Schild 2-G-Nachweis und FFP2-Maske
ORF.at/Georg Hummer
CoV-Zahlen steigen

Ampel für „geeignete“ Maßnahmen

Die Zahl der täglichen CoV-Neuinfektionen hat in den vergangenen beiden Tagen neue Höchststände erreicht. Auch die Belastung auf den Normalstationen der Spitäler steigt. Die Ampelkommission sprach sich am Donnerstag aus diesen Gründen für die „Umsetzung geeigneter Präventionsmaßnahmen“ aus. Das Gesundheitsministerium erklärte, neuerliche Verschärfungen kurz nach der weitgehenden Öffnung wären der Bevölkerung „nicht vermittelbar“.

„Die Inzidenz befindet sich auf einem bisher nicht beobachteten hohen Niveau, was teilweise auf die Öffnungsschritte der letzten Wochen zurückgeführt werden kann“, heißt es im aktuellen Bericht der Ampelkommission. Die Kommission empfehle daher aufs Neue, „bei Treffen (insbesondere mit vulnerablen Personen) die bewährten Präventionsmaßnahmen auch dann beizubehalten, wenn sie nicht mehr verordnet sind“.

Weiters heißt es: „Aufgrund des steigenden Trends und der steigenden Belastung in den Krankenanstalten empfiehlt die Corona-Kommission die Umsetzung geeigneter Präventionsmaßnahmen.“ Die Ampel wurde in ganz Österreich wieder auf Rot gestellt. Gingen die Zahlen in den vergangenen Wochen tendenziell leicht zurück, zeigt der 14-Tage-Trend nun wieder teils kräftig nach oben. Auch das Systemrisiko an den Normalstationen ist im Steigen begriffen.

Ampelkommission für Maßnahmen

Über 49.000 CoV-Neuinfektionen hat es von Mittwoch auf Donnerstag gegeben. Die CoV-Kommission hat daher die Bundesländer auf das höchste Risiko, auf rot, gestellt. Außerdem fordern sie die Wiedereinführung von den CoV-Maßnahmen.

Formulierung geändert

Die Vorgänge in der Sitzung der Kommission seien „einigermaßen eigen“ gewesen, berichtete die APA. Zunächst wurde mit nur einer Enthaltung – nämlich der Vertretung des Kanzleramts – eine vergleichsweise scharfe Formulierung verabschiedet. „Aufgrund des steigenden Trends und der steigenden Belastung im Bereich der Normalstationen empfiehlt die Corona-Kommission die bundesweite Wiedereinführung von geeigneten Präventionsmaßnahmen“, hatte der Text dem „Standard“ zufolge zuerst gelautet.

Laut „Standard“ hatte sich Chief Medical Officer und GECKO-Leiterin Katharina Reich zunächst für diese Formulierung ausgesprochen. Wenig später sei die oberste Beamtin im Gesundheitsministerium zurückgerudert und habe appelliert, die Formulierung zu ändern. Zuvor habe sich Reich wegen eines „wichtigen Anrufs“ kurzzeitig entschuldigen lassen – wer am anderen Ende der Leitung war, ist nicht bekannt. Bei der Abstimmung über den neu formulierten Text hätten sich die Vertreterinnen und Vertreter von Niederösterreich, Vorarlberg, Kärnten, dem Burgenland, Salzburg und jene des Bundeskanzleramts enthalten, so der „Standard“.

Ministerium: „Verschärfung“ wäre „nicht vermittelbar“

Das Gesundheitsministerium sprach sich gegenüber der APA gegen neuerliche Verschärfungen aus. „Wir müssen sehr darauf achten, Akzeptanz und Verständnis in der Bevölkerung nicht zu verlieren. Eine Verschärfung der Corona-Maßnahmen wenige Tage nach der weitgehenden Öffnung wäre der Bevölkerung nicht vermittelbar“, hieß es. Sie sei nach den Prognosen, die die CoV-Kommission selbst veröffentlicht habe, auch nicht nötig. Eine Überlastung des Gesundheitssystems sei in keinem einzigen Bundesland absehbar.

Verwiesen wurde etwa darauf, dass man nicht nur auf die reinen Infektionszahlen schauen dürfe, sondern auch auf den Anteil der symptomatischen Erkrankungen und in weiterer Folge auch auf die Lage in den Spitälern und Gesundheitseinrichtungen. Die Zahl der asymptomatischen Fälle liegt derzeit bei 29 Prozent. Das ist zum größten Teil Wien zu verdanken, das eine breite Teststrategie verfolgt und mehr als zwei Drittel der Fälle als asymptomatisch ausweist. Zum Vergleich: In Tirol ist es ein Prozent, in Kärnten sind es sieben.

