Filiale der russischen Sberbank
AP/CTK/Petr Sznapka
Russland-Sanktionen

Druck auf Banken wächst

Die Finanzsanktionen gegen Moskau zeigen Wirkung: Anleger ziehen bei den Tochterunternehmen der russischen Sberbank im großen Stil Gelder ab. Die EZB erwartet, dass die Ableger des Instituts in Europa nicht überleben werden. Die am stärksten betroffene Bank könnte aber die Raiffeisen Bank International (RBI) sein – diese beruhigte am Montag allerdings, ebenso wie das Finanzministerium.

Angesichts der Finanzsanktionen gegen Russland hat die heimische Finanzmarktaufsicht (FMA) ein umfassendes Moratorium für die Europatochter der staatlichen russischen Sberbank verhängt. Die EZB-Bankenaufsicht hält die Überlebensfähigkeit der Europatochter mit Sitz in Wien wegen der Auswirkungen der Sanktionen für stark gefährdet. Montagabend kündigte die EZB an, Banken mit engen Verbindungen zu Russland, wie etwa die österreichische Raiffeisen Bank International (RBI), unter strenge Beobachtung zu stellen.

Wie die FMA mitteilte, darf die Sberbank „keinerlei Auszahlungen, Überweisungen oder andere Transaktionen durchführen“. Das Moratorium sei bis 2. März befristet. Begründet wurde die Maßnahme mit dem drohenden Ausfall der Bank. Auch das Sberbank-Geschäft in Slowenien, Kroatien und Tschechien wurde von der Aufsicht eingeschränkt.

Die einzige Ausnahme vom Zahlungsmoratorium gibt es für Einleger, die zur Sicherung des nötigsten täglichen Bedarfs maximal 100 Euro pro Tag abheben dürfen. Zugleich wurde betont, dass Einlagen bis 100.000 Euro weiterhin durch das österreichische Einlagensicherungssystem (ESA) besichert sind. Die FMA handelt dabei im Auftrag der europäischen Abwicklungsbehörde für Banken, des Single Resolution Board (SRB) in Brüssel.

Schlange vor einer Filiale der russischen Sberbank in Prag (Tschechien)
APA/AFP/Michal Cizek
Kunden und Kundinnen in Tschechien entzogen der Sberbank ihr Vertrauen – und ihre Ersparnisse

Tschechien entzieht Lizenz

Die Nationalbank in Prag leitete bereits Schritte ein, um der Tochterbank in Tschechien die Banklizenz zu entziehen. Grund seien Liquiditätsprobleme aufgrund des großen Abflusses von Einlagen. Mit einer einstweiligen Verfügung sei der Niederlassung die Vergabe neuer Kredite und die Annahme neuer Einlagen untersagt worden.

Nach Medienberichten haben zahlreiche Kunden in tschechischen Sberbank-Filialen gegen den russischen Angriff auf die Ukraine protestiert und Gelder abgezogen. Die Niederlassungen blieben geschlossen. Die serbische Sberbank-Tochter soll laut Medienberichten von der Bank AIK übernommen werden.

Laut österreichischer Einlagensicherung (ESA) betragen die gedeckten Einlagen bei der Sberbank Europe rund 1,1 Mrd. Euro, der Anteil der österreichischen Einleger sei allerdings „unbedeutend“. Mitgliedsinstitute der ESA sind neben der Sberbank Europe unter anderem die BAWAG, Oberbank, UniCredit Bank Austria sowie Institute aus dem Hypo- und Volksbanken-Sektor.

Analyse der Talfahrt am Aktienmarkt

„ZIB“-Wirtschaftsreporterin Barbara Battisti spricht über den Einbruch am Aktienmarkt und welche Auswirkungen die Sanktionen der EU auf die Menschen in Russland haben.

