Luftaufnahme der Gazprom Arena in St. Petersburg (Russland)
Reuters/Anton Vaganov
Ukraine-Konflikt

Rufe gegen CL-Finale in St. Petersburg

Die dramatische Zuspitzung im Russland-Ukraine-Konflikt trifft auch den Sport und hat besorgte Reaktionen ausgelöst. Schon am Tag nach der Anerkennung der ostukrainischen Separatistengebiete durch Russland wurden Forderungen nach einer Verlegung des Champions-League-Finales am 28. Mai aus der russischen Millionenmetropole St. Petersburg laut. Zuletzt hatten große Verbände wie UEFA, FIFA und IOC jedoch wenig Gespür für Politik.

Die Europäische Fußballunion (UEFA) sollte Russland das Champions-League-Finale entziehen und die Kooperation mit Hauptsponsor Gasprom beenden, forderten Mitglieder des Europaparlaments in Straßburg in einem am Dienstag veröffentlichten offenen Brief an die UEFA und ihren Präsidenten Aleksander Ceferin. Die Zeiten, in denen man die Situation nur kontinuierlich beobachte, seien vorbei. „Die UEFA muss jetzt handeln“, wird in dem Schreiben gefordert.

Die UEFA sollte nun „als ersten und äußerst dringenden Schritt“ einen Alternativaustragungsort für das Champions-League-Finale wählen. Die Abgeordneten appellierten an den Kontinentalverband, eine Sondersitzung der Exekutive einzuberufen.

Johnson: „keine Chance“

Auch der britische Premier Boris Johnson forderte die UEFA zur Verlegung des Finales auf. „Keine Chance, Fußballturniere in einem Russland abzuhalten, das in souveräne Staaten einmarschiert“, sagte Johnson am Dienstag im Parlament in London. „In diesem kritischen Moment ist es absolut entscheidend, dass Präsident (Wladimir) Putin versteht, dass das, was er tut, eine Katastrophe für Russland bedeutet.“

Außenpolitiker Tom Tugendhat schlug ebenfalls scharfe Töne an. „Das ist eine beschämende Entscheidung. Die UEFA sollte einer gewalttätigen Diktatur nicht Deckung bieten“, twitterte der konservative Politiker zum Festhalten an St. Petersburg.

UEFA „beobachtet die Situation“

Bei der UEFA herrschte bis dahin aber noch der Status quo: Es gebe „derzeit keine Pläne, den Austragungsort zu ändern“. Die Situation werde genau beobachtet. Die dringende Frage nach Sponsor Gasprom dürfte sich jetzt schon stellen. Das russische Energieunternehmen ist seit Jahren enger Partner des Kontinentalverbandes und auch bei Europameisterschaften prominent in den Stadien platziert. Das könnte auch bei der nächsten EM im Sommer 2024 in Deutschland der Fall sein.

Mit Blick auf internationale Spiele des russischen Meisters Zenit St. Petersburg teilte die UEFA mit, sie sei in engem Kontakt mit den betroffenen nationalen Verbänden und Vereinen. „Derzeit ist vorgesehen, dass alle Spiele wie geplant stattfinden“, hieß es. Zenit trifft am Donnerstag im Europa-League-Rückspiel in Spanien auf Betis Sevilla.

Zuletzt viele fragwürdige Gastgeberentscheidungen

Das Finale des wichtigsten europäischen Vereinswettbewerbs soll am 28. Mai in St. Petersburg stattfinden, der Heimatstadt des russischen Präsidenten Wladimir Putin. „The Sun“ brachte schon das Wembley-Stadion ins Gespräch. Die Chancen für die Londoner Arena würden deutlich steigen, schrieb das Boulevardblatt am Dienstag, wenn zwei englische Teams das Endspiel erreichen. Derzeit sind noch Manchester City, der FC Chelsea, FC Liverpool und Manchester United im Wettbewerb.

Die Frage, ob das Finale nun in St. Petersburg durchgeführt oder verschoben wird, reiht sich in eine ganze Armada von schwierigen Verwicklungen internationaler Sportverbände in die internationale Politik ein. Die Entscheidung der FIFA, die Fußballweltmeisterschaft 2022 an Katar zu vergeben, sorgt bis heute für heftige Kritik – nicht nur wegen der klimatischen Bedingungen, sondern vor allem wegen der politischen Führung des Emirats und der unmenschlichen Bedingungen beim Bau der Sportstätten. Auch die vor Kurzem zu Ende gegangenen Olympischen Spiele in Peking standen wegen der Menschenrechtslage in China am Pranger – Das Internationale Olympische Komitee (IOC) ließ die Kritik aber abperlen.