Das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (BMEIA) am Minoritenplatz in Wien
ORF.at/Carina Kainz
Ukraine-Krieg

Wien kontert Moskau nach scharfer Kritik

Mit außergewöhnlich scharfen Aussagen hat das russische Außenministerium am Samstagnachmittag Aussagen von Bundeskanzler Karl Nehammer und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP) zum Ukraine-Krieg kritisiert. Österreichische Amtsträger hätten in den vergangenen Tagen „einseitige und empörende Aussagen“ zur Situation in der Ukraine getätigt. Das Außenministerium antwortete prompt.

Der Bundeskanzler eines „scheinbar neutralen Österreich“, Karl Nehammer, habe am 27. Februar in einem Fernsehinterview sowie in einer Pressekonferenz am 1. März in einer „emotionalen antirussischen Rhetorik“ der Führung Russlands eine einseitige Entfesselung eines Kriegs, die Verletzung des internationalen humanitären Rechts und sogar Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen, referierte das russische Außenministerium in einer in sozialen Netzwerken verbreiteten Erklärung.

Zudem habe Nehammer erklärt, dass die Neutralität Österreichs nach dem Zweiten Weltkrieg durch sowjetische Kommunisten „aufgezwungen“ worden sei. Das Außenamt wolle in diesem Zusammenhang aber erinnern, dass der Staatsvertrag mit den Alliierten im Jahr 1955 nur aufgrund der Befreiung durch die Rote Armee möglich geworden sei. „Die Befreiung des Territoriums dieses Landes (Österreich, Anm.) hatte einen hohen Preis – mehr als 26.000 Soldaten sind dabei gefallen“, hieß es.

„Absurde Anschuldigungen“

Moskau kritisierte gleichzeitig auch Außenminister Schallenberg, der bei der Pressekonferenz am 1. März „absurde Anschuldigungen“ gegen Russland erhoben habe, darunter den Vorwurf, die gesamteuropäische Sicherheitsarchitektur zerstört zu haben.

„Wir verurteilen entschieden derartige unbegründete Aussagen und Einschätzungen“, erklärte das russische Außenministerium. Dadurch würden ernste Zweifel an der Qualität von Wiens „Neutralität“ aufkommen, die in der letzten Zeit merklich abnehme und erodiere. Man werde das in Zukunft berücksichtigen, schloss die Erklärung.

Außenministerium: Völkerrecht als „rote Linie“

Das Außenministerium konterte in einer auf Twitter auf Deutsch und Russisch verfassten Erklärung. Militärisch sei Österreich ein neutraler Staat. „Aber wir sind politisch niemals neutral, wenn es um die Achtung des Völkerrechts geht“, hieß es darin.

Österreich sei keineswegs neutral gegenüber Gewalt, und man werde „nie schweigen, wenn die Souveränität, territoriale Integrität und Unabhängigkeit eines Staates angegriffen wird.“ Und weiter: „Die Einhaltung des Völkerrechts, insbesondere die Bestimmungen des humanitären Völkerrechts, ist unsere rote Linie.

Moskau rügt auch Großbritannien

Österreich ist nicht das einzige Land, das das russische Außenministerium am Samstag direkt aufs Korn genommen hat. Die baltischen Staaten wurden ebenso ins Visier genommen wie Großbritannien. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, drohte, Russland werde die Zusammenarbeit Großbritanniens mit Kiew oder mit den, wie sie es nannte, „ultranationalistischen Kräften der Ukraine“ nicht vergessen. „Die Sanktionshysterie, bei der London eine der führenden, wenn nicht sogar die Hauptrolle spielt, lässt uns keine andere Wahl, als verhältnismäßig harte Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen“, sagte sie und fügte hinzu, dass die britischen Interessen in Russland durch Moskaus Reaktion „untergraben“ würden.