Die EU-Staaten haben sich darauf geeinigt, Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine schnell und unkompliziert aufzunehmen. Das teilte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson gestern mit. Sie sprach von einer historischen Entscheidung. Die Kommission hatte auf Bitten der EU-Staaten vorgeschlagen, für den schnellen und unbürokratischen Schutz der Ukraine-Flüchtlinge erstmals eine Richtlinie für den Fall eines „massenhaften Zustroms“ von Vertriebenen in Kraft zu setzen.
Der Schutz gilt zunächst für ein Jahr, kann jedoch um insgesamt zwei weitere Jahre verlängert werden. Ein langwieriges Asylverfahren ist dafür nicht nötig, jedoch besteht das Recht, einen Asylantrag zu stellen, weiter.
Zugleich werden den Schutzsuchenden Mindeststandards wie der Zugang zu Sozialhilfe und eine Arbeitserlaubnis garantiert. Die Richtlinie wurde in Folge der Kriege in den 1990er Jahren im ehemaligen Jugoslawien geschaffen. Sie soll auch eine Überlastung der für Asylanträge zuständigen Behörden verhindern.
Karner: „Starkes Signal“
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) bezeichnete die politische Einigung als „neuerliches starkes, geschlossenes Signal von Europa“. Es sei „intensiv diskutiert“ worden, berichtete Karner nach der Sitzung. Morgen soll die Entscheidung formell auf EU-Ebene beschlossen werden, danach folgt die nationale Ebene mit Ministerrat und Hauptausschuss im Nationalrat. Ukrainer mit biometrischem Reisepass dürfen sich ohne Visum 90 Tage lang frei in der EU bewegen.
Im Vorfeld hatten einige EU-Staaten wie Polen und Österreich Vorbehalte über den Umgang mit Drittstaatsangehörigen, also Menschen ohne ukrainische Staatsbürgerschaft oder internationalen Schutzstatus, geäußert. Diese könnten nach Aussage Karners nun über das bestehende Asylsystem in Österreich einen Antrag stellen, ihnen wird aber auch die Rückkehr in ihrer Heimat ermöglicht.
Edtstadler: „Nachbarschaftshilfe“
Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) wies in der ZIB2 Vergleiche mit der Flüchtlingskrise 2015, als eine Millionen Menschen aus arabischen Ländern nach Mitteleuropa kamen, zurück. Die Situation jetzt entspreche exakt der Genfer Flüchtlingskonvention. 2015 seien Menschen quer durch zwei Kontinente gereist, heute dagegen handle es sich um Menschen aus Nachbarstaaten. „Jetzt geht es um Nachbarschaftshilfe.“
In Österreich kamen bisher 11.000 ukrainische Geflohene über die Grenze, 70 Prozent reisten aber weiter. In Grundversorgung befinden sich laut Karner derzeit rund 200 ukrainische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger.