werde. Borrell sprach dabei von einer „zusätzlichen Munition“, die man im Werkzeugkasten behalten wolle.
Erste Sanktionen gegen Russland
Die Europäische Union verurteilt die Eskalation heute auf das Schärfste. Viele westliche Politikerinnen und Politiker sagen, dass damit das Minsker Friedensabkommen endgültig ruiniert sei.
Ähnlich äußerte sich Le Drian: „Wir wollten nicht von Beginn an alle unsere Karten auf den Tisch legen, sondern Maßnahmen in der Reserve behalten.“ Heute sei es jedoch gelungen, die richtige Balance zu finden – nicht zuletzt auch deshalb, weil es wohl unter den Mitgliedsstaaten verschiedene Auffassungen von „angemessenen“ Maßnahmen gegeben haben dürfte.
Von der Leyen kündigt schnelle Umsetzung an
Von der Leyen begrüßte die Einigung der 27 Mitgliedsstaaten auf ein neues Sanktionspaket und kündigte an, das geplante Sanktionspaket zügig fertigzustellen. Nach der politischen Einigung der EU-Außenminister auf die Strafmaßnahmen ist nun noch ein juristisch bindender Beschluss erforderlich.
Von der Leyen zufolge richten sich die Strafmaßnahmen gezielt gegen Personen und Unternehmen, die an dem völkerrechtswidrigen Vorgehen beteiligt sind. „Sie treffen Banken, die den russischen Militärapparat finanzieren und damit zur Destabilisierung der Ukraine beitragen“, erklärte sie.
EU beschließt Sanktionen gegen Russland
Außerdem führe man robuste Beschränkungen im Handel der beiden abtrünnigen Regionen mit der EU ein. Vorbild dafür seien die Handelssanktionen, die man 2014 nach der Annexion der Krim beschlossen habe. Als letzten großen Teil des Sanktionspakets nannte von der Leyen Maßnahmen, die den Zugang des russischen Staates zu den EU-Finanzmärkten beschneiden sollen.
Lob für „Nord Stream 2“-Stopp
Die Entscheidung der Bundesregierung, das Genehmigungsverfahren für „Nord Stream 2“ auf Eis zu legen, bezeichnete von der Leyen als „völlig richtig“. „‚Nord Stream 2‘ muss völlig neu betrachtet werden unter dem Gesichtspunkt der Versorgungssicherheit für ganz Europa“, sagte sie. Denn die Krise zeige, dass Europa immer noch viel zu abhängig von russischem Gas sei.
Vorgehen Russlands „rechtswidrig und inakzeptabel“
Vorab hieß es in einer Erklärung von von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel: Die Entscheidung Russlands, die ukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk als unabhängig anzuerkennen und russische Truppen zu entsenden, sei „rechtswidrig und inakzeptabel“. Das verstoße sowohl gegen das Völkerrecht, die Souveränität der Ukraine sowie die internationalen Verpflichtungen Russlands.
Beide begrüßen „die unerschütterliche Geschlossenheit der Mitgliedsstaaten und ihre Entschlossenheit, in enger Abstimmung mit internationalen Partnern robust und rasch auf die rechtswidrigen Handlungen Russlands zu reagieren“.
Wie die Außenminister kündigte auch von der Leyen weitere Schritte an, sollte es zu neuen Aggressionen kommen: „Wenn der Kreml diese Krise weiter eskaliert, dann werden wir nicht zögern, weitere Maßnahmen zu ergreifen“, sagte sie. „Die Europäische Union steht geschlossen zusammen und ist vorbereitet, zügig zu handeln.“
Borrell: Kein Ende diplomatischer Anstrengungen
Parallel zu Sanktionen setzt die EU im Ukraine-Konflikt trotz der Eskalation aber weiter auf Verhandlungen. Die diplomatischen Anstrengungen gingen weiter, sagte Borrell. Es gehe darum, Russland wieder an den Verhandlungstisch zu bringen, die Gefahr eines großen Konflikts sei real. „Wir haben die Befürchtung, dass diese Geschichte noch nicht zu Ende ist.“
Analyse von ZIB-Außenpolitikchef Marlovits
Johannes Marlovits, Leiter der ZIB-Außenpolitikredaktion, mit einer Einschätzung ob und welche Sanktionen Vladimir Putin beeindrucken könnten.
Le Drian sagte ebenso, dass die Türe offen stehe für die Diplomatie, man sei in den letzten Wochen aber in Russland auf eine Mauer gestoßen. Sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow habe bei einem Telefonat mit ihm am Montag die Anerkennung der Separatistengebiete kurz darauf mit keinem Wort erwähnt. Deshalb finde ein für Freitag geplantes Treffen mit Lawrow in Paris nicht statt.
Zustimmend äußerte sich der Vizepräsident des EU-Parlaments, Othmar Karas (ÖVP). „Mit dem Stopp von Nord Stream 2 sowie weiteren wirtschaftlichen & persönlichen Sanktionen senden wir eine klare Botschaft. Oberste Priorität ist, eine weitere militärische Eskalation einzudämmen“, schrieb er auf Twitter. „Unsere Antwort sind scharfe Sanktionen, die Putin und sein Regime treffen. Das ist auch ein starkes Zeichen der Einigkeit der EU.“