Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP)
APA/Georg Hochmuth
Ukraine

Voller Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge

Ukrainische Flüchtlinge werden vollen Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt erhalten. Das sagte ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) am Freitag in einer Pressekonferenz. Beschäftigungsbewilligungen werden nach einer Registrierung von Amts wegen möglich sein, die bürokratischen Wege sollen für die Vertriebenen kurz gehalten werden.

Die Regierung wolle dafür eigene Servicestellen schaffen, wie Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) ankündigte. Wie die Ressortchefin bei der Pressekonferenz ausführte, sollen so viele Behördenwege und Informationen wie möglich an einem Tag und an einem Ort erledigt werden können.

Die „Servicepoints“ soll es in allen Bundesländern geben, etwa bei Grundversorgungsstellen und Zentren des Integrationsfonds. Die Betreuung dort soll muttersprachlich oder gedolmetscht erfolgen.

Rascher Arbeitsmarktzugang für ukrainische Flüchtlinge

Die Regierung will Kriegsvertriebene aus der Ukraine rasch auf dem Arbeitsmarkt integrieren. Pläne dazu wurden von ÖVP-Arbeitsminister Kocher, Integrationsministerin Raab (ÖVP) und ÖVP-Bildungsminister Polaschek am Freitag bekanntgegeben.

Weiters laut Raab vorgesehen sind beim Integrationsfonds in Wien Integrationstreffen speziell für Frauen. Dabei sollen Vertriebene auch mit Ukrainern zusammenkommen, die bereits in Österreich leben: „Das ist auch gut für die Seele.“

Polaschek: Deutschförderklassen in Vorbereitung

Auch die Kinder sollen entsprechende Betreuung erhalten. ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek sagte, dass eigene Deutschförderklassen in Vorbereitung seien. Wo das nicht möglich ist, soll es Kurse oder Programme geben.

Für die Eltern werden umfassende Infopakete zum österreichischen Bildungswesen geschnürt – in Englisch und Ukrainisch. Sie sollen flächendeckend auf diversen Websites auch in den Bundesländern zur Verfügung stehen, kündigte der Bildungsminister an.

Was die Unis angeht, soll es auch im akademischen Bereich möglich werden, unkompliziert ins Arbeitsleben einzusteigen. Die Aussetzung der Studienbeiträge gilt auch für Ukrainerinnen und Ukrainer, die schon bisher im Land an den Hochschulen gelernt haben. Man wolle sie nicht mit zusätzlichen Sorgen belasten, so Polaschek.

Ausländische Zeugnisse sollen rascher anerkannt werden

Schnell sollen die Vertriebenen auch auf dem Arbeitsmarkt integriert werden, so sie das wollen, wie Kocher betonte. Er ersuchte Betriebe, die den Flüchtlingen einen Job offerieren wollen, sich an das Arbeitsmarktservice (AMS) zu wenden. Möglichst rasch soll auch der Nostrifizierungsprozess ausländischer Zeugnisse laufen.

Die Beschäftigungsbewilligung wird von Amts wegen erteilt, es fallen also keine Kosten an. Voraussetzung ist allerdings eine Registrierung im Innenministerium, verbunden mit einem Vertriebenenausweis. Das werde einige Tage bis Wochen dauern, sagte der Arbeitsminister. Wenn dann ein Arbeitgeber eine Beschäftigungsbewilligung beim AMS einholt, soll dieser rasch nachgegeben werden, ergänzte das Arbeitsministerium nach der Pressekonferenz. Es stehen jedenfalls alle Sektoren für die betroffene Flüchtlingsgruppe offen.

Aufgestockt werden laut Kocher die Kompetenzchecks. Man will schauen, welche Qualifikation die Geflüchteten mitbringen. Der Minister geht davon aus, dass die Personengruppe leichter auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren ist als jene bei der letzten großen Flüchtlingswelle aus Syrien. Die Menschen werden auch sonst alle Angebote des AMS nützen können, etwa zur Weiterbildung und Qualifikation. Außerdem soll es mehr Deutschkurse geben.

Mehr Geld für Bundesländer

Bisher sind nach Angaben von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) rund 97.000 Geflüchtete aus der Ukraine in Österreich angekommen, allein am Donnerstag waren es 12.000. Bund und Länder einigten sich bei den Kostenhöchstsätzen in der Grundversorgung auf eine Anpassung von 21 auf nun 25 Euro, gaben Karner und Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), derzeit Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, bekannt.

Aus der Ukraine geflüchtete Menschen am Wiener Hauptbahnhof
APA/Tobias Steinmaurer
Fast 100.000 Flüchtlinge aus der Ukraine sind bisher in Österreich angekommen, die meisten befinden sich auf der Durchreise

75 Prozent der Angekommenen hätten angegeben, weiterreisen zu wollen, so Karner. Dennoch müsse man sich auch in Österreich mit zunehmender Dauer des Krieges darauf einstellen, dass die Fluchtbewegung stärker werde. Es gelte daher, wo immer es gehe, Quartiere bereitzuhalten.

27.000 Plätze bei Privaten

„Wir spüren eine unglaubliche Welle der Hilfsbereitschaft“, sagte Karner und dankte Ländern, Gemeinden und Zivilgesellschaft für das gemeinsame Bemühen. Auf der Plattform der Bundesbetreuungsagentur wurden bereits 27.000 Plätze zur Unterbringung angeboten, hieß es am Freitag auf Anfrage der APA. Unter den Anbietern sind auch 100 Hotels, die gratis Raum zur Verfügung stellen.

„Nachbar in Not“: Große Hilfsbereitschaft

Bei der ORF-Spendenaktion „Nachbar in Not“ wurden am Donnerstagabend mehr als fünf Millionen Euro für die Flüchtlinge aus der Ukraine gesammelt.

Diese Quartiere werden den Ländern für deren Kontingente zugeteilt. In den Bundesquartieren ist zumindest vorläufig noch Platz. 3.600 Plätze sind aktuell vergeben, bis zu 3.200 weitere könnte man belegen. Für Flüchtlinge aus der Ukraine wurden vier Quartiere speziell bereitgestellt, indem man Asylwerberinnen und Asylwerber aus anderen Ländern an anderen Orte verlegte. Es sind das Graz-Puntigam, Villach, Ohlsdorf und Mondsee. Dort sind im Tagesschnitt zwischen 500 und 600 Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht.

Großes Interesse erfährt die Hotline der Bundesbetreuungsagentur, in der Fragen in ukrainischer Sprache beantwortet werden können. Bisher wurden rund 12.000 Anrufe gezählt. Fragen drehen sich etwa darum, wie man zu Medikamenten, die ausgegangen sind, aber benötigt werden, kommt, wann es einen Zugang zum Arbeitsmarkt gibt und was man mit den eigenen Haustieren machen kann, wenn diese in den Notunterkünften nicht erlaubt sind.