Folgen für alle heimischen Banken

Ein potenzieller Einlagensicherungsfall bei der Europatochter der Sberbank könnte aber alle heimischen Banken treffen. Die Sberbank Europe ist eine von insgesamt noch sechs Banken, die im „gesonderten Rechnungskreis“ geführt werden. Die ESA ist nach eigenen Angaben zwar für die operative Umsetzung des Entschädigungsverfahrens zuständig, die erforderlichen finanziellen Mittel sind aber von „allen Sicherungseinrichtungen" anteilig aufzubringen“. „Das bedeutet, dass die finanziellen Mittel für einen allfälligen Einlagensicherungsfall Sberbank Europe AG de facto von allen österreichischen Banken (also inklusive Sparkassengruppe und Raiffeisengruppe) zur Verfügung gestellt werden“, hieß es von der ESA.

Zentrale der Raiffeisen Bank International in Wien
ORF.at/Christian Öser
Die RBI ist von dem Ukraine-Konflikt stark betroffen, bei der Bank selbst aber beruhigt man

Die Raiffeisengruppe hat indessen selbst schwer zu kämpfen: Die RBI sei mit ihren Investments in Russland in Prozent der Bilanzsumme die wahrscheinlich am stärksten betroffene Bank überhaupt, „da haben wir echt ein Thema“, sagte WIFO-Chef Gabriel Felbermayr im Ö1-Morgenjournal.

„Ob die RBI einen Rettungsschirm braucht, das muss man sehen“, relativierte Felbermayr im Ö1-Mittagsjournal. Er gehe davon aus, dass die RBI bereits Vorkehrungen getroffen habe. Er habe nur zum Ausdruck bringen wollen, dass es wichtig sei, dieses Risiko im Blick zu haben: „Es wäre unschön, wenn aus einer russischen Finanzkrise auch Probleme für den österreichischen Bankenmarkt erwachsen.“ Für einen möglichen Schutzschirm gebe es „keine unmittelbare und akute Notwendigkeit“, hielt der WIFO-Chef auf Twitter fest. Dennoch müssten gerade jetzt Finanzmarktrisiken im Blick behalten werden – für mögliche Verwerfungen sei der heimische Finanzmarkt gut gerüstet.

RBI-Chef: „Starke Liquiditätsausstattung“

RBI-Chef Johann Strobl unterstrich am Montag die stabile Lage der russischen Banktochter. „Unsere russische Tochterbank verfügt über eine sehr starke Liquiditätsausstattung und verzeichnet Zuflüsse. Die Kapitalposition ist ebenfalls stark.“ Die russischen Kunden und Kundinnen hätten Vertrauen in die Bank. Gleichzeitig würden die Mitarbeiter in der Ukraine die wichtigsten Bankdienstleistungen aufrechterhalten, so Strobl. „Dienstleistungen werden unter der Voraussetzung angeboten, dass keine Gefahr für die Sicherheit von Mitarbeitern und Kunden besteht“, hieß es in einem bereits am Vormittag von der RBI veröffentlichten Statement.

Eine abschließende Einschätzung zu der Lage in den Ländern könne derzeit nicht gegeben werden, da die Sanktionen „fast täglich“ ausgeweitet würden, so die Bank. „Sie sind hart und in ihren Auswirkungen auf die Finanzmärkte und die Realwirtschaft weitreichend. Die Auswirkungen auf die RBI-Gruppe werden analysiert.“

Auch das Finanzministerium sieht in der RBI eine „sehr gut aufgestellte Bank mit einem exzellenten Management, die gut vorbereitet auf alle Eventualitäten ist“. „Die RBI und andere österreichische Banken machen seit Jahrzehnten Geschäfte in dieser Region und können mit dem Risiko gut umgehen.“ Generell seien die heimischen Institute gut aufgestellt und die Lehren aus der Finanzkrise gezogen worden. Die Aktien der RBI büßten im Tagesverlauf bis zu 20,2 Prozent ein und schlossen 14 Prozent im Minus.