Benzinpreis bei einer Tankstelle in $4.39 in Pottsville, Pennsylvania.
AP/Republican Herald/Jacqueline Dormer
Debatte über Embargo

Höchster Ölpreis seit 2008

Die Debatte über einen möglichen Importstopp für Öl aus Russland hat die Ölpreise zu Wochenbeginn zwischendurch auf den höchsten Stand seit 2008 getrieben. Im frühen Handel stieg der Preis für ein Barrel der Nordsee-Sorte Brent um knapp 18 Prozent auf rund 139 Dollar, bevor er auf 128 Dollar zurückging. Das entspricht immer noch einem Plus von neun Prozent. Auch die Preise für Erdgas schnellen weiter in die Höhe.

Russland ist der weltweit drittgrößte Ölproduzent. Seit dem Einmarsch in die Ukraine verteuerte sich der Brent-Preis um rund ein Drittel. Bereits in den Monaten zuvor hatte er unter anderem aufgrund der wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemie und der gestiegenen Nachfrage stark angezogen. Seit Ende 2021 stieg der Kurs um rund zwei Drittel.

Nun geht die Sorge vor einer starken Verknappung der Energievorräte und einem rasanten Anstieg der Energiepreise um. Gleichzeitig gelten die Importe von russischem Gas und Öl als mächtiger Hebel im Umgang mit Russland. Jüngst brachten sowohl die EU als auch die USA wegen der anhaltenden Aggression Russlands weitere Strafmaßnahmen ins Gespräch, die auf Energieimporte aus Russland abzielen. Auch das stark von Energieimporten abhängige Japan, die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt, ist Medienberichten zufolge an den Überlegungen beteiligt.

Grafik zum Ölpreis
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

USA, EU und Japan führen Gespräche

„Wir sprechen jetzt mit unseren europäischen Partnern und Verbündeten, um auf koordinierte Weise die Aussicht auf ein Verbot der Einfuhr von russischem Öl zu prüfen“, sagte US-Außenminister Antony Blinken am Sonntag. Auch das US-Repräsentantenhaus teilte mit, man prüfe derzeit eine Gesetzesinitiative, mit der die Einfuhr von russischem Öl verboten wird. Die USA importieren etwa zehn Prozent des Bedarfs aus Russland. Laut einem Bericht des Portals Axios soll sich das Weiße Haus bereits um Alternativen umsehen, und zwar in Saudi-Arabien sowie dem mit Sanktionen belasteten Venezuela. Der Bericht wurde nicht bestätigt.

Der russische Präsident Wladimir Putin dürfe „keinerlei Möglichkeit haben, den brutalen Krieg weiter zu finanzieren“, sagte am Montag EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, ohne dezidiert auf ein mögliches Embargo einzugehen. In der EU kommt ein Viertel der Ölimporte aus Russland.

Edtstadler: Versorgung muss sichergestellt werden

Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hatte am Sonntag in „Im Zentrum“ indes einen Importstopp ins Spiel gebracht. Die Sanktionen gegen Moskau gingen bereits sehr weit, doch müsse man auch ein Embargo diskutieren, um den Krieg in der Ukraine nicht zu finanzieren. Zuvor müsse aber die Versorgung in Europa sichergestellt werden, so Edtstadler.

Ähnlich der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn: Er rechnete damit, dass die Gas- und Öllieferungen aus Russland über kurz oder lang ohnehin „zugedreht werden, entweder vom Westen oder vom Osten“ – und darauf müsse man sich „intensiv vorbereiten“.

Doch das Thema ist für die EU angesichts der starken Abhängigkeit von russischen Energieimporten heikel. Zuletzt sprach sich etwa der deutsche Finanzminister Christian Lindner (FDP) gegen einen Importstopp aus. „Verzichten wir auf Gas, Öl und Kohlelieferungen aus Russland, bedeutet das, dass die Preise in Westeuropa und in der Welt dramatisch steigen werden“, so Lindner gegenüber Bild TV.

Erdgas: Politik ringt um Alternativen

Sorgen über die steigenden Erdgaspreise treiben die Welt ebenfalls weiterhin um. Am Montag erreichte auch der Preis für Erdgas in Europa neue Höchststände. Am wichtigen niederländischen Handelspunkt TTF wurde eine Megawattstunde zeitweilig für 345 Euro gehandelt – ein Plus von rund 60 Prozent.

Derzeit fließt russisches Gas nach Angaben des Staatskonzerns Gasprom weiter im normalen Umfang über die Ukraine nach Westen. Stets wird betont, dass die Lieferverpflichtungen auch eingehalten werden sollen. Doch die Suche nach Alternativen läuft auf Hochtouren. In Deutschland etwa wurde am Sonntag im Schnellverfahren eine Einigung auf den Bau eines Terminals für den Import von Flüssigerdgas (LNG) in Brunsbüttel unterzeichnet. Italien kündigte eine verstärkte Partnerschaft mit Katar an.

Auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) und die für Rohstoffe zuständige Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) reisten zu entsprechenden Gespräch in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Dabei wurde eine Absichtserklärung zur Nutzung von Wasserstoff aus den Emiraten unterzeichnet.

„Man darf sich keine Wunder erwarten“

So bald werden aber weder Wasserstoff noch LNG aus den Golfemiraten nach Österreich fließen. „Man darf sich keine Wunder erwarten“, so Nehammer. Gewessler betonte, dass 40 Prozent der EU- und 80 Prozent der österreichischen Gasimporte aus Russland stammen. Das könne „man nicht innerhalb von drei Wochen oder drei Monaten ersetzen“. Betont wurde weiters, dass man über keine LNG-Terminals verfüge und dementsprechend auf andere Terminals in Europa angewiesen sei. Nehammer verwies zudem auf ausbaufähige Pipelineinfrastruktur in Nord-Süd-Richtung.

VAE als Alternative

Ein Regierungsteam reiste in die Golfregion, um alternative Partnerschaften zu Russland zu suchen.

Das Problem, dass man sich aus politischen und ethischen Erwägungen aus der Abhängigkeit von Russland befreien will, indem man sich stärker Ländern zuwendet, die ebenfalls nicht demokratisch regiert werden, ist Nehammer bewusst. „Aber man muss Realitäten zur Kenntnis nehmen.“