Polizei und Militärs stehen bei der Absturzstelle der Drohne in Zagreb
AP/Darko Bandic
Drohnenabsturz

Kroatien fordert bessere NATO-Koordination

Nach dem Absturz einer offenbar von ukrainischem Gebiet aus gestarteten Militärdrohne in Zagreb hat Kroatiens Ministerpräsident Andrej Plenkovic eine bessere Kooperation innerhalb der NATO verlangt. Die Reaktion der NATO sei unzureichend, kritisierte er – die Drohne sei durch den Luftraum zweier NATO-Mitgliedsstaaten geflogen, bevor sie nahe einem Wohngebiet abgestürzt sei.

Das sei „nicht hinnehmbar“, so Plenkovic am Samstag beim Besuch der Absturzstelle in Zagreb. Er habe wegen des Vorfalls Briefe an seine EU-Kollegen und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg geschickt. „Wir können eine solche Situation nicht mehr tolerieren.“ Bei der Drohne vom Typ Tupolew Tu-141 habe es sich um eine „sehr klare Bedrohung“ gehandelt, „auf die es eine Reaktion geben muss“.

Der kroatische Ministerpräsident kritisierte, dass die Drohne unbehelligt durch die Lufträume Rumäniens und Ungarns geflogen sei, bevor sie in den kroatischen Luftraum eindrang. Kroatien, Rumänien und Ungarn sind allesamt NATO-Mitglieder. Nach Angaben der kroatischen Behörden befand sich die Drohne rund 40 Minuten lang im ungarischen Luftraum, ohne dass Kroatien alarmiert wurde. Von der kroatischen Hauptstadt aus bis zur ukrainischen Grenze sind es Luftlinie mindestens 550 Kilometer.

Ein Krater bei der Absturzstelle der Drohne in Zagreb
Reuters/Antonio Bronic
Die Drohne hinterließ ein rund ein Meter tiefes Loch

Kroatische Luftabwehr reagierte auch nicht

Offenbar hat aber auch die kroatische Luftabwehr nicht entsprechend reagiert – entsprechende Fragen konnte Kroatiens Präsident Zoran Milanovic am Freitag nicht beantworten. Die auflagenstärkste kroatische Boulevardzeitung „24 sata“ zitierte am Freitag aus einer Erklärung der Regierung, wonach das Fluggerät in rund 1.300 Meter Höhe mit einer Geschwindigkeit von etwa 700 Stundenkilometern von Osten nach Westen unterwegs gewesen sei.

Die 14 Meter lange und mehr als sechs Tonnen schwere Drohne aus sowjetischer Produktion war am späten Donnerstagabend rund sechs Kilometer vom Zagreber Stadtzentrum und nur 200 Meter von einem Wohngebiet entfernt in einen Park gestürzt. Sie hinterließ ein drei Meter breites und rund ein Meter tiefes Loch. Etwa 40 in der Nähe geparkte Autos wurden beschädigt, Verletzte gab es nicht. In dem Wohngebiet leben etwa 4.500 Menschen.

Gebaut in Russland, eingesetzt auch in Ukraine

Kroatiens Generalstabschef Robert Hranj sprach von einem „ziemlich ernsten“ Vorfall. Der Zwischenfall nährt Ängste, dass der russische Angriffskrieg in der Ukraine sich auf weitere Staaten ausweiten könnte. Plenkovic sagte am Samstag, es sei unklar, „in wessen Besitz“ die Drohne gewesen sei. Offen sei auch, ob der Flug in Richtung des NATO-Luftraums „ein Unfall, ein Fehler oder Absicht war“. Sowohl die Ukraine als auch Russland hätten bestritten, die Drohne gestartet zu haben.

Drohnen vom Typ Tupolew Tu-141 wurden in den 1970er und 80er Jahren von der Sowjetunion eingesetzt. Es handelt sich dabei um eine Drohne zur Fernaufklärung mit einer Reichweite von rund 1.000 Kilometern. Die ukrainischen Streitkräfte besitzen dieses Modell.

„Intensive Untersuchung“ im Gange

Kroatische Sicherheitsexperten hatten bereits am Freitag ein Versagen der NATO angeprangert. Milanovic forderte eine Untersuchung dazu, warum die Drohne „fast eine Stunde lang über NATO-Gebiet fliegen konnte, ohne dass es jemand bemerkt hat“. Das sei aber „nicht nur eine Sache Ungarns, es ist eine Sache des gemeinsamen NATO-Führungskommandos“.

Nach Angaben des kroatischen Generalstabschefs Hranj ist eine „intensive Untersuchung“ zu den Hintergründen des Vorfalls im Gange. Dazu stehe das kroatische Militär auch in „engem Kontakt mit NATO-Kommandeuren“. Ein NATO-Vertreter sagte der Nachrichtenagentur AFP am Freitag, die integrierte Luftverteidigung der NATO habe „die Flugbahn eines Objekts verfolgt, das schließlich in Zagreb abstürzte“.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) erklärte in einer Aussendung, der Vorfall zeige, dass der Krieg in der Ukraine nicht weit weg von Österreich sei und direkte Auswirkungen auf andere europäische Länder habe. Es sei wichtig, dass die EU geeint sei und mit "friedlichen Mitteln sowie harten Sanktionen gegen die russische Aggression in der Ukraine auftritt“.