Selbstverständlich sei es den Ländern selbst überlassen, in ihrem Bereich schärfere Maßnahmen zu ergreifen, schreibt das Gesundheitsministerium. Der Bund lege nur die Unterkante der Maßnahmen fest. Diese sei aus heutiger Sicht richtig.

Ungünstige Entwicklung auf Normalstationen

Die Entwicklung sei gegenüber der Vorwoche ungünstig, heißt es seitens der Ampelkommission. War da Wien schon nahe daran, die Höchstrisikozone zu verlassen, sieht es nun wieder anders aus. Die Risikozahl, anhand der die Farbgebung bestimmt wird, ist überall nach oben gegangen. Lag sie für das Bundesgebiet vor einer Woche noch bei 169, erreicht sie jetzt knapp 215. Um wenigstens in die zweithöchste Risikozone „Orange“ zu kommen, dürfte die 100 nicht überschritten werden.

Wien bleibt klar bestes Bundesland und hat aktuell einen Wert von 122 bei der Risikozahl, die neben den reinen Infektionen auch Parameter wie Impfstatus und Alter der Patientinnen und Patienten berücksichtigt. Vergangene Woche lag der Wert bei 105. Stabil Schlusslicht – diesmal mit einem Wert von 363 – ist Tirol. Besonders stark war der Fallanstieg in den vergangenen beiden Wochen im Burgenland mit 22 Prozent, vergleichsweise am geringsten in der Bundeshauptstadt mit vier Prozent.

Relativ ungünstig entwickelt sich die Situation auch an den Normalstationen der Spitäler. Das Burgenland ist schon im zweistelligen Prozentbereich bei der CoV-spezifischen Belegung. Der Prozentsatz dürfte sich in den kommenden Wochen noch einmal um rund 50 Prozent auf 15 Prozent erhöhen. In allen anderen Bundesländern werden sich die CoV-Fälle in den Krankenhäusern ebenfalls häufen, auch auf den Intensivstationen, wenngleich dort in einem wohl verkraftbaren Ausmaß.

Neuer Höchststand bei täglichen Infektionen

Gesundheits- und Innenministerium meldeten am Donnerstag erneut einen neuen Höchstwert bei den Neuinfektionen. Binnen 24 Stunden gab es laut Ministerien 49.432 neue Ansteckungen. In den Daten der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, in der das Diagnosedatum der gemeldeten Fälle miteinbezogen ist, wurde die Marke von 50.000 Fällen bereits am Dienstag geknackt.

In den Spitälern ging die Zahl der Patientinnen und Patienten nach Angabe der Ministerien zurück. Stationär mussten am Donnerstag insgesamt 2.668 Infizierte behandelt werden, um 96 weniger als am Vortag. 179 Schwerkranke lagen auf Intensivstationen, um drei weniger als am Vortag. Auch wenn die Zahl der zu Behandelnden stabil scheint, führt die hohe Zahl an Infizierten natürlich auch zu Ausfällen beim Krankenhauspersonal und Absagen nicht dringender Operationen. In Wien etwa wurde erst am Mittwoch ein Höchststand an CoV-Kranken auf Normalstationen erreicht.

Seit Mittwoch wurden österreichweit 23 weitere Todesfälle registriert. Seit Pandemiebeginn gab es somit bereits 15.136 Todesopfer. Allein in der vergangenen Woche starben 212 Infizierte. Pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner sind 168,6 Menschen an oder mit Covid-19 gestorben.

Ärztekammer-Kritik an Öffnungen

Die Ärztekammer hat am Donnerstag mit scharfer Kritik auf die Aufhebung fast aller Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus und das Aussetzen der Impfpflicht reagiert. Auf eine Bevölkerungsgruppe sei dabei vergessen worden, meinte Harald Mayer, Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte und Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer: „An das Spitalspersonal denkt wieder einmal niemand.“

Während bei den Infektionszahlen aktuell Rekordwerte erreicht werden, sind laut Mayer die CoV-Normalstationen bereits so stark ausgelastet, „dass uns bereits die Betten ausgehen und dass ein Teil des Personals entkräftet und entnervt bzw. infiziert ist, reihenweise kündigt oder Versetzungen anstrebt“.

Mayer appellierte an die Politik, insbesondere an den neuen Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne), bei den Entscheidungen „nicht nur an den kurzfristigen Applaus“ zu denken, sondern zu hinterfragen, „ob wirklich alle Lockerungen im Sinn einer gelebten gesundheitspolitischen Solidarität sein müssen“. In diesem Zusammenhang forderte der Bundeskurienobmann explizit die Wiedereinführung „einer strengeren FFP2-Maskenpflicht, insbesondere in Innenräumen“.