Coronavirus-Test-Proben in einem Labor
APA/AFP/Alex Halada
Coronavirus-Prognose

Weiter steigende Zahlen erwartet

Innen- und Gesundheitsministerium haben am Mittwoch einen neuen Höchstwert bei den täglichen Neuinfektionen gemeldet. Eine rasche Besserung der Lage ist nicht zu erwarten: Laut der aktuellen Einschätzung des CoV-Prognosekonsortiums steigen die Infektionszahlen weiter. Die Auswirkungen werden sich auch in den Spitälern bemerkbar machen. Die Änderung der Teststrategie ab 1. April nimmt indes Form an.

Die Ministerien verzeichneten am Mittwoch exakt 58.583 neue Fälle binnen 24 Stunden. Das ist – elf Tage nach dem Aus fast aller Coronavirus-Schutzmaßnahmen und der Aussetzung der Impfpflicht – mit Abstand der höchste Wert seit Ausbruch der Pandemie.

Die Zahl der CoV-Kranken in den Krankenhäusern nahm um 46 Personen auf 3.033 zu. Davon wurden am Mittwoch 221 auf Intensivstationen (ICU) betreut – um zwei mehr als am Vortag. Binnen einer Woche stieg die Anzahl der schwer kranken ICU-Patientinnen und -Patienten um 39. Insgesamt hat die CoV-Pandemie seit Ausbruch den Zahlen der Ministerien zufolge in Österreich 15.289 Menschenleben gefordert. Im Siebentagesschnitt sterben inzwischen pro Tag 25,1 Menschen.

Krankenhäuser weiter stark belastet

Bis Ende März wird sich an den steigenden Infektionszahlen nichts ändern, zeigt der am Mittwoch veröffentlichte aktuelle Bericht des CoV-Prognosekonsortiums. Was die Infektionszahlen betrifft, könnten diese der Einschätzung von Fachleuten zufolge kommenden Mittwoch bei knapp 69.000 zu liegen kommen. Die Spitäler werden das zu spüren bekommen: Ende des Monats muss mit über 300 CoV-Patientinnen und -Patienten auf den Intensiv- und 4.000 auf den Normalstationen gerechnet werden.

Das sich zuspitzende Infektionsgeschehen sei „von den Öffnungsschritten vom 5. März und der zunehmenden Dominanz des Omikron-Subtyps BA.2 getrieben“, halten die Fachleute fest. Speziell die Öffnungsschritte hätten „vor allem zu einem deutlichen Fallzahlanstieg der jungen Erwachsenen (insbesondere der 15- bis 34-Jährigen) geführt“. Was die Lage in den Spitälern betrifft, warnt das Gremium vor „zunehmenden Personalausfällen aufgrund von Erkrankung und/oder Isolation“.

Neue Teststrategie: 1450 „erste Anlaufstelle“

Die neue Teststrategie des Bundes mit künftig nur mehr je fünf kostenlosen PCR- und fünf kostenlosen Antigen-Tests pro Person und Monat nimmt indes langsam Form an. Geplant ist laut Gesundheitsministerium, dass symptomatische Personen jederzeit Zugang zu Tests haben – „unabhängig vom Verbrauch der Gratistests“. Dabei soll die bekannte Hotline 1450 „erste Anlaufstelle“ sein.

Für freiwillige Tests, die über das Gratiskontingent hinausgehen, soll es keine Kostenobergrenze geben. Will man öfter als fünfmal im Monat einen PCR-Test durchführen oder mehr als fünf Antigen-Tests für die Selbstabnahme erwerben, dann wird man laut den Vorstellungen des Bundes künftig selbst bezahlen müssen. „Die Preise für Tests können von der jeweiligen Teststelle selbst festgelegt werden, eine Vorgabe des Bundes bzw. eine Obergrenze für Testkosten ist hierzu nicht geplant“, hieß es dazu am Mittwoch auf APA-Anfrage. Hat man Symptome, gilt das aber nicht: Dann ist die Hotline 1450 anzurufen, über die dann der Test abgewickelt wird.

Jederzeit kostenlos möglich sein soll (ebenfalls unabhängig vom monatlichen Verbrauch von Gratistests) auch das „Freitesten“ von Kontaktpersonen. Allerdings: Gratis soll der Test nur für jene Personen sein, die offiziell als „Kontaktpersonen“ eingestuft sind. Vollständig Immunisierte (etwa dreifach geimpfte Erwachsene), die mit einer positiven Person Kontakt hatten, gelten in der Regel aber nicht als Kontaktpersonen. Sollten diese dennoch einen (über die Gratistests hinausgehenden) Test machen wollen, müssten sie laut den Plänen dafür selbst bezahlen (das gilt etwa auch für im gleichen Haushalt lebende Personen).

Bundesländer sollen für Verteilung zuständig sein

Für die Verteilung der PCR-Tests bzw. die Organisation sollen wie bisher schon die Bundesländer zuständig sein: „Die PCR-Tests werden über länderspezifische Programme verteilt. Es ist davon auszugehen, dass der Handel dabei eine wesentliche Rolle spielen wird“, hieß es dazu. Ein „Hamstern“ von PCR-Testkits oder das Übertragen von Testkits wird laut Ministerium keinen Sinn haben: Denn es sollen pro Monat und Person künftig nur fünf Testergebnisse gratis eingereicht werden können.

Etwas anders soll laut den aktuellen Plänen bei den Antigen-Tests vorgegangen werden. Grundsätzlich ist vorgesehen, dass diese als Testkits zur Selbstabnahme („Wohnzimmertests“) abgegeben werden – und zwar fünf Stück pro Monat. Entgegen der PCR-Tests können diese gesammelt und je nach Bedarf dann in Eigenanwendung verwendet werden. Diese „Wohnzimmertests“ sollen bundesweit in den Apotheken ausgegeben werden.

Ziel: „Sinnvolle Verwendung von Budgetmitteln“

Gefragt nach den erwarteten Kosteneinsparungen durch die Testreduzierung hieß es aus dem Ministerium, Ziel der Anpassungen in der Teststrategie sei nicht primär die Einsparung von Budgetmitteln, „sondern deren sinnvolle Verwendung“. Das sei durch die neue Teststrategie gewährleistet.

Labormitarbeiter arbeiten an PCR-Test
APA/AFP/Oscar Del Pozo
Das Testregime wird ab April auf neue Beine gestellt

„Da die tatsächlichen Kosten stark von der Inanspruchnahme der Tests und dem weiteren Testverhalten der Bevölkerung in den kommenden Monaten abhängig sind, kann eine genaue Bezifferung etwaiger Einsparungen erst nach einer detaillierten Abrechnung erfolgen.“ Eine maßgebliche Reduktion der Kosten hätte selbstverständlich eine komplette Abschaffung der Gratistests gebracht. Dem Gesundheitsminister sei es jedoch ein Anliegen gewesen, „diesen wichtigen Pfeiler der Pandemiebekämpfung auch in den kommenden Monaten aufrechtzuerhalten“.

Eine Anpassung der Teststrategie sei bereits seit mehreren Monaten zur Debatte gestanden. Gründe hierfür seien die geänderten Rahmenbedingungen durch die Omikron-Variante sowie der Impffortschritt in Österreich, „welche das uneingeschränkte Testen infrage stellen“. Das Gesundheitsministerium habe sich hier „für einen praxistauglichen Mittelweg zwischen diesen Polen eingesetzt“. Für die Abrechnung der Kosten der Gratistests mit den beauftragten Laboren sind die jeweiligen Bundesländer zuständig, hieß es.

Ärztekammer warnt vor Kollaps des Gesundheitssystems

Die Reduktion der Gratistests und die gelockerten Quarantänebestimmungen stoßen auch bei der Ärztekammer (ÖÄK) auf scharfe Kritik. „Wenn man ganz offensichtlich eine mögliche Herdenimmunität erreichen und das Virus durchrauschen lassen will, dann sollte man das auch genauso kommunizieren“, sagte ÖÄK-Vizepräsident Harald Mayer.

Auch solle man dieses Ziel „nicht in ein neues Verordnungschaos verpacken, das niemand versteht“, so Mayer. Mit diesem Schritt seien sehr hohe Neuinfektionszahlen in Österreich weiter garantiert. „So werden die Zahlen kaum nach unten gehen, was unsere Gesundheitsversorgung an den Rand des Kollaps bringen wird“.

Wien „sprachlos“, Brunner zufrieden

Scharfe Kritik kam am Mittwoch seitens der Stadt Wien: „Ich bin im Augenblick sprachlos und auch ein bisschen fassungslos wie hier ein Experiment an über acht Millionen Österreichern durchgeführt wird“, sagte Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ).

Im Büro von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), der am Wochenende wegen der „gewaltigen“ Kosten für die Tests noch für eine massive Reduktion des Gratisangebots eingetreten war, zeigte man sich am Mittwoch auf APA-Anfrage „sehr zufrieden“ über die am Dienstag verkündete Lösung.

Bezüglich der weiteren Vorgangsweise bei den Schultests – immerhin rund eine Mio. Tests pro Woche und damit ein bedeutender Kostenpunkt – wurde sowohl im Gesundheits- wie auch im Finanzressort auf Bildungsministerium verwiesen. Dort hieß es dazu am Mittwoch, man sei derzeit noch in Abstimmungen, die Tests laufen vorerst weiter – bis wann, ist derzeit noch unklar.

Rendi-Wagner für Wiedereinführung von Maßnahmen

SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner forderte am Mittwoch angesichts der hohen Infektionszahlen die Wiedereinführung von Maßnahmen. So sollte eine Maskenpflicht in Innenräumen sofort wieder eingeführt werden, die 2-G-Regel in der Gastronomie zurückkehren, das gut ausgebaute Testsystem bestehen bleiben und die Durchimpfungsrate gesteigert werden, so Rendi-Wagner. An der Regierung übte sie scharf Kritik: Diese habe „komplett die Kontrolle“ über die Ausbreitung des Virus verloren.

GECKO-Expertin mit Öffnungen „nicht ganz zufrieden“

Auch Eva Schernhammer, Epidemiologin an der Medizinischen Universität Wien sowie Mitglied der GECKO- und der Impfpflicht-Kommission, war mit den Öffnungen Anfang März inmitten der hohen Fallzahlen „nicht ganz zufrieden“, wie sie im ZIB2-Interview am Mittwochabend sagte. Sie betonte, dass GECKO-Fachleute der Regierung erst bei einem stabilen Abwärtstrend der Infektionszahlen zu Öffnungen geraten hatten. „Die politische Entscheidung hat damit nichts zu tun und auf die hatte da niemand Einfluss von der GECKO-Kommission.“ Die hohen Infektionszahlen fand sie angesichts der Ausbreitung der Omikron-Variante nicht überraschend.

Epidemiologin zu CoV-Neuinfektionen

Eva Scherhammer, Epidemiologin an der Medizinischen Universität Wien sowie Mitglied der GECKO- und der Impfpflicht-Kommission, ist zu Gast im Studio und spricht über die aktuelle CoV-Lage in Österreich. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen in Österreich hat einen neuen Höchstwert erreicht. Der neue Höchstwert kommt einen Tag nach Bekanntgabe der neuen Teststrategie.

Schernhammer rät nun zu FFP2-Masken, Social Distancing und Homeoffice. Bei den Öffnungen wieder zurückzurudern halte sie hingegen für „verwirrend“. Eine Herdenimmunität werde es auch trotz „Durchseuchung“ nicht geben, sagte sie überdies. Die Quarantäneregeln würde sie eher stufenweise zurücknehmen, so Schernhammer. Das Zurücknehmen der „massenhaften Tests“ halte sie für gerechtfertigt.