Lieferkettengesetz: NGOs sehen offene Fragen

Der Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz ist ein guter Ansatz, birgt aber noch einige Schlupflöcher für Unternehmen. Zu diesem Schluss kommen Vertreterinnen von NGOs, AK und ÖGB.

Positiv seien die Einbindung der ganzen Lieferkette und von Umwelt- und nicht nur Menschenrechtsthemen sowie die zivilrechtliche Haftung. Negativ seien unter anderem Möglichkeiten, die Haftung abzuschieben, und fehlende Einbindung Betroffener.

Potenzial für „historischen Meilenstein“

Der Gesetzesentwurf „hat wirklich das Potenzial, ein historischer Meilenstein zu sein“, sagte Tina Rosenberger, Geschäftsführerin von NeSoVe (Netzwerk Soziale Verantwortung), in einer gemeinsamen Pressekonferenz mehrerer Organisationen.

„Nachbesserungsbedarf“ gebe es etwa im Fristenlauf – noch ist unklar, wie lange die Diskussion zwischen EU-Parlament und EU-Mitgliedsländern bis zum endgültigen Beschluss der EU-Richtlinie dauert, und danach seien noch zwei bis vier Jahre Übergangsfrist vorgesehen.

Die Rechtsanwältin Michaela Krömer lobte, dass nicht nur Strafen im Verwaltungsrecht vorgesehen seien, sondern auch zivilrechtlich Schäden eingeklagt werden können. Allerdings sei die Höhe der Strafen noch offen, außerdem sei unklar, wie Organisationen Rechte einfordern können. In die gleiche Kerbe schlägt Claudia Saller von der European Coalition for Corporate Justice.

AK: Nur 0,06 Prozent von neuer Richtlinie betroffen

Laut Julia Wegerer von der AK sind in Österreich unterdessen nur 0,06 Prozent der Unternehmen von der neuen Richtlinie betroffen, weil Mindestgrenzen für Mitarbeitende und Umsatz gelten.

ÖGB-Expertin Miriam Baghdady weist darauf hin, dass zwar Gewerkschaften bei Verstößen Beschwerde einlegen können, sie aber sonst bei der Risikoanalyse nicht eingebunden seien. Stefan Grasgruber-Kerl von Südwind wiederum hebt hervor, dass Unternehmen auf Verhaltenskodizes, Industrieinitiativen und Audits zurückgreifen können – diese freiwilligen Instrumente hätten aber auch bisher nicht funktioniert.