Eine Frau telefoniert auf der Straße von Tokio
APA/AFP/Philip Fong
Japan

Tsunami-Warnung nach Beben aufgehoben

Nach dem starken Erdbeben in Japan hat die Meteorologie-Behörde des Landes ihre Tsunami-Warnungen aufgehoben. Am frühen Donnerstagmorgen (Ortszeit) galten keine Warnungen mehr, wie auch die japanische Rundfunkgesellschaft NHK berichtete. Zuvor war vor einem Tsunami von bis zu einem Meter Höhe an der Pazifikküste der Präfekturen Fukushima und Miyagi gewarnt worden.

Mindestens eine Person kam ums Leben, 69 Menschen wurden verletzt. Der Sender NHK gab die Stärke des Erdstoßes zunächst mit 7,3 an. Ministerpräsident Fumio Kishida zufolge wurden aber keine Störungen in den Atomkraftwerken des Landes festgestellt – auch nicht in der Atomruine in Fukushima.

Das starke und lang anhaltende Beben war noch im 275 Kilometer entfernten Tokio zu spüren. Ein Reporter berichtete, dass es in der japanischen Hauptstadt zu Stromausfällen kam. Laut Energieversorger Tepco waren landesweit rund zwei Millionen Haushalte ohne Strom. In der Region der Präfektur Miyagi sei ein Hochgeschwindigkeitszug entgleist, berichtete der Sender NHK.

Autos auf den unbeleuchteten Straßen von Tokio
AP/The Yomiuri Shimbun/Ayami Yoshikawa
Landesweite Stromausfälle

Teile der Präfektur Miyagi evakuiert

Die Behörden hätten für Teile der Küstenregion in der Präfektur Miyagi eine Evakuierung angeordnet, in der Hafenstadt Ishinomaki im Nordosten des Landes sei ein 20 Zentimeter hoher Tsunami angekommen. Die Wetterbehörde warnte vor einer bis zu einem Meter hohen Flutwelle. Auch in Fukushima kam es zu Stromausfällen, berichteten örtliche Medien. Die Regierung in Tokio richtete einen Notfallstab ein.

Tepco, der Betreiber des AKW Fukushima Daiichi, beruhigte indes: Personal auf dem beim Tsunami 2011 zerstörten AKW hätte keine Unregelmäßigkeiten entdeckt. Das AKW ist noch immer in der – mehrjährigen – Stilllegungsphase. Auch ein Regierungsvertreter betonte, es gebe dort keine Unregelmäßigkeiten. Zwischenzeitlich wurde Feueralarm ausgerufen.

Japans Luftstreitkräfte ließen mehrere Jets aufsteigen, um Informationen zu sammeln und eine erste Schadensbilanz aus der Luft zu machen. Laut dem TV-Sender NHK gab es Berichte über Brände, Gebäudeschäden und herunterfallende Felsen in der Stadt Iitate in der Präfektur Fukushima.

Viele wurden im Schlaf überrascht

Viele Japaner waren bereits schlafen gegangen, als kurz vor Mitternacht plötzlich die Wände schwankten. Kurz darauf erfolgte die Tsunami-Warnung.

Das Beben zeigte den Inselbewohnern erneut, welche Gefahren auf sie lauern. Starke Erdbeben können jederzeit kommen. Irgendwann, das fürchten viele, wird ein schweres Erdbeben auch Tokio treffen. Japan ist eines der am stärksten von Erdbeben bedrohten Länder der Welt.

Erinnerungen an Super-GAU 2011

Das schwere Beben im Nordosten weckte schlagartig Erinnerungen an die verheerende Katastrophe vor elf Jahren. Eine gigantische Flutwelle hatte sich an jenem 11. März 2011 an der Pazifikküste aufgebäumt und alles niedergewalzt: Städte, Dörfer und riesige Anbauflächen versanken in den Wasser- und Schlammmassen. Rund 20.000 Menschen riss die Flut damals in den Tod.

In Fukushima kam es in der Folge im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi zu einem Super-GAU. Er wurde in aller Welt zum Sinnbild der „3/11“ genannten Dreifachkatastrophe – auch wenn keiner der Todesfälle auf die Strahlung zurückgeführt wird.

Fast genau bei AKW-Standort

Das Zentrum des Erdbebens lag nach Angaben des Potsdamer Geoforschungszentrums (GfZ) fast genau unterhalb von Fukushima, wo sich vor elf Jahren die schwere Atomkatastrophe ereignete. „Für japanische Verhältnisse ist es mittelgroß“, sagte der Seismologe Marco Bohnhoff.

Zwar sei das Beben in mehr als 50 Kilometern Tiefe wesentlich schwächer gewesen als das von 2011 mit einer Magnitude von über 9. Es werde aber erhebliche Erschütterungen verursacht haben: Er erwarte Erschütterungen von 8 bis 9 auf einer Skala von 1 bis 12, erklärte der Wissenschaftler.

Experte: Größeres Beben unwahrscheinlich

Es sei kein unerwartetes Ereignis, betonte Bohnhoff. Die pazifische-ozeanische Erdplatte schiebe sich unter Japan, dieser Prozess werde aufgehalten, wenn sich die Platten verhakten. Dann sammle sich im Laufe von Jahren bis zu Jahrhunderten Energie, die sich schlagartig entlade. Es sei nicht ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich, dass jetzt unmittelbar noch ein größeres Beben folge.

Das Land wird regelmäßig von Beben heimgesucht. Strenge Bauvorschriften sollen sicherstellen, dass die Gebäude auch starken Erschütterungen standhalten. Doch die Erinnerung an die Dreifachkatastrophe von 2011 ist immer noch präsent.