Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne)
APA/Tobias Steinmaurer
Coronavirus

Gratistests bleiben mit Einschränkungen

Ende März läuft das derzeitige CoV-Testregime aus. Innerhalb der Regierung gab es Diskussionen, was danach kommen soll. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) verkündete am Dienstag eine Einigung. Ab 1. April sollen pro Person und Monat jeweils fünf PCR- und fünf Antigen-Tests gratis zur Verfügung stehen. Auch die Quarantäne für Ungeschützte wird laut Rauch gelockert.

Zusätzliche Tests soll es laut Rauch für Menschen mit Symptomen und in besonders heiklen Settings wie Alters- und Pflegeheimen geben. Rauch: „Wer einen kostenlosen Test braucht, erhält ihn auch.“ Derzeit sei nicht die Zeit, das Pandemiemanagement „in Bausch und Bogen“ über Bord zu werfen. Darüber hinaus soll das Pandemiegeschehen verstärkt über das Abwassermonitoring beobachtet werden.

Am Wochenende gab es zum künftigen Testregime widersprüchliche Meldungen. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) deutete an, dass die Gratistests „nicht mehr für alle zu jeder Zeit“ verfügbar sein sollen. Denn die Kosten der Tests seien „gewaltig“. Rauch hingegen wollte an den Gratistests festhalten. Eine Aufteilung in unterschiedliche Gruppen wie etwa für das Gesundheitspersonal nannte er „nicht sinnvoll“.

Neue CoV-Teststrategie präsentiert

Am Dienstag hat Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) die neue CoV-Teststrategie verkündet. Ab April werden die Gratistests auf fünf PCR- und fünf Antigen-Tests pro Monat eingeschränkt und die Quarantäneregeln gelockert.

Rauch will an Maßnahmen festhalten

Keine Angaben konnte Rauch machen, wie viel welcher Test wo kosten werde. Es bleibe aber den Ländern unbenommen, etwa für Arbeitgeber Zuschussmodelle für ein breiteres Testangebot mitzufinanzieren. Für die Fortsetzung der Teststrategie im Schulbereich verwies Rauch auf ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek. Dieser arbeite derzeit in Abstimmung mit den Bildungsdirektionen der Länder einen Plan aus.

Trotz der extrem hohen Infektionszahlen will Rauch an den Maßnahmen wie bisher festhalten und nicht erneut etwa die Maskenpflicht einführen – auch wenn die „nächsten Tage, auch was die Infektionszahlen betrifft, eine Belastung sein werden“. Er rechnet damit, dass die Wirkungen erst dann einsetzen würden, wenn der Höhepunkt dieser Welle bereits erreicht sei. Zudem gebe es verfassungsrechtlich klare Schranken, nach denen ein Gesundheitsminister Verordnungen erlassen dürfe: „Die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt sein.“

Ungeschützte Kontaktpersonen dürfen arbeiten gehen

Rauch kündigte zudem die Lockerung der Regeln für Kontaktpersonen von Infizierten an. Bisher mussten nicht vollständig gegen das Coronavirus geschützte Personen nach einem Kontakt für zehn Tage in Quarantäne. Das soll nun durch eine Verkehrsbeschränkung ersetzt werden. Das bedeutet: Ungeschützte Kontaktpersonen – also weder geimpft noch genesen – dürfen mit Maske arbeiten gehen, einkaufen und ins Freie. Weiterhin nicht erlaubt ist der Besuch von Veranstaltungen und Lokalen.

Der Gesundheitsminister begründete diesen Schritt damit, dass Erkrankungen mit Omikron milder verlaufen und es derzeit Personalengpässe in Schulen und Krankenhäusern gebe.

Entscheidung als „Kompromiss“

Rauch bezeichnete diese Entscheidungen zu den Tests und der Lockerung der Quarantäneregeln als „Kompromiss zwischen zwei unterschiedlichen Positionen (innerhalb der Regierung, Anm.) und zwischen den Bundesländern“, die unterschiedliche Wege gegangen seien. Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) war schon am Montag mit der Abschaffung der Quarantäneregeln vorgeprescht: Dass man symptomlose Infizierte „fünf bis zehn Tage wegsperrt, ist nicht nachvollziehbar“, so Stelzer – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Als ein Vertreter der gesamtstaatlichen Krisenkoordination (GECKO) stellte Gerry Foitik via Twitter kurz nach der Pressekonferenz von Rauch klar, dass die Entscheidungen zum Testen und zur Quarantäne politisch getroffen worden seien. „In GECKO – zumindest dort, wo ich dabei bin – wurden diese Punkte nicht diskutiert und (daher) auch nicht empfohlen.“

Als „unverantwortlich“ bezeichnete die Leitende Sekretärin des Österreichischen Gewerkschaftsbunds (ÖGB), Ingrid Reischl, die Entscheidung der Regierung. Mit der Reduktion der Tests gebe es „de facto keinen durchgehend niederschwelligen Zugang zu Corona-Tests mehr“. Reischl: „Es wird nicht mehr möglich sein, am Arbeitsplatz sicher zu sein.“ Kritik am Ende eines „umfassenden Gratistestangebots“ äußerte auch SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher. Es gebe zahlreiche offene Fragen etwa zu Schulen und Testen am Arbeitsplatz.

Wien für Fortsetzung der Teststrategie

Die Stadt Wien hatte sich stark dafür eingesetzt, das „Alles gurgelt“-Programm fortsetzen zu können. Hier zeigte man sich am Montag verärgert: Es sei völlig unklar, wie es weitergehe. Eine Stunde vor Beginn der Pressekonferenz des Gesundheitsministers twitterte der Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ), Mario Dujakovic, dass in Kürze das „allererste Gespräch auf BeamtInnen-Ebene“ zur Teststrategie beginne und eine Stunde später bereits die Pressekonferenz angesagt sei.

„Der Gesundheitsminister geht entweder davon aus, dass man die Zukunft der gesamten Teststrategie in knackigen 60 Minuten mit den LH-BüroleiterInnen bis ins letzte Detail ausdiskutieren kann, oder das Ergebnis steht schon fest, und diese Runde ist nur noch Kosmetik“, so Dujakovic.

Experte kritisiert fehlende Evaluierung

Thomas Czypionka, Gesundheitsökonom am Institut für Höhere Studien (IHS), sprach angesichts der österreichischen Teststrategie im ORF.at-Interview von einem „Präventionsparadoxon“. Manche würden sich – ohne offensichtlichen Grund – jeden Tag testen, andere, die es weitaus notwendiger hätten, praktisch nie. Die Verteilung würde schlichtweg nicht stimmen. Die massenhaften Tests hätten Lockdowns nicht verhindern können, genauso wenig sei ein „Raustesten“ aus der Pandemie möglich gewesen.

„Kardinalfehler“ aber sei es gewesen, dass verabsäumt wurde, die Millionen von Tests begleitend zu evaluieren. Aus Datenschutzgründen müssten alle erhobenen Parameter etwa von dem Großlabor Lifebrain nach zwei Wochen gelöscht werden. Eine langfristige Bestandsaufnahme ohne vorkehrende Aufzeichnungen sei so nicht möglich. Zudem habe es zu viele Maßnahmen auf einmal gegeben.

Laut Czypionka wäre es sinnvoll gewesen, die Tests mit Mitte/Ende vergangenen Jahres kostenpflichtig zu machen. Spätestens seit der im Moment wieder auf Eis gelegten Einführung der Impfpflicht sei das Gratistesten kaum noch verständlich gewesen.

Mehr als drei Mrd. Euro Testkosten bisher

Anders sieht es die Virologin Dorothee von Laer von der Med-Uni Innsbruck. Sie plädierte kürzlich im „Standard“ für die Beibehaltung der PCR-Tests, da diese eine Ansteckung frühzeitig erkennen und so Infektionsketten unterbrechen könnten. In Schulen und Krankenhäusern müsse deshalb unbedingt weitergetestet werden – vor allem, solange die Zahlen so hoch sind, was „wohl noch etwas länger“ so sein werde. Mit einem Wechsel hin zu kostenpflichtigen Tests würden außerdem gesellschaftliche Ungleichheiten spürbarer.

In den vergangenen beiden Pandemiejahren wurden knapp 300 Millionen Tests durchgeführt, die Zahlen umfassen die behördlichen Tests aus den täglichen Bundesländermeldungen ebenso wie die Tests in Apotheken, Schulen und Betrieben sowie jene im Tourismus. Rauch bezifferte die Kosten aller bisher durchgeführten Tests mit mehr als drei Milliarden Euro.