Impfpflicht: Schernhammer für Beibehaltung im Medizinbereich

Die Epidemiologin Eva Schernhammer tritt für eine Impfpflicht im medizinischen Bereich ein. Das ist insofern von Bedeutung, als sie Mitglied jener Fachleutekommission war, die der Regierung eine Aussetzung der allgemeinen Impfpflicht empfohlen hatte. In der „Wiener Zeitung“ meinte sie: „Persönlich finde ich, dass die Impfung gegen Covid-19 im Gesundheitswesen, wie das in den USA selbstverständlich auch bei anderen Impfungen längst der Fall ist, Pflicht sein sollte.“

In der Altenpflege sei das, wenn es um das Coronavirus gehe, mindestens gleich wichtig, wenn nicht sogar noch wichtiger, meint Schernhammer: „Denn die Todesraten steigen ab 80 aufwärts extrem stark.“ Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) hatte hingegen gestern in mehreren Interviews eine Impfpflicht für einzelne Gruppen abgelehnt. Auch der Epidemiologe Gerald Gartlehner von der Donau-Universität Krems forderte zuvor eine Impfpflicht im Gesundheitswesen.

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Kritik von SPÖ und FPÖ

Heftige Kritik an der von der Regierung beschlossenen Aussetzung der Impfpflicht übte zuvor gestern SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner. In einer Pressekonferenz hielt sie der türkis-grünen Koalition einen „Zickzackkurs“ vor, der „ein sehr schwerer Fehler“ sei.

FPÖ-Chef Herbert Kickl wiederholte seinerseits neuerlich den Standpunkt, das Impfpflichtgesetz müsse komplett fallen. Unterdessen hat Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) den Entwurf für die nötige Verordnung vorgelegt.

Vorerst auch keine Strafen

Es wird wohl – nach der für morgen geplanten Zustimmung des Hauptausschusses – die erste Verordnung des am Montag angelobten neuen Gesundheitsministers. Sie schreibt kurz und bündig vor, dass die wesentlichen Bestimmungen des Covid-19-Impfpflichtgesetzes – Impfpflicht ab 18, Strafen – bis 31. Mai ausgesetzt sind. In drei Monaten soll neu entschieden werden, gab die Regierung gestern bekannt.

Nach dem am 5. Februar in Kraft getretenen Gesetz hätten Verstöße ab Mitte März bestraft werden sollen. Ein solcher Grundrechtseingriff wäre bei der derzeit vorherrschenden Omikron-Variante aber unverhältnismäßig, stellte die Expertenkommission fest, deren Bericht Basis für die türkis-grüne Entscheidung war.

SPÖ-Chefin beklagt Verwirrung

„Es kennt sich niemand mehr aus“, konstatierte Rendi-Wagner angesichts des Vorgehens der Regierung. Zuerst habe es geheißen „Impfpflicht ja“, jetzt heiße es „Impfpflicht nein“. Zuerst habe es geheißen „testen ja“, jetzt heiße es „testen nein“, verwies Rendi-Wagner auf Überlegungen zur Einschränkung der Gratistests.

Während Österreich jetzt die höchsten Infektionszahlen in der Pandemie habe, würden alle Regeln über Bord geworfen. Die SPÖ-Vorsitzende vermisste vor allem eine Antwort auf die Frage, wie Österreich sicher in den Herbst komme.

Als größte Aufgabe der Regierung sieht Rendi-Wagner, die derzeit sehr niedrige Impfrate zu steigern. Festhalten will sie an den Tests, auch Schutzmaßnahmen hält sie weiter für nötig. Konkret wünscht sich die SPÖ-Vorsitzende weiter Masken in Innenräumen und für die Nachtgastro 2-G oder 3-G.

Kickl verspricht weiter „Widerstand“

FPÖ-Parteichef Herbert Kickl betonte indes neuerlich, er freue sich zwar darüber, dass die Impfpflicht („dieser Irrsinn“) für zumindest drei Monate gestoppt ist. „Ich werde aber erst zufrieden sein, wenn dieses Impfpflichtgesetz vom Tisch ist“, wiederholte er auf einer Pressekonferenz.

In Richtung der ÖVP-Landeshauptleute, die ursprünglich stark für die Impfpflicht eingetreten waren, zuletzt aber das Aussetzen betrieben hatten, sagte er: „Wenn ich mir die Windungen der ÖVP-Landeshauptleute insbesondere anschaue, dann schauen die bald aus wie das Gebilde eines Korkenziehers.“ Die FPÖ werde jedenfalls weiterhin „entschlossen Widerstand“ gegen die Impfpflicht leisten.