Eindrücke vom ÖVP-Untersuchungsausschuss
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ÖVP-U-Ausschuss

Heikler Seiltanz in Causen Wolf und Studien

Mit einem Ex-Kabinettsmitarbeiter im Finanzministerium sind am Mittwoch die Causa Beinschab und die Steuercausa Siegfried Wolf im Mittelpunkt des ÖVP-U-Auschusses gestanden. Die Befragung des nunmehrigen Gruppenleiters K., beteiligt am Chat „Hure der Reichen“ mit Thomas Schmid, gestaltete sich atmosphärisch sonderbar – und pendelte zwischen Schweigerecht und Auskunftspflicht.

Zu Beginn seiner Befragung verwies K. darauf, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sein gesamtes E-Mail-Postfach mit rund 100.000 E-Mails sichergestellt hat und er sich daher wegen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung aufgrund des Inhalts der Mails bei bestimmten Fragen entschlagen werde. Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl argumentierte, dass eine Sicherstellungsanordnung ein besonderer Fall sei.

Der geprüfte Steuerberater berief sich mehrfach auf diesen Umstand, was zu einigen Stehungen (Debatten außerhalb der Befragung, die im Stehen durchgeführt werden) führte, weil aktuell kein Verfahren gegen ihn läuft und seine Entschlagung oft nicht zugelassen wurde – das ist etwa beim begründeten Verdacht einer strafbaren Handlung möglich. All das war gepaart mit einer merkwürdigen Anspannung während der gesamten Befragung – man hätte oftmals eine Stecknadel fallen hören. K. konnte sich bei vielen Fragen aber auch nicht mehr erinnern.

K. hatte nach eigenen Aussagen nur mit einer einzigen Studie der Meinungsforscherin Sabine Beinschab zu tun, und zwar mit jener zu Steuervermeidung und Betrug. Hintergrund sei die Einführung der Registrierkassenpflicht gewesen sowie eine laufende Debatte über Steuervermeidung, erklärte er, er sei fachlich eingebunden gewesen: Er habe, in Zusammenarbeit mit Beinschab, Fragen für die Studie erstellt und sei auch bei den Befragungen im Büro dabei gewesen.

Norbert Hofer
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Der dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer führte diese Sitzung

Distanzierung von Schmid-Chat und Studien

Was genau für diese Studie bezahlt wurde, das wisse er nicht, auch die Ergebnisse der Revision, die alle 28 Studien untersuchte und kritisch bewertete, seien ihm nicht bekannt. Dass viele Akten nicht auffindbar gewesen seien, hat der ehemalige Kabinettsmitarbeiter einiger ÖVP-Minister laut eigenen Aussagen nur über die mediale Berichterstattung mitbekommen. Mit den Inseratenschaltungen sei er nicht beschäftigt gewesen, er habe auch nur beruflich mit Beinschab Kontakt gehabt.

Die Umfragen, die vom Finanzministerium finanziert wurden, sollen in erster Linie der ÖVP für den Wahlkampf 2017 und die Zeit danach gedient haben. Die Ergebnisse wurden in bestimmten Medien veröffentlicht – dafür sollen auch Inseratengelder geflossen sein. In diesem Zusammenhang wurde Beinschab einvernommen und die frühere ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin festgenommen. Karmasin ist in U-Haft. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Corinna Schwarzenberger (ÖVP)
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ÖVP-Abgeordnete Scharzenberger fragte K. nach den Schmid-Chats über die „Hure der Reichen“

Gefragt von der ÖVP-Abgeordneten Corinna Scharzenberger nach den Chats mit Schmid – „Vergiss nicht – du hackelst im ÖVP-Kabinett!! Du bist die Hure für die (Original: dich) Reichen!“ – erklärte K., sich davon zu distanzieren. Schmid habe öfter unangemessen gesprochen, das habe er nicht ernst genommen und diese Aussage entsprechend mit Sarkasmus beantwortet.

Steuercausa Wolf im Fokus

Causa prima war aber die Steuersache Wolf. Es steht der Verdacht im Raum, dass Schmid als ehemaliger Generalsekretär im Finanzministerium Wolf einen großzügigen Nachlass von Steuerschulden ermöglicht hat. Eine Finanzbeamtin soll den Steuerschuldnachlass trotz anderslautender Empfehlung abgenickt haben. Dafür sei ihr ein besserer Posten in Aussicht gestellt worden. Die Steuernachzahlung wurde schließlich von elf Millionen auf sieben Millionen reduziert. Wolf soll laut WKStA im Finanzministerium – damals unter Hansjörg Schelling (ÖVP) – lobbyiert haben, um die Nachzahlung zu senken. Gegen Wolf wird wegen Bestechung ermittelt.

Wolfgang Zanger (FPÖ)
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FPÖ-Mandatar Wolfgang Zanger fragt K. nach seiner Parteimitgliedschaft – K. ist bei der ÖVP

Er sei 2016 erstmals mit der Steuercausa Wolf konfrontiert gewesen, so K., die Großbetriebsprüfung sei damals schon lange gegangen. Dass Steuerberater wie jene von Wolf direkt beim Finanzminister vorstellig werden, sei nicht ungewöhnlich, erklärte K., im Finanzministerium gleiche aber kein Fall dem anderen, es gebe Beschwerden von der Pensionistin wegen ihrer verspäteten Arbeiternehmerveranlagung bis hin zum Kleinunternehmer. Es seien auch bei ihm regelmäßig Menschen im Kabinett vorstellig geworden.

Hunderte Chats von Schmid

In der Causa Wolf habe er sich als Mediator gesehen, bei der Schlussbesprechung zur schließlich erfolgten Senkung sei er nicht dabei gewesen. Es folgte ein längeres Hin und Her über eine Antwort auf die Frage nach einer Mail, wonach die Schlussbesprechung hinausgezögert worden sein soll. Offenbar sollte die Leiterin der Fachabteilung nicht dabei sein.

Hintergrund sei gewesen, so K., dass das Verfahren zu Wolf schon lange gedauert habe, man habe Beteiligte für das Gespräch gesucht, die „weniger extreme“ Positionen vertreten, damit es ein Ergebnis gibt. Chats legen nahe, dass K. sich darum direkt gekümmert hat, er kann sich aber nicht erinnern, wie genau. Nach Angaben der Grünen gibt es 350 Chats von Schmid, die im Zusammenhang mit der Steuercausa stehen.

Eindrücke vom ÖVP-Untersuchungsausschuss
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Nina Tomselli und David Stögmüller, beide Grüne

Er selbst habe keine Weisung erteilt, und es hat seiner Wahrnehmung nach auch keine gegeben, so K. auf eine Frage von Kai Jan Krainer (SPÖ). Was Wolf mit der Chatnachricht „Ich kämpfe auch für euch mit allen Mitteln“ gemeint haben könnte, das wusste K., als Gruppenleiter nun auch stellvertretender Sektionschef, nicht zu beantworten.

Dass er, K., die Gruppenleitung als Dienstjüngster erhalten hat, führte K. in der Befragung durch Stephanie Krisper (NEOS) auf seine umfassende Expertise zurück. Es habe dazu kein Hearing gegeben, nur eine Bewerbung, sagte K. Auf Krispers Frage, ob Wahlkampf auch Aufgabe eines Ministeriums sei, sagte der frühere Kabinettsmitarbeiter – nachdem er zuerst nicht antworten wollte –, dass es seiner Meinung nach schon zulässig sei. Der Inhalt der Werbung müsse ursprünglich einen Mehrwert für das Ministerium haben, führte er etwa einen Steuerrechner an, ohne allerdings spezifischer zu werden.