Vizekanzler Werner Kogler
ORF
CO2-Steuer

Kogler erteilt Wirtschaftskammer Absage

Der grüne Vizekanzler Werner Kogler hält nichts von der Forderung der ÖVP-dominierten Wirtschaftskammer, die ab Juli fällige CO2-Bepreisung zu verschieben. Es sei viel wichtiger, die Energiewende angesichts des Ukraine-Kriegs „umso schneller“ herbeizuführen. Die ÖVP-Regierungsmitglieder sollten sich – so Kogler in der ZIB2 – von der Wirtschaftskammer, die Russlands Präsident Wladimir Putin lange den „roten Teppich mit Schleimspur“ ausgelegt habe, nicht aufscheuchen lassen.

Die ÖVP-Ministerriege solle sich vielmehr selbst ein Urteil bilden, so Kogler auf den Hinweis, dass die WKO in der ÖVP ja großen Einfluss habe. Für Kogler handelt es sich bei der Forderung der Wirtschaftskammer um einen „Diskussionsbeitrag“, der von der Kammer auch als solcher klassifiziert worden sei. Die aktuellen Preisverwerfungen würden – verglichen mit der geplanten CO2-Abgabe – ohnehin ein Vielfaches zur Verteuerung von Öl und Gas beitragen.

Und Kogler verwies darauf, dass die Einnahmen aus der CO2-Steuer ja zur Finanzierung des Klimabonus dienen. Diese Verteilungswirkung der ökosozialen Steuerreform der ÖVP-Grüne-Koalition würde dann wegfallen. Fachleute und auch der Budgetdienst des Parlaments hätten die positive Umverteilungswirkung zu jenen, die eine Stützung angesichts steigender Energiepreise besonders brauchen, bestätigt. Er halte es daher für sinnvoll, an der CO2-Bepreisung ab Juli festzuhalten, so Kogler.

Kogler gegen Verschiebung der CO2-Steuer

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) äußerte sich im ZIB2-Interview eindeutig zur Debatte um eine Verlegung der CO2-Steuer. Außerdem nahm er zu den Themen Flüchtlingshilfe und Neutralität Stellung.

Vorsichtig, „nur wohlwollend entgegenzunehmen“

Und wie andere Vertreterinnen und Vertreter seiner Partei und mehrerer NGOs davor wies auch Kogler darauf hin, dass es „die Herrschaften der Wirtschaftskammer“ gewesen seien, „die uns in diese Abhängigkeit getrieben haben“. Er sei etwas vorsichtig geworden, „diese Beiträge“ – gemeint ist die Forderung der WKO nach Verschiebung – „nur wohlwollend entgegenzunehmen“. Immerhin seien es deren führende Vertreter gewesen, die Putin jahrelang den „roten Teppich mit Schleimspur“ ausgerollt hätten. Das könne bei der Bewertung nicht unberücksichtigt bleiben.

Die Einführung eines Preises für die Produktion von CO2-Abgasen – geplant ist zum Start ein Preis von 30 Euro je Tonne – ist ein zentrales grünes Projekt und ein erster Schritt zum von der Regierung selbst gesteckten Ziel der Klimaneutralität bis 2040. Umwelt-NGOs und Fachleuten zufolge ist der Preis ohnehin zu niedrig. Der Vorstoß der Wirtschaftskammer könnte in der Koalition jedenfalls noch ein weiteres Feld für Debatten und Spannungen eröffnen.

Kopf für Verschiebung um mindestens ein Jahr

Generalsekretär Karlheinz Kopf (ÖVP) sprach sich am Montag für eine Verschiebung um mindestens ein Jahr, vielleicht auch zwei Jahre aus. Kopf sagte, es brauche angesichts der Auswirkungen des Ukraine-Kriegs eine Debatte, ob der geplante Preis von 30 Euro pro Tonne CO2 ausgerechnet am 1. Juli dieses Jahres eingeführt werden solle.

Kopf betonte gleichzeitig, das Modell an sich, also die Umweltkosten der Treibhausgasemissionen mit einem Preis zu versehen, nicht infrage zu stellen. WKO-Präsident Harald Mahrer wiederum argumentierte, dass die Preise nun ohnehin sehr hoch seien und Marktmechanismen greifen.

Klimaschützer werfen der Wirtschaftskammer seit Längerem sozusagen fossilen Lobbyismus vor. Mahrer wehrte sich in der Pressekonferenz dagegen. Dieser Vorwurf sei „extrem polemisch“.

WKO stellt CO2-Bepreisung infrage

Die Wirtschaftskammer (WKO) hat die Einführung des CO2-Preises mit 1. Juli infrage gestellt. Generalsekretär Karlheinz Kopf sprach sich für eine Verschiebung um mindestens ein Jahr, vielleicht auch zwei Jahre aus, wie er am Montag sagte.

Kopf: Markt wirkt stärker als CO2-Steuer

Wirtschaftskammer-Funktionär Kopf argumentierte zuvor, dass die derzeit hohen Energiepreise einen viel größeren Lenkungseffekt hätten als die CO2-Bepreisung. „Die Grundphilosophie, fossile Energie zu verteuern, um den Umstieg zu beschleunigen, die bleibt aufrecht, aber dafür tut im Moment der Markt ein Vielfaches. Ob es da wirklich besonders schlau ist oder umgekehrt gesagt, sogar zynisch wäre, das jetzt noch obendrauf zu setzen, das darf zumindest diskutiert werden“, sagte Kopf.

Der hohe Preis werde mit Sicherheit dazu führen, dass die, die eine Umstiegsmöglichkeit haben, schneller umsteigen. „Aber wir laufen Gefahr, dass wir in einem Monat kein Gas mehr haben, wenn der Gashahn zu ist, so schnell wird der Umstieg nicht gehen“, sieht Kopf die Prioritäten bei der Versorgungssicherheit. „Wenn wir nicht kalte Wohnungen und stehende Betriebe haben wollen, dann müssen blitzartig Alternativen her.“

Mahrer: Gasverbrauch bis 2040 auf aktuellem Niveau

Mahrer und Kopf legten dar, dass sich Gas in vielen Bereichen der Industrie nicht ersetzen lasse und der Gasverbrauch auch 2040 noch ähnlich hoch sein werde wie heute. Kurzfristig brauche man Gas aus Algerien, Libyen, der Golfregion und den USA, dieses solle später durch grünes Gas und grünen Wasserstoff ersetzt werden. Allerdings müssten auch diese erneuerbaren Energieträger importiert werden, weil Österreich zu wenig Erzeugungskapazitäten habe.

Derzeit werden rund 40 Prozent des Erdgases von der Industrie benötigt. In der Produktion etwa von Zement, Papier, Stahl, Glas und auch Kunstdünger sei Gas derzeit noch nicht ersetzbar. Weitere 30 Prozent des Gases würden für Strom und Fernwärme verbrannt und 20 Prozent von den Haushalten. Selbst die grüne Energieministerin (Leonore Gewessler, Anm.) sehe derzeit keine andere Möglichkeit als alternative Erdgasquellen zu erschließen.

Forderungen der Wirtschaft

Österreich, das derzeit 80 Prozent des Gasverbrauchs von 90 Terawattstunden jährlich aus Russland bezieht, werde dennoch noch länger von russischem Gas abhängig bleiben, schätzt Kopf.

Zur schrittweisen Reduktion der Abhängigkeit müssten die Potenziale zur Energiegewinnung in Österreich genützt werden, so Kopf. Es brauche dringend die Verordnungen für Investitionszuschüsse für Biomethan und Wasserstoff sowie einen Rechtsrahmen für grünes Gas und eine höhere Beimischung von Bioethanol zu den Treibstoffen. UVP-Verfahren für den Bau von Wasserkraftwerken und Windrädern müssten beschleunigt werden, auch in Hinblick darauf, dass sich der Strombedarf durch die Elektromobilität verdoppeln werde, so Kopf.