Eindrücke vom ÖVP-Untersuchungsausschuss
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ÖVP-U-Ausschuss

Studienprüfung im Finanzressort beleuchtet

Seit 43 Jahren ist Hannes Schuh im Bereich des Finanzministeriums tätig, seit 2003 als Leiter der internen Revision. Zuletzt prüfte er die Studien von Meinungsforscherin Sabine Beinschab. Der Revisionsbericht zeichnete ein desaströses Bild über die Vorgänge im Ressort. Im politisch hart umkämpften ÖVP-U-Ausschuss wartete der Beamte ruhig und ausführlich mit neuen Details zur Prüfung auf – und mit zwei „Berichten“.

Schuh konzentrierte sich in seiner Befragung auf die Prüfungsvorgabe und das Ziel der Prüfung. Fragen, die darüber hinausgingen, quittierte er mit „Das war nicht Gegenstand der Prüfung, dazu kann ich Ihnen nichts sagen“. Dementsprechend konzentriert und fokussiert lief auch die Befragung ab – aufgrund der Fülle an Themen ist das in den U-Ausschüssen nicht immer der Fall. Von der Revision überprüft wurden insgesamt 28 Studien, die von der Kommunikationsabteilung des Ministeriums in Auftrag gegeben wurden, davon 13 bei Beinschab.

Zur Erinnerung: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt wegen des Verdachts, dass Vertraute von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) dessen politischen Aufstieg durch manipulierte Umfragen unterstützt und aus Mitteln des Finanzministeriums (fast 600.000 Euro) bezahlt haben könnten. Die Ermittler glauben, dass Beinschab später in der Zeitung „Österreich“ veröffentlichte Umfragen über Scheinaufträge an das Finanzministerium verrechnet haben könnte.

Doris Bures
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Den Vorsitz führte am Donnerstag die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ)

Kurzbericht statt langer „Anhang“

Der Leiter der internen Revision erhielt nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Oktober den Auftrag, die Vorgänge im Finanzressort zu prüfen. Nach Schuh sei der Auftrag das Resultat der vorangegangenen Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen der WKStA gewesen. Am 16. Dezember 2021 wurde ein „dünner“ Bericht, der 18 Seiten umfasste, von ihm, Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) und dem Präsidenten der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, präsentiert.

Ihm, Schuh, sei von Anfang an klar gewesen, dass dieser Bericht für die Medien gedacht war. Denn sein eigentliches „Arbeitspaper“ sei ein Anhang mit 142 Seiten gewesen, der dem U-Ausschuss nach Angaben der Opposition erst kürzlich vorgelegt wurde. Die Veröffentlichung des Anhangs, des eigentlichen Berichts, sei divers diskutiert worden. Er habe dann aber den Anhang auf „eigenes Risiko“ dem U-Ausschuss geschickt – von zwei Seiten sei das Signal dazu gekommen, unter anderem von der WKStA, die kein Problem darin gesehen habe.

Auf die Frage von NEOS, wie der echte Bericht an die WKStA kam, hielt Schuh fest, dass alles über die Finanzprokuratur lief. Ihm sei bekannt gewesen, dass das Finanzministerium den Bericht von der Akteneinsicht ausnehmen wollte. Schuh habe schließlich, als er erfahren hat, dass der 142 Seiten lange Bericht der WKStA vorliegt, dort angerufen – offenbar mit Blick auf die Aktenvorlage an den Untersuchungsausschuss.

„Living Paper“

Die Prüfung begann am 8. Oktober und endete laut Schuh am 15. Dezember. Insgesamt waren – mit ihm – fünf Personen daran beteiligt, die – ohne ihn – 122 Tage investiert hätten. Nach Schuhs Angaben war der Auftrag zur Prüfung breit genug, man habe alle Hände voll zu tun gehabt, um die Fristen einzuhalten, so die Auskunftsperson. Es gebe aber kein Ressourcenproblem, sondern es hänge von den Prioritäten des Auftrags ab. Eine Diskussion über einen „breiten Auftrag“ habe es aber nicht gegeben. Man habe auch bewusst nur die Aktenlage geprüft, also alle vorhandenen Dokumente wie Studien und E-Mails.

Christian Hafenecker (FPÖ)
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Für die FPÖ stellte Mandatar Christian Hafenecker die Fragen

Zuerst sei der lange Bericht fertiggestellt worden, in einer Sitzung am 13. Dezember im Finanzministerium wurde entschieden, dass dieser zunächst nicht veröffentlicht werden soll. Dieser Auftrag „dürfte eher über Peschorn“ gegangen sein. Aber grundsätzlich sei der Bericht ein „Living Paper“ gewesen, wie der Leiter der internen Revision auf SPÖ-Nachfrage ausführte. Es habe immer wieder Zwischenentwürfe gegeben. Ein Entwurf sei Anfang November etwa ausgedruckt worden und an Peschorn übermittelt, dieser habe handschriftliche Anmerkungen gemacht.

Ein Berichtsentwurf wurde am 29. November fertiggestellt und einen Tag später an bestimmte Personen im Finanzministerium verteilt – auch die Generaldirektion des Finanzministeriums. Auf die Frage der Verfahrensrichterin Christa Edwards, ob er, Schuh, Wahrnehmungen habe, ob es einen Konnex zu den anschließenden „politischen Umwälzungen“ gab, sagte der Beamte: Eine Kausalität zu den Rücktritten von Kurz und Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) habe er nicht wahrgenommen.

Kommunikation „einfangen“

Wesentliche Ergebnisse des Revisionsbericht waren, dass im Finanzministerium das Budget für Werbung deutlich gestiegen ist und die Dokumentation der Studien – beginnend mit dem Anbot bis zu den Studien selbst – nicht den Regeln entspricht. Negativ aufgefallen ist der internen Revision insbesondere eine Studie zur „Wirtschafts- und Budgetpolitik“. Im September 2016 gestartet, hätte sie nur 34.680 Euro kosten sollen. Bezahlt wurden aber 155.940 Euro, weil bis Jänner 2018 neun zusätzliche Rechnungen gelegt wurden. Welchen Sinn die „Ergänzungsarbeiten“ hatten, sei nicht nachvollziehbar.

Eindrücke vom ÖVP-Untersuchungsausschuss
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Zu Beginn des Ausschusstages wurde der Leiter der internen Revision im Finanzministerium befragt

Auf Nachfrage der FPÖ, was er vom deutlichen Anstieg des Werbebudgets (binnen drei Jahren von drei auf 13 Millionen Euro) halte, sagte Schuh: „Wir haben das dargestellt in der Untersuchung.“ Die Inserate habe man aber nicht prüfen können, überprüft wurde auch nur die Kooperation mit der Mediengruppe „Österreich“. Schuh machte deutlich, dass es in der Kommunikationsabteilung des Finanzressorts keine Strategie und keine Budgetplanung gegeben habe. Bis Juni müsse man einen weiteren Prüfungsauftrag zu anderen Abteilungen erfüllen. Geprüft werde das Beschaffungswesen.

Die ÖVP fragte schließlich nach Empfehlungen, die Schuh nach der Prüfung geben könnte. Der Leiter der internen Revision betonte, dass es auch für die Kommunikationsabteilung möglich sein soll, ein Budget einzuplanen. Im Bereich der Beschaffung und des Controllings sollte auch die Kommunikation „eingefangen“ werden.