Auto an einer Tankstelle
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Energiepreise

Zahlreiche Vorschläge auf dem Tisch

Das Bundeskanzleramt hat am Sonntag zu einem runden Tisch mit Fachleuten und Energiewirtschaft geladen, um über die Abfederung der hohen Energiepreise zu beraten. Dabei ging es zunächst um eine Bestandsaufnahme. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hatte zuvor schon eine SPÖ-Forderung abgetan: Er sprach sich gegen ein Aussetzen der Mehrwertsteuer aus.

Konkrete Ergebnisse gab es nach dem runden Tisch im Bundeskanzleramt am Sonntag nicht, Ziel der „Arbeitssitzung“ sei ein „Faktencheck" gewesen“, erklärte Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) in einer Aussendung. Dazu habe man über eine Einschätzung der Energiepreise beraten und auch über die Bevorratung in Österreich gesprochen. Mögliche Maßnahmen kämen erst in einem zweiten Schritt „in den kommenden Tagen auf politischer Ebene“, so Nehammer.

Derzeit lägen Dutzende Vorschläge auf dem Tisch. Diese werde man mit einem „klaren Blick und kühlen Kopf“ analysieren, um betroffenen Menschen zu helfen, so Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). Der wiederholt geäußerten Forderung der SPÖ, die Mehrwertsteuer auf Strom, Gas, Benzin und Diesel auszusetzen, dürfte dabei kein Gehör geschenkt werden.

„Energiegipfel“ soll Inflation dämpfen

Die türkis-grüne Bundesregierung hat führende Vertreter der Energiewirtschaft zu einem runden Tisch geladen. Dabei ging es um Maßnahmen, wie die Bevölkerung entlastet werden kann.

Lohn-Preis-Spirale soll verhindert werden

Finanzminister Brunner hatte vor dem runden Tisch bereits in der ORF-„Pressestunde“ erklärt, dass er dem Vorschlag skeptisch gegenüberstehe. Eine solche Maßnahme entlaste Besserverdienende nach dem Prinzip Gießkanne stärker, so Brunner. Er wolle die Bevölkerung zielgerichtet entlasten. Er sprach dabei von einer Energieabgabensenkung – eine Maßnahme, die auch der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), Gabriel Felbermayr, zu Beginn des runden Tisches als möglichen Teil „des Maßnahmenmixes“ bezeichnete.

„Die Mehreinnahmen, die der Staat hat, über Mehrwertsteuer und Mineralölsteuer, werden wir den Bürgern und Unternehmen zurückgeben“, so Brunner. Auch eine temporäre Senkung der Lohn- und Einkommenssteuern oder der Sozialversicherungsbeiträge läge am Tisch. Man werde alles einer seriösen Betrachtung unterziehen, was das Sinnvollste sei. Es gehe auch darum, trotz der hohen Inflation eine Lohn-Preis-Spirale zu verhindern.

Kein Aufschnüren von CO2-Preis

Auch über den CO2-Preis könne man natürlich reden, dieser sei aber ein sehr wichtiger Teil der ökosozialen Steuerreform. Brunner sagte, er möchte diese ob der hohen Entlastung aber nicht wieder aufschnüren. Beim CO2-Preis und dem regionalen Klimabonus als Gesamtpaket sei die Entlastung höher als die Belastung. Es gehe auch darum, „die andere Herausforderung unserer Zeit, nämlich die Klimakrise, zu bekämpfen“.

Brunner konnte sich in der „Pressestunde“ auch vorstellen, den Einbau von Gasheizungen früher als 2025 wie im Regierungsprogramm vereinbart zu verbieten. Eine Vorziehung sei durchaus denkbar, sagte Brunner unter dem Eindruck der hohen Gasabhängigkeit Österreichs und des Ziels, in 18 Jahren, also 2040, klimaneutral zu sein.

Brunner zu Entlastungsmaßnahmen und CO2-Bepreisung

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) nahm in der „Pressestunde“ Stellung zu den steigenden Energiepreisen

Für betroffene Unternehmen in Österreich soll es ab 2023 einen Transformationsfonds geben, um den Ausstieg von fossilen Energieträgern zu schaffen. Kurzfristig müsse aber auch die energieintensive Industrie von den hohen Öl- und Gaspreisen entlastet werden, so Brunner. Auch das Hilfsinstrument der Kurzarbeit könne in der aktuellen Krise infolge des Ukraine-Kriegs eine Rolle spielen.

Rendi-Wagner: „Schlag ins Gesicht“

Scharfe Kritik an dem Gipfel übte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner in der ZIB2: Dass es keine Ergebnisse gegeben habe, sei „ein Schlag ins Gesicht“ all jener, die die Teuerung jetzt spüren würden. Die Regierung müsse endlich Maßnahmen setzen. „Die Bundesregierung soll den Faktencheck bei der Bevölkerung machen", so Rendi-Wagner, die sich weiterhin für eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Treibstoff aussprach. Sie widersprach auch dem Argument, dass das sozial nicht treffsicher sei: Gerade Personen mit geringem Einkommen würde das stärker helfen.

SPÖ-Chefin Rendi-Wagner zur Teuerung

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner spricht im ZIB2-Interview über Maßnahmen gegen die Teuerung und die De-facto-Aufhebung der Impfpflicht.

Opposition ortet Untätigkeit

Die SPÖ hatte Brunner schon zuvor Untätigkeit vorgeworfen. „Seit Dezember ist Brunner nun im Amt, bisher ist nichts passiert“, kritisierte der SPÖ-Abgeordnete Jörg Leichtfried. Die FPÖ erklärte, die Regierung würde Österreich in die „Stagflation“ führen – "mit einer stagnierenden Wirtschaft, Betriebsschließungen und hoher Arbeitslosigkeit bei gleichzeitig hoher Teuerungsrate“, so FPÖ-Wirtschaftssprecher Erwin Angerer. NEOS pochte einmal mehr auf die Abschaffung der kalten Progression. Eine „Gutschein“-Mentalität der Regierung würde die Inflation unter Umständen sogar befeuern, so NEOS.

Brunner zu Hilfen in Pandemie und Energiekrise

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) über seine Vorstellungen zur Entlastung der Bevölkerung.

Die Industriellenvereinigung (IV) drängte auf rasche Hilfe, um die „überschießenden Energiepreise“ abzufedern. Die Strompreiskompensation müsse schnell erfolgen. „Wenn die Politik nicht gegensteuert, werden wir unsere Industrie in der heutigen Form nicht aufrechterhalten können“, so IV-Präsident Georg Knill. Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer drängte auf eine Kombination aus Mineralölsteuer und Mehrwertsteuer zur Entlastung sowie auf die noch offene Härtefallregelung für jene Unternehmen, die von der CO2-Bepreisung stark betroffen sein werden.

Die Umweltschutzorganisation WWF drängte vor dem Energiegipfel auf Lösungen, die langfristig wirken. Statt kurzfristiger Scheinlösungen brauche es sinnvolle Auswege aus der fossilen Preisfalle, so WWF-Energiesprecher Karl Schellmann. Der großteils von der Arbeiterkammer finanzierte Think-Tank Momentum Institut forderte einen „Energiepreisdeckel“ und eine Verdoppelung des Klimabonus. Das würde die Mehrkosten besser und treffsicherer abfedern als eine Steuersenkung bei Mehrwertsteuer oder Mineralölsteuer.