Ressourcenvergabe für Sonderpädagogik auf dem Prüfstand

Der Anteil an Schülern und Schülerinnen, denen wegen einer körperlichen oder psychischen Behinderung sonderpädagogischer Förderbedarf (SPF) attestiert wird, schwankt je nach Bundesland deutlich.

Zwar wurde das System der SPF-Vergabe erst 2019 mit dem Ziel reformiert, mehr Objektivität und Einheitlichkeit zu schaffen. Laut Daten der Statistik Austria sind die Unterschiede aber weiter groß. Nun stellen ÖVP und Grüne das System erneut auf den Prüfstand. Außerdem soll die Inklusionsquote steigen.

Interessenkonflikt vermeiden

Bis zum Frühjahr 2019 haben je nach Bundesland Sonderschuldirektoren, Pflicht- oder Landesschulinspektoren die SPF-Diagnose gestellt und danach den Lehrplan und Schulplatz für das Kind festgelegt.

Im neuen Verfahren stellen Juristen der Bildungsdirektion auf Basis von Unterlagen und eventuellen Gutachten und Stellungnahmen fest, ob beim Schüler eine Behinderung vorliegt. Sie entscheiden über konkrete Fördermaßnahmen und – gemeinsam mit den Eltern – darüber, welche Schule das Kind besucht.

Das sollte laut Plan des Ministeriums nicht nur mehr Objektivität und Transparenz bringen, sondern auch Interessenkonflikte vermeiden. Immerhin waren mit den Sonderschuldirektoren teils die späteren „Abnehmer“ selbst für die Diagnose der Schüler verantwortlich.

Große Spannweite in Ländern

In der Praxis sind die Unterschiede bei der SPF-Vergabe zwischen den Bundesländern allerdings immer noch enorm: Im Schuljahr 2020/21 wurde im Österreich-Schnitt bei 5,1 Prozent der Pflichtschüler (Volks-, Mittel-, Sonder- und Polytechnische Schule) ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt, das sind knapp 30.000 Schüler.

Die Spannweite reicht allerdings von 3,0 Prozent in Tirol bis zu 6,8 Prozent in Salzburg. Während in Kärnten fast 83 Prozent der Kinder mit SPF in einer Integrationsklasse gemeinsam mit Kindern ohne Behinderung unterrichtet werden, sind es in Wien nur 47 Prozent. Die Mehrheit der Kinder mit SPF in der Bundeshauptstadt besucht also eine Sonderschule.

Die Koalitionsparteien haben angesichts dieser Unterschiede im jüngsten Unterrichtsausschuss eine Evaluierung der SPF-Vergabe beschlossen In dem Antrag wird ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek außerdem aufgefordert, mit den Bundesländern Konzepte vorzulegen, die einen Wissenstransfer zwischen bestehenden Sonderschulen und inklusiven Angeboten ermöglichen, „mit dem Ziel, die Inklusionsquote wesentlich und nachhaltig zu erhöhen